Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Elfenlied.
Bei Nacht im Dorf der Wächter rief:
Elfe!
Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief,
Wohl um die Elfe;
Und meint, es rief ihm aus dem Thal
Bei seinem Namen die Nachtigall,
Oder Silpelit hätt' ihn gerufen.
Reibt sich der Elf die Augen aus,
Begibt sich vor sein Schneckenhaus,
Und ist als wie ein trunken Mann,
Sein Schläflein war nicht voll gethan,
Und humpelt also tippe tapp
Durch's Haselholz in's Thal hinab,
Schlupft an der Weinbergmauer hin,
Daran viel Feuerwürmchen glühn:
"Was sind das helle Fensterlein?
Da drin wird eine Hochzeit seyn;
Die Kleinen sitzen beim Mahle,
Und treiben's in dem Saale,
Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!"
-- Pfui, stößt den Kopf an harten Stein!
Elfe, gelt, du hast genug?
Gukuk! Gukuk!

Elfenlied.
Bei Nacht im Dorf der Waͤchter rief:
Elfe!
Ein ganz kleines Elfchen im Walde ſchlief,
Wohl um die Elfe;
Und meint, es rief ihm aus dem Thal
Bei ſeinem Namen die Nachtigall,
Oder Silpelit haͤtt' ihn gerufen.
Reibt ſich der Elf die Augen aus,
Begibt ſich vor ſein Schneckenhaus,
Und iſt als wie ein trunken Mann,
Sein Schlaͤflein war nicht voll gethan,
Und humpelt alſo tippe tapp
Durch's Haſelholz in's Thal hinab,
Schlupft an der Weinbergmauer hin,
Daran viel Feuerwuͤrmchen gluͤhn:
„Was ſind das helle Fenſterlein?
Da drin wird eine Hochzeit ſeyn;
Die Kleinen ſitzen beim Mahle,
Und treiben's in dem Saale,
Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!“
— Pfui, ſtoͤßt den Kopf an harten Stein!
Elfe, gelt, du haſt genug?
Gukuk! Gukuk!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0093" n="77"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b #g">Elfenlied.</hi><lb/>
        </head>
        <lg type="poem">
          <l>Bei Nacht im Dorf der Wa&#x0364;chter rief:</l><lb/>
          <l>Elfe!</l><lb/>
          <l>Ein ganz kleines Elfchen im Walde &#x017F;chlief,</l><lb/>
          <l>Wohl um die Elfe;</l><lb/>
          <l>Und meint, es rief ihm aus dem Thal</l><lb/>
          <l>Bei &#x017F;einem Namen die Nachtigall,</l><lb/>
          <l>Oder Silpelit ha&#x0364;tt' ihn gerufen.</l><lb/>
          <l>Reibt &#x017F;ich der Elf die Augen aus,</l><lb/>
          <l>Begibt &#x017F;ich vor &#x017F;ein Schneckenhaus,</l><lb/>
          <l>Und i&#x017F;t als wie ein trunken Mann,</l><lb/>
          <l>Sein Schla&#x0364;flein war nicht voll gethan,</l><lb/>
          <l>Und humpelt al&#x017F;o tippe tapp</l><lb/>
          <l>Durch's Ha&#x017F;elholz in's Thal hinab,</l><lb/>
          <l>Schlupft an der Weinbergmauer hin,</l><lb/>
          <l>Daran viel Feuerwu&#x0364;rmchen glu&#x0364;hn:</l><lb/>
          <l>&#x201E;Was &#x017F;ind das helle Fen&#x017F;terlein?</l><lb/>
          <l>Da drin wird eine Hochzeit &#x017F;eyn;</l><lb/>
          <l>Die Kleinen &#x017F;itzen beim Mahle,</l><lb/>
          <l>Und treiben's in dem Saale,</l><lb/>
          <l>Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!&#x201C;</l><lb/>
          <l>&#x2014; Pfui, &#x017F;to&#x0364;ßt den Kopf an harten Stein!</l><lb/>
          <l>Elfe, gelt, du ha&#x017F;t genug?</l><lb/>
          <l>Gukuk! Gukuk!</l><lb/>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0093] Elfenlied. Bei Nacht im Dorf der Waͤchter rief: Elfe! Ein ganz kleines Elfchen im Walde ſchlief, Wohl um die Elfe; Und meint, es rief ihm aus dem Thal Bei ſeinem Namen die Nachtigall, Oder Silpelit haͤtt' ihn gerufen. Reibt ſich der Elf die Augen aus, Begibt ſich vor ſein Schneckenhaus, Und iſt als wie ein trunken Mann, Sein Schlaͤflein war nicht voll gethan, Und humpelt alſo tippe tapp Durch's Haſelholz in's Thal hinab, Schlupft an der Weinbergmauer hin, Daran viel Feuerwuͤrmchen gluͤhn: „Was ſind das helle Fenſterlein? Da drin wird eine Hochzeit ſeyn; Die Kleinen ſitzen beim Mahle, Und treiben's in dem Saale, Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!“ — Pfui, ſtoͤßt den Kopf an harten Stein! Elfe, gelt, du haſt genug? Gukuk! Gukuk!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/93
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/93>, abgerufen am 21.11.2024.