Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Liebesglück. Wenn Dichter oft in warmen Phantasieen, Von Liebesglück und schmerzlichem Vergnügen Sich oder uns, nach ihrer Art, belügen, So sey dies Spielwerk ihnen gern verziehen. Mir aber hat ein güt'ger Gott verliehen, Den Himmel, den sie träumen, zu durchfliegen, Ich sah die Anmuth mir im Arm sich schmiegen, Der Unschuld Blick von raschem Feuer glühen. Auch ich trug einst der Liebe Müh' und Lasten, Verschmähte nicht, den herben Kelch zu trinken, Damit ich seine Lust nun ganz empfinde. Und dennoch gleich' ich jenen Erz-Phantasten: Mir will mein Glück so unermeßlich dünken, Daß ich mir oft im wachen Traum verschwinde. Liebesglück. Wenn Dichter oft in warmen Phantaſieen, Von Liebesgluͤck und ſchmerzlichem Vergnuͤgen Sich oder uns, nach ihrer Art, beluͤgen, So ſey dies Spielwerk ihnen gern verziehen. Mir aber hat ein guͤt'ger Gott verliehen, Den Himmel, den ſie traͤumen, zu durchfliegen, Ich ſah die Anmuth mir im Arm ſich ſchmiegen, Der Unſchuld Blick von raſchem Feuer gluͤhen. Auch ich trug einſt der Liebe Muͤh' und Laſten, Verſchmaͤhte nicht, den herben Kelch zu trinken, Damit ich ſeine Luſt nun ganz empfinde. Und dennoch gleich' ich jenen Erz-Phantaſten: Mir will mein Gluͤck ſo unermeßlich duͤnken, Daß ich mir oft im wachen Traum verſchwinde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0168" n="152"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Liebesglück.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn Dichter oft in warmen Phantaſieen,</l><lb/> <l>Von Liebesgluͤck und ſchmerzlichem Vergnuͤgen</l><lb/> <l>Sich oder uns, nach ihrer Art, beluͤgen,</l><lb/> <l>So ſey dies Spielwerk ihnen gern verziehen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Mir aber hat ein guͤt'ger Gott verliehen,</l><lb/> <l>Den Himmel, den ſie traͤumen, zu durchfliegen,</l><lb/> <l>Ich ſah die Anmuth mir im Arm ſich ſchmiegen,</l><lb/> <l>Der Unſchuld Blick von raſchem Feuer gluͤhen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Auch ich trug einſt der Liebe Muͤh' und Laſten,</l><lb/> <l>Verſchmaͤhte nicht, den herben Kelch zu trinken,</l><lb/> <l>Damit ich ſeine Luſt nun ganz empfinde.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und dennoch gleich' ich jenen Erz-Phantaſten:</l><lb/> <l>Mir will mein Gluͤck ſo unermeßlich duͤnken,</l><lb/> <l>Daß ich mir oft im wachen Traum verſchwinde.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [152/0168]
Liebesglück.
Wenn Dichter oft in warmen Phantaſieen,
Von Liebesgluͤck und ſchmerzlichem Vergnuͤgen
Sich oder uns, nach ihrer Art, beluͤgen,
So ſey dies Spielwerk ihnen gern verziehen.
Mir aber hat ein guͤt'ger Gott verliehen,
Den Himmel, den ſie traͤumen, zu durchfliegen,
Ich ſah die Anmuth mir im Arm ſich ſchmiegen,
Der Unſchuld Blick von raſchem Feuer gluͤhen.
Auch ich trug einſt der Liebe Muͤh' und Laſten,
Verſchmaͤhte nicht, den herben Kelch zu trinken,
Damit ich ſeine Luſt nun ganz empfinde.
Und dennoch gleich' ich jenen Erz-Phantaſten:
Mir will mein Gluͤck ſo unermeßlich duͤnken,
Daß ich mir oft im wachen Traum verſchwinde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/168 |
Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/168>, abgerufen am 16.02.2025. |