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Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

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sten aber hungern und darben sehen, oder auch gar
das Blut aussaugen können: die haben wohl kei-
nen andern Lohn zu gewarten, als von welchem bey
dem Evangelisten Mattheo am 25sten stehet: Ge-
het hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches
bereitet ist dem Teuffel und seinen Engeln.
Alamodan. Allerdings ist es ein schändliches
Ding um einen geitzigen Menschen, welcher mit
niemanden Mitleiden hat; auch keiner Seelen was
zu gute thut, ja sich selbsten nicht einmahl. Ein
honeter Mensch, und ein Christlich Hertz, wird sich
auch gerne seines: nothleidenden armen Nächstens
erbarmen. Jnzwischen bleibet doch der Unterscheid
derer Stände, welcher sich auch im äussern Leben
distinguiren muß. Ein König, Fürst, Graf oder
Herr muß sich auch seinem Stande gemäß kostbar
und ansehnlich in Mobilien, Train, Livreen, Ta-
fel und dergleichen halten; und kan nicht leben, wie
der gemeine Mann.
Modestin. Das Christenthum hebet den Unter-
scheid derer Stände im gemeinen Wesen allerdings
nicht auf: Ob aber der Glantz und Vortrefflich-
keit eines Regenten mehr in kostbaren äusserlichen
Dingen, als Gebäuden, Mobilien, Kleider u. d. g.
bestehe: oder aber vornemlich in der Tugend, Liebe
gegen seine Unterthanen, Leutseligkeit, Bescheiden-
heit, sanfftmütiger Großmüthigkeit, Gerechtigkeit,
Wahrheit u. d. g. hervor leuchten solle, (wo er sich
anders als einen recht Christlichen Regenten distin-
gui
ren will) lasse ich verständige Philosophos so-
wohl,
F


ſten aber hungern und darben ſehen, oder auch gar
das Blut ausſaugen koͤnnen: die haben wohl kei-
nen andern Lohn zu gewarten, als von welchem bey
dem Evangeliſten Mattheo am 25ſten ſtehet: Ge-
het hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches
bereitet iſt dem Teuffel und ſeinen Engeln.
Alamodan. Allerdings iſt es ein ſchaͤndliches
Ding um einen geitzigen Menſchen, welcher mit
niemanden Mitleiden hat; auch keiner Seelen was
zu gute thut, ja ſich ſelbſten nicht einmahl. Ein
honeter Menſch, und ein Chriſtlich Hertz, wird ſich
auch gerne ſeines: nothleidenden armen Naͤchſtens
erbarmen. Jnzwiſchen bleibet doch der Unterſcheid
derer Staͤnde, welcher ſich auch im aͤuſſern Leben
diſtinguiren muß. Ein Koͤnig, Fuͤrſt, Graf oder
Herr muß ſich auch ſeinem Stande gemaͤß koſtbar
und anſehnlich in Mobilien, Train, Livreen, Ta-
fel und dergleichen halten; und kan nicht leben, wie
der gemeine Mann.
Modeſtin. Das Chriſtenthum hebet den Unter-
ſcheid derer Staͤnde im gemeinen Weſen allerdings
nicht auf: Ob aber der Glantz und Vortrefflich-
keit eines Regenten mehr in koſtbaren aͤuſſerlichen
Dingen, als Gebaͤuden, Mobilien, Kleider u. d. g.
beſtehe: oder aber vornemlich in der Tugend, Liebe
gegen ſeine Unterthanen, Leutſeligkeit, Beſcheiden-
heit, ſanfftmuͤtiger Großmuͤthigkeit, Gerechtigkeit,
Wahrheit u. d. g. hervor leuchten ſolle, (wo er ſich
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ren will) laſſe ich verſtaͤndige Philoſophos ſo-
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[81/0087] ſten aber hungern und darben ſehen, oder auch gar das Blut ausſaugen koͤnnen: die haben wohl kei- nen andern Lohn zu gewarten, als von welchem bey dem Evangeliſten Mattheo am 25ſten ſtehet: Ge- het hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches bereitet iſt dem Teuffel und ſeinen Engeln. Alamodan. Allerdings iſt es ein ſchaͤndliches Ding um einen geitzigen Menſchen, welcher mit niemanden Mitleiden hat; auch keiner Seelen was zu gute thut, ja ſich ſelbſten nicht einmahl. Ein honeter Menſch, und ein Chriſtlich Hertz, wird ſich auch gerne ſeines: nothleidenden armen Naͤchſtens erbarmen. Jnzwiſchen bleibet doch der Unterſcheid derer Staͤnde, welcher ſich auch im aͤuſſern Leben diſtinguiren muß. Ein Koͤnig, Fuͤrſt, Graf oder Herr muß ſich auch ſeinem Stande gemaͤß koſtbar und anſehnlich in Mobilien, Train, Livreen, Ta- fel und dergleichen halten; und kan nicht leben, wie der gemeine Mann. Modeſtin. Das Chriſtenthum hebet den Unter- ſcheid derer Staͤnde im gemeinen Weſen allerdings nicht auf: Ob aber der Glantz und Vortrefflich- keit eines Regenten mehr in koſtbaren aͤuſſerlichen Dingen, als Gebaͤuden, Mobilien, Kleider u. d. g. beſtehe: oder aber vornemlich in der Tugend, Liebe gegen ſeine Unterthanen, Leutſeligkeit, Beſcheiden- heit, ſanfftmuͤtiger Großmuͤthigkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit u. d. g. hervor leuchten ſolle, (wo er ſich anders als einen recht Chriſtlichen Regenten diſtin- guiren will) laſſe ich verſtaͤndige Philoſophos ſo- wohl, F

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Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/87>, abgerufen am 18.05.2024.