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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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Wesen nach sich ziehe; und diese sich vor denen Ke-
tzereyen eben nicht so sehr fürchten.
Modestin. Jch halte daß man die Pflichten eines
guten Bürgers, und die Eigenschafften eines guten
Christen wohl zu unterscheiden und nicht zu confun-
di
ren habe. Der ist ein guter Bürger, welcher nur
die Pflichten treulich beobachtet, welche die Ruhe
des gemeinen Wesens unterhalten und nicht stöhren,
welche hauptsächlich darinnen bestehen: niemanden
verletzen, ehrlich (honeste) leben, und einem jeden
das Seine lassen und geben. Die Pflichten aber
des wahren Christenthums erfodern noch über das
etwas mehrers: GOtt über alles zu lieben, sich
selbst, seine eigene Ehre, Ruhm, Nutze, Wollust
nicht zu suchen; sondern zu verläugnen und allem
abzusagen auch selbst seinem eigenen Leben. Da kei-
ner sich mit Fug rühmen kan: daß er ein rechtschaf-
fener Jünger und Nachfolger Christi sey, welcher
solche Eigenschaften nicht an sich beweiset: wie
Christus der HErr selbsten bezeuget. Was die Ke-
tzereyen belanget, wäre zuerst zu untersuchen und zu
sehen; was eigentlich Ketzerey seye, ehe man dar-
über ein grosses Geschrey und Lermen machte.
Alamodan. Der ist ja ein Ketzer, welcher irrige
Meynungen heget und an den Tag leget wieder die
Gleichförmigkeit des Glaubens; und sind dem-
nach alle diejenige vor Ketzer zu achten, welche es in
denen Glaubens-Articuln nicht mit unserer Kirche
halten.
Modestin. Alleine so müssen wir es erstlich gründ-
lich ausmachen: wo eigentlich die wahre Kirche an-
zutref-


Weſen nach ſich ziehe; und dieſe ſich vor denen Ke-
tzereyen eben nicht ſo ſehr fuͤrchten.
Modeſtin. Jch halte daß man die Pflichten eines
guten Buͤrgers, und die Eigenſchafften eines guten
Chriſten wohl zu unterſcheiden und nicht zu confun-
di
ren habe. Der iſt ein guter Buͤrger, welcher nur
die Pflichten treulich beobachtet, welche die Ruhe
des gemeinen Weſens unterhalten und nicht ſtoͤhren,
welche hauptſaͤchlich darinnen beſtehen: niemanden
verletzen, ehrlich (honeſte) leben, und einem jeden
das Seine laſſen und geben. Die Pflichten aber
des wahren Chriſtenthums erfodern noch uͤber das
etwas mehrers: GOtt uͤber alles zu lieben, ſich
ſelbſt, ſeine eigene Ehre, Ruhm, Nutze, Wolluſt
nicht zu ſuchen; ſondern zu verlaͤugnen und allem
abzuſagen auch ſelbſt ſeinem eigenen Leben. Da kei-
ner ſich mit Fug ruͤhmen kan: daß er ein rechtſchaf-
fener Juͤnger und Nachfolger Chriſti ſey, welcher
ſolche Eigenſchaften nicht an ſich beweiſet: wie
Chriſtus der HErr ſelbſten bezeuget. Was die Ke-
tzereyen belanget, waͤre zuerſt zu unterſuchen und zu
ſehen; was eigentlich Ketzerey ſeye, ehe man dar-
uͤber ein groſſes Geſchrey und Lermen machte.
Alamodan. Der iſt ja ein Ketzer, welcher irrige
Meynungen heget und an den Tag leget wieder die
Gleichfoͤrmigkeit des Glaubens; und ſind dem-
nach alle diejenige vor Ketzer zu achten, welche es in
denen Glaubens-Articuln nicht mit unſerer Kirche
halten.
Modeſtin. Alleine ſo muͤſſen wir es erſtlich gruͤnd-
lich ausmachen: wo eigentlich die wahre Kirche an-
zutref-
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[30/0036] Weſen nach ſich ziehe; und dieſe ſich vor denen Ke- tzereyen eben nicht ſo ſehr fuͤrchten. Modeſtin. Jch halte daß man die Pflichten eines guten Buͤrgers, und die Eigenſchafften eines guten Chriſten wohl zu unterſcheiden und nicht zu confun- diren habe. Der iſt ein guter Buͤrger, welcher nur die Pflichten treulich beobachtet, welche die Ruhe des gemeinen Weſens unterhalten und nicht ſtoͤhren, welche hauptſaͤchlich darinnen beſtehen: niemanden verletzen, ehrlich (honeſte) leben, und einem jeden das Seine laſſen und geben. Die Pflichten aber des wahren Chriſtenthums erfodern noch uͤber das etwas mehrers: GOtt uͤber alles zu lieben, ſich ſelbſt, ſeine eigene Ehre, Ruhm, Nutze, Wolluſt nicht zu ſuchen; ſondern zu verlaͤugnen und allem abzuſagen auch ſelbſt ſeinem eigenen Leben. Da kei- ner ſich mit Fug ruͤhmen kan: daß er ein rechtſchaf- fener Juͤnger und Nachfolger Chriſti ſey, welcher ſolche Eigenſchaften nicht an ſich beweiſet: wie Chriſtus der HErr ſelbſten bezeuget. Was die Ke- tzereyen belanget, waͤre zuerſt zu unterſuchen und zu ſehen; was eigentlich Ketzerey ſeye, ehe man dar- uͤber ein groſſes Geſchrey und Lermen machte. Alamodan. Der iſt ja ein Ketzer, welcher irrige Meynungen heget und an den Tag leget wieder die Gleichfoͤrmigkeit des Glaubens; und ſind dem- nach alle diejenige vor Ketzer zu achten, welche es in denen Glaubens-Articuln nicht mit unſerer Kirche halten. Modeſtin. Alleine ſo muͤſſen wir es erſtlich gruͤnd- lich ausmachen: wo eigentlich die wahre Kirche an- zutref-

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/36>, abgerufen am 21.11.2024.