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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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Auf das Grab von Schillers Mutter.

Cleversulzbach, im Mai.

Nach der Seite des Dorf's, wo jener alternde Zaun dort
Ländliche Gräber umschließ't, wall' ich in Einsamkeit
oft.

Sieh' den gesunkenen Hügel! es kennen wenige Greise
Kaum ihn noch und es ahnt Niemand ein Heiligthum
hier.

Jegliche Zierde fehlt und jedes deutende Zeichen;
Dürftig breitet ein Baum schützende Arme umher.
Wilde Rose! dich find ich allein statt anderer Blumen;
Ja, beschäme sie nur, brich als ein Wunder hervor!
Tausendblättrig eröffne dein Herz! entzünde dich herrlich
Am begeisternden Duft, den aus der Tiefe du ziehst!
-- Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es
richten

Deutschlands Männer und Frau'n eben den Marmor
ihm auf.


Mörike. Gedichte. 8
Auf das Grab von Schillers Mutter.

Cleverſulzbach, im Mai.

Nach der Seite des Dorf's, wo jener alternde Zaun dort
Laͤndliche Graͤber umſchließ't, wall' ich in Einſamkeit
oft.

Sieh' den geſunkenen Huͤgel! es kennen wenige Greiſe
Kaum ihn noch und es ahnt Niemand ein Heiligthum
hier.

Jegliche Zierde fehlt und jedes deutende Zeichen;
Duͤrftig breitet ein Baum ſchuͤtzende Arme umher.
Wilde Roſe! dich find ich allein ſtatt anderer Blumen;
Ja, beſchaͤme ſie nur, brich als ein Wunder hervor!
Tauſendblaͤttrig eroͤffne dein Herz! entzuͤnde dich herrlich
Am begeiſternden Duft, den aus der Tiefe du ziehſt!
— Eines Unſterblichen Mutter liegt hier beſtattet; es
richten

Deutſchlands Maͤnner und Frau'n eben den Marmor
ihm auf.


Moͤrike. Gedichte. 8
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[113/0129] Auf das Grab von Schillers Mutter. Cleverſulzbach, im Mai. Nach der Seite des Dorf's, wo jener alternde Zaun dort Laͤndliche Graͤber umſchließ't, wall' ich in Einſamkeit oft. Sieh' den geſunkenen Huͤgel! es kennen wenige Greiſe Kaum ihn noch und es ahnt Niemand ein Heiligthum hier. Jegliche Zierde fehlt und jedes deutende Zeichen; Duͤrftig breitet ein Baum ſchuͤtzende Arme umher. Wilde Roſe! dich find ich allein ſtatt anderer Blumen; Ja, beſchaͤme ſie nur, brich als ein Wunder hervor! Tauſendblaͤttrig eroͤffne dein Herz! entzuͤnde dich herrlich Am begeiſternden Duft, den aus der Tiefe du ziehſt! — Eines Unſterblichen Mutter liegt hier beſtattet; es richten Deutſchlands Maͤnner und Frau'n eben den Marmor ihm auf. Moͤrike. Gedichte. 8

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/129>, abgerufen am 26.11.2024.