Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.Haß/ Tyranney und Blutvergiessen; andere zu säuischen Wollüsten/ daß solche fast auff keine Weise emendiret oder gebessert werden können. Andere haben von Natur ein so glückliches und gütiges Temperament; daß sie zu löblichen Thaten und ei- nem tugendsamen Leben eine starcke Neigungen ha- ben; etliche mehr zur Bescheidenheit/ Sanfftmuth/ Gelindigkeit; andere mehr zu einem ernsthafften/ großmüthigem und gerechtem Wesen; welche/ wo ihnen mit gutem Unterricht und dem Fleiß geholffen wird/ vortreffliche Männer abgeben. Wie solches die mannigfaltigen Exempel unter denen alten Grie- chen und Römern so wohl/ als noch heut zu Tage unter allerley Völckern mit mehrerm ausweisen. Modestin. Jch bins nicht in Abrede/ daß der Un- terscheid derer Temperamenten bey denen meisten Menschen den grössesten Einfluß über ihr Thun und Lassen habe. Ja daß der natürliche Mensch blos durch seine angebohrne Neigungen fast wie ein bru- tum sich treiben und lencken lasse. Dahero der Gei- tzige Tag und Nacht auff die Vermehrung seines Guts bedacht ist. Der Ehrgeitzige nach hohen Eh- renstellen und zu herrschen trachtet. Der Wollü- stige über alles die Fleisches-Lust und sensibilität zu vergnügen suchet. Daß auch einige Menschen ein dergestalt unglückliches Naturell haben; daß selbige auch fast auf keine Weise von denen Ausbrüchen ihrer lasterhafften Neigungen abgehalten werden können. Hingegen aber hat man doch auch Ex- empel solcher gottlosen Menschen/ welche durch die Gnade GOttes dergestalt geändert worden/ daß sie sich
Haß/ Tyranney und Blutvergieſſen; andere zu ſaͤuiſchen Wolluͤſten/ daß ſolche faſt auff keine Weiſe emendiret oder gebeſſert werden koͤnnen. Andere haben von Natur ein ſo gluͤckliches und guͤtiges Temperament; daß ſie zu loͤblichen Thaten und ei- nem tugendſamen Leben eine ſtarcke Neigungen ha- ben; etliche mehr zur Beſcheidenheit/ Sanfftmuth/ Gelindigkeit; andere mehr zu einem ernſthafften/ großmuͤthigem und gerechtem Weſen; welche/ wo ihnen mit gutem Unterricht und dem Fleiß geholffen wird/ vortreffliche Maͤnner abgeben. Wie ſolches die mannigfaltigen Exempel unter denen alten Grie- chen und Roͤmern ſo wohl/ als noch heut zu Tage unter allerley Voͤlckern mit mehrerm ausweiſen. Modeſtin. Jch bins nicht in Abrede/ daß der Un- terſcheid derer Temperamenten bey denen meiſten Menſchen den groͤſſeſten Einfluß uͤber ihr Thun und Laſſen habe. Ja daß der natuͤrliche Menſch blos durch ſeine angebohrne Neigungen faſt wie ein bru- tum ſich treiben und lencken laſſe. Dahero der Gei- tzige Tag und Nacht auff die Vermehrung ſeines Guts bedacht iſt. Der Ehrgeitzige nach hohen Eh- renſtellen und zu herrſchen trachtet. Der Wolluͤ- ſtige uͤber alles die Fleiſches-Luſt und ſenſibilitaͤt zu vergnuͤgen ſuchet. Daß auch einige Menſchen ein dergeſtalt ungluͤckliches Naturell haben; daß ſelbige auch faſt auf keine Weiſe von denen Ausbruͤchen ihrer laſterhafften Neigungen abgehalten werden koͤnnen. Hingegen aber hat man doch auch Ex- empel ſolcher gottloſen Menſchen/ welche durch die Gnade GOttes dergeſtalt geaͤndert worden/ daß ſie ſich
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Haß/ Tyranney und Blutvergieſſen; andere zu
ſaͤuiſchen Wolluͤſten/ daß ſolche faſt auff keine Weiſe
emendiret oder gebeſſert werden koͤnnen. Andere
haben von Natur ein ſo gluͤckliches und guͤtiges
Temperament; daß ſie zu loͤblichen Thaten und ei-
nem tugendſamen Leben eine ſtarcke Neigungen ha-
ben; etliche mehr zur Beſcheidenheit/ Sanfftmuth/
Gelindigkeit; andere mehr zu einem ernſthafften/
großmuͤthigem und gerechtem Weſen; welche/ wo
ihnen mit gutem Unterricht und dem Fleiß geholffen
wird/ vortreffliche Maͤnner abgeben. Wie ſolches
die mannigfaltigen Exempel unter denen alten Grie-
chen und Roͤmern ſo wohl/ als noch heut zu Tage
unter allerley Voͤlckern mit mehrerm ausweiſen.
Modeſtin. Jch bins nicht in Abrede/ daß der Un-
terſcheid derer Temperamenten bey denen meiſten
Menſchen den groͤſſeſten Einfluß uͤber ihr Thun und
Laſſen habe. Ja daß der natuͤrliche Menſch blos
durch ſeine angebohrne Neigungen faſt wie ein bru-
tum ſich treiben und lencken laſſe. Dahero der Gei-
tzige Tag und Nacht auff die Vermehrung ſeines
Guts bedacht iſt. Der Ehrgeitzige nach hohen Eh-
renſtellen und zu herrſchen trachtet. Der Wolluͤ-
ſtige uͤber alles die Fleiſches-Luſt und ſenſibilitaͤt zu
vergnuͤgen ſuchet. Daß auch einige Menſchen ein
dergeſtalt ungluͤckliches Naturell haben; daß ſelbige
auch faſt auf keine Weiſe von denen Ausbruͤchen
ihrer laſterhafften Neigungen abgehalten werden
koͤnnen. Hingegen aber hat man doch auch Ex-
empel ſolcher gottloſen Menſchen/ welche durch die
Gnade GOttes dergeſtalt geaͤndert worden/ daß ſie
ſich
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