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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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zuzog. Durch seine Achtlosigkeit war ein Flacon mit
kostbarem Riechwasser aufgegangen und hatte seinen
Inhalt unvermerkt in die Kleider und Polster ergossen.
"Ich hätt' es denken können," klagte sie, "es duftete
schon lang so stark! O weh, ein volles Fläschchen ächte
Rosee d'Aurore rein ausgeleert! Ich sparte sie wie
Gold." -- "Ei, Närrchen," gab er ihr zum Trost
zurück, "begreife doch, auf solche Weise ganz allein
war uns dein Götter-Riechschnaps etwas nütze. Erst
saß man in einem Backofen und all dein Gefächel
half nichts, bald aber schien der ganze Wagen gleich¬
sam ausgekühlt; du schriebst es den paar Tropfen zu,
die ich mir auf den Jabot goß; wir waren neu be¬
lebt und das Gespräch floß munter fort, statt daß
wir sonst die Köpfe hätten hängen lassen wie die
Hämmel auf des Fleischers Karren; und diese Wohl¬
that wird uns auf dem ganzen Weg begleiten. Jetzt
aber laß uns doch einmal zwei Wienerische Nos'n
recht expreß hier in die grüne Wildniß stecken!"

Sie stiegen Arm in Arm über den Graben an
der Straße und sofort tiefer in die Tannendunkelheit
hinein, die, sehr bald bis zur Finsterniß verdichtet,
nur hin und wieder von einem Streifen Sonne auf
sammetnem Moosboden grell durchbrochen ward. Die

zuzog. Durch ſeine Achtloſigkeit war ein Flacon mit
koſtbarem Riechwaſſer aufgegangen und hatte ſeinen
Inhalt unvermerkt in die Kleider und Polſter ergoſſen.
„Ich hätt' es denken können,“ klagte ſie, „es duftete
ſchon lang ſo ſtark! O weh, ein volles Fläſchchen ächte
Roſée d'Aurore rein ausgeleert! Ich ſparte ſie wie
Gold.“ — „Ei, Närrchen,“ gab er ihr zum Troſt
zurück, „begreife doch, auf ſolche Weiſe ganz allein
war uns dein Götter-Riechſchnaps etwas nütze. Erſt
ſaß man in einem Backofen und all dein Gefächel
half nichts, bald aber ſchien der ganze Wagen gleich¬
ſam ausgekühlt; du ſchriebſt es den paar Tropfen zu,
die ich mir auf den Jabot goß; wir waren neu be¬
lebt und das Geſpräch floß munter fort, ſtatt daß
wir ſonſt die Köpfe hätten hängen laſſen wie die
Hämmel auf des Fleiſchers Karren; und dieſe Wohl¬
that wird uns auf dem ganzen Weg begleiten. Jetzt
aber laß uns doch einmal zwei Wieneriſche Noſ'n
recht expreß hier in die grüne Wildniß ſtecken!“

Sie ſtiegen Arm in Arm über den Graben an
der Straße und ſofort tiefer in die Tannendunkelheit
hinein, die, ſehr bald bis zur Finſterniß verdichtet,
nur hin und wieder von einem Streifen Sonne auf
ſammetnem Moosboden grell durchbrochen ward. Die

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[4/0016] zuzog. Durch ſeine Achtloſigkeit war ein Flacon mit koſtbarem Riechwaſſer aufgegangen und hatte ſeinen Inhalt unvermerkt in die Kleider und Polſter ergoſſen. „Ich hätt' es denken können,“ klagte ſie, „es duftete ſchon lang ſo ſtark! O weh, ein volles Fläſchchen ächte Roſée d'Aurore rein ausgeleert! Ich ſparte ſie wie Gold.“ — „Ei, Närrchen,“ gab er ihr zum Troſt zurück, „begreife doch, auf ſolche Weiſe ganz allein war uns dein Götter-Riechſchnaps etwas nütze. Erſt ſaß man in einem Backofen und all dein Gefächel half nichts, bald aber ſchien der ganze Wagen gleich¬ ſam ausgekühlt; du ſchriebſt es den paar Tropfen zu, die ich mir auf den Jabot goß; wir waren neu be¬ lebt und das Geſpräch floß munter fort, ſtatt daß wir ſonſt die Köpfe hätten hängen laſſen wie die Hämmel auf des Fleiſchers Karren; und dieſe Wohl¬ that wird uns auf dem ganzen Weg begleiten. Jetzt aber laß uns doch einmal zwei Wieneriſche Noſ'n recht expreß hier in die grüne Wildniß ſtecken!“ Sie ſtiegen Arm in Arm über den Graben an der Straße und ſofort tiefer in die Tannendunkelheit hinein, die, ſehr bald bis zur Finſterniß verdichtet, nur hin und wieder von einem Streifen Sonne auf ſammetnem Moosboden grell durchbrochen ward. Die

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/16>, abgerufen am 21.11.2024.