Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


Apostel, Jünger und derer ersten Christen einen
großmächtigen Unterscheid finden.
Nicander. Worinnen bestehet denn derselbe?
Modestin. Es erhellet von selbsten; daß alle Völ-
cker und Heyden zu allen Zeiten einen sehr partheyi-
schen Unterscheid gemachet haben, zwischen ihren
Landsleuten, Bunds-Genossen, und andern Men-
schen. Dahero gar leicht um geringer Ursachen
willen, theils aus Ambition, theils aus Geitz Kriege
angefangen und miteinander geführet haben: Wel-
ches aber durch und nach der Morale Christi gäntz-
lich aufgehaben seyn sollen: da derselbe Matth. 5.
befiehlet: Liebet eure Feinde, segnet die euch flu-
chen, thut wohl denen die euch hassen und beleidi-
gen etc. Die Christliche Religion erfodert eine all-
gemeine Liebe gegen alle Menschen: als welche alle
nach dem Ursprung der Schöpffung und nach dem
Grunde der Herwiederbringung durch Christum
Kinder eines Vaters sind.
Alamodan. So hält denn der Herr Modestin da-
vor: es seye denen Christen nicht erlaubet Kriege zu
führen; das wäre ja recht Quackerisch!
Modestin. So muß nothwendig Christus selbst
und die heiligen Apostel in obangezogenen und an-
dern dergleichen Sprüchen; ja auch sein und seiner
Jünger Exempel, den Grund zu dieser Quackerey
geleget haben. Jhm aber auch ohne Partheylich-
keit die Wahrheit zu bekennen: geben denen Qua-
ckern, (auch selbst unter denen Römisch-Catholi-
schen) welche das Zeugniß: daß sie in ihrem Leben
und


Apoſtel, Juͤnger und derer erſten Chriſten einen
großmaͤchtigen Unterſcheid finden.
Nicander. Worinnen beſtehet denn derſelbe?
Modeſtin. Es erhellet von ſelbſten; daß alle Voͤl-
cker und Heyden zu allen Zeiten einen ſehr partheyi-
ſchen Unterſcheid gemachet haben, zwiſchen ihren
Landsleuten, Bunds-Genoſſen, und andern Men-
ſchen. Dahero gar leicht um geringer Urſachen
willen, theils aus Ambition, theils aus Geitz Kriege
angefangen und miteinander gefuͤhret haben: Wel-
ches aber durch und nach der Morale Chriſti gaͤntz-
lich aufgehaben ſeyn ſollen: da derſelbe Matth. 5.
befiehlet: Liebet eure Feinde, ſegnet die euch flu-
chen, thut wohl denen die euch haſſen und beleidi-
gen etc. Die Chriſtliche Religion erfodert eine all-
gemeine Liebe gegen alle Menſchen: als welche alle
nach dem Urſprung der Schoͤpffung und nach dem
Grunde der Herwiederbringung durch Chriſtum
Kinder eines Vaters ſind.
Alamodan. So haͤlt denn der Herr Modeſtin da-
vor: es ſeye denen Chriſten nicht erlaubet Kriege zu
fuͤhren; das waͤre ja recht Quackeriſch!
Modeſtin. So muß nothwendig Chriſtus ſelbſt
und die heiligen Apoſtel in obangezogenen und an-
dern dergleichen Spruͤchen; ja auch ſein und ſeiner
Juͤnger Exempel, den Grund zu dieſer Quackerey
geleget haben. Jhm aber auch ohne Partheylich-
keit die Wahrheit zu bekennen: geben denen Qua-
ckern, (auch ſelbſt unter denen Roͤmiſch-Catholi-
ſchen) welche das Zeugniß: daß ſie in ihrem Leben
und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0070" n="64"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Apo&#x017F;tel, Ju&#x0364;nger und derer er&#x017F;ten Chri&#x017F;ten einen<lb/>
großma&#x0364;chtigen Unter&#x017F;cheid finden.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nicander.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Worinnen be&#x017F;tehet denn der&#x017F;elbe?</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Es erhellet von &#x017F;elb&#x017F;ten; daß alle Vo&#x0364;l-<lb/>
cker und Heyden zu allen Zeiten einen &#x017F;ehr partheyi-<lb/>
&#x017F;chen Unter&#x017F;cheid gemachet haben, zwi&#x017F;chen ihren<lb/>
Landsleuten, Bunds-Geno&#x017F;&#x017F;en, und andern Men-<lb/>
&#x017F;chen. Dahero gar leicht um geringer Ur&#x017F;achen<lb/>
willen, theils aus <hi rendition="#aq">Ambition,</hi> theils aus Geitz Kriege<lb/>
angefangen und miteinander gefu&#x0364;hret haben: Wel-<lb/>
ches aber durch und nach der Morale Chri&#x017F;ti ga&#x0364;ntz-<lb/>
lich aufgehaben &#x017F;eyn &#x017F;ollen: da der&#x017F;elbe Matth. 5.<lb/>
befiehlet: Liebet eure Feinde, &#x017F;egnet die euch flu-<lb/>
chen, thut wohl denen die euch ha&#x017F;&#x017F;en und beleidi-<lb/>
gen etc. Die Chri&#x017F;tliche Religion erfodert eine all-<lb/>
gemeine Liebe gegen alle Men&#x017F;chen: als welche alle<lb/>
nach dem Ur&#x017F;prung der Scho&#x0364;pffung und nach dem<lb/>
Grunde der Herwiederbringung durch Chri&#x017F;tum<lb/>
Kinder eines Vaters &#x017F;ind.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Alamodan.</hi> </hi> </speaker>
          <p>So ha&#x0364;lt denn der Herr <hi rendition="#aq">Mode&#x017F;tin</hi> da-<lb/>
vor: es &#x017F;eye denen Chri&#x017F;ten nicht erlaubet Kriege zu<lb/>
fu&#x0364;hren; das wa&#x0364;re ja recht Quackeri&#x017F;ch!</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mode&#x017F;tin.</hi> </hi> </speaker>
          <p>So muß nothwendig Chri&#x017F;tus &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
und die heiligen Apo&#x017F;tel in obangezogenen und an-<lb/>
dern dergleichen Spru&#x0364;chen; ja auch &#x017F;ein und &#x017F;einer<lb/>
Ju&#x0364;nger Exempel, den Grund zu die&#x017F;er Quackerey<lb/>
geleget haben. Jhm aber auch ohne Partheylich-<lb/>
keit die Wahrheit zu bekennen: geben denen Qua-<lb/>
ckern, (auch &#x017F;elb&#x017F;t unter denen Ro&#x0364;mi&#x017F;ch-Catholi-<lb/>
&#x017F;chen) welche das Zeugniß: daß &#x017F;ie in ihrem Leben<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0070] Apoſtel, Juͤnger und derer erſten Chriſten einen großmaͤchtigen Unterſcheid finden. Nicander. Worinnen beſtehet denn derſelbe? Modeſtin. Es erhellet von ſelbſten; daß alle Voͤl- cker und Heyden zu allen Zeiten einen ſehr partheyi- ſchen Unterſcheid gemachet haben, zwiſchen ihren Landsleuten, Bunds-Genoſſen, und andern Men- ſchen. Dahero gar leicht um geringer Urſachen willen, theils aus Ambition, theils aus Geitz Kriege angefangen und miteinander gefuͤhret haben: Wel- ches aber durch und nach der Morale Chriſti gaͤntz- lich aufgehaben ſeyn ſollen: da derſelbe Matth. 5. befiehlet: Liebet eure Feinde, ſegnet die euch flu- chen, thut wohl denen die euch haſſen und beleidi- gen etc. Die Chriſtliche Religion erfodert eine all- gemeine Liebe gegen alle Menſchen: als welche alle nach dem Urſprung der Schoͤpffung und nach dem Grunde der Herwiederbringung durch Chriſtum Kinder eines Vaters ſind. Alamodan. So haͤlt denn der Herr Modeſtin da- vor: es ſeye denen Chriſten nicht erlaubet Kriege zu fuͤhren; das waͤre ja recht Quackeriſch! Modeſtin. So muß nothwendig Chriſtus ſelbſt und die heiligen Apoſtel in obangezogenen und an- dern dergleichen Spruͤchen; ja auch ſein und ſeiner Juͤnger Exempel, den Grund zu dieſer Quackerey geleget haben. Jhm aber auch ohne Partheylich- keit die Wahrheit zu bekennen: geben denen Qua- ckern, (auch ſelbſt unter denen Roͤmiſch-Catholi- ſchen) welche das Zeugniß: daß ſie in ihrem Leben und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/70
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/70>, abgerufen am 24.11.2024.