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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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der klangvoll über ihre Lippen kam, fiel ihr jede be¬
klemmende Fessel vom Busen. Sie hielt sich lächelnd,
sicher auf der hohen Woge, und das Gefühl dieses
Moments, des einzigen in seiner Art vielleicht für
alle Tage ihres Lebens, begeisterte sie billig.

Mozart war offenbar überrascht. Als sie ge¬
endigt hatte, trat er zu ihr und fing mit seinem un¬
gezierten Herzensausdruck an: "Was soll man sagen,
liebes Kind, hier wo es ist wie mit der lieben Sonne,
die sich am besten selber lobt, indem es gleich jeder¬
mann wohl in ihr wird! Bei solchem Gesang ist
der Seele zu Muth wie dem Kindchen im Bad: es
lacht und wundert sich und weiß sich in der Welt
nichts Besseres. Uebrigens glauben Sie mir, unser
einem in Wien begegnet es nicht jeden Tag, daß er
so lauter, ungeschminkt und warm, ja so complet
sich selber zu hören bekommt." -- Damit erfaßte er
ihre Hand und küßte sie herzlich. Des Mannes hohe
Liebenswürdigkeit und Güte nicht minder, als das
ehrenvolle Zeugniß, wodurch er ihr Talent auszeich¬
nete, ergriff Eugenien mit jener unwiderstehlichen
Rührung, die einem leichten Schwindel gleicht, und
ihre Augen wollten sich plötzlich mit Thränen an¬
füllen.

der klangvoll über ihre Lippen kam, fiel ihr jede be¬
klemmende Feſſel vom Buſen. Sie hielt ſich lächelnd,
ſicher auf der hohen Woge, und das Gefühl dieſes
Moments, des einzigen in ſeiner Art vielleicht für
alle Tage ihres Lebens, begeiſterte ſie billig.

Mozart war offenbar überraſcht. Als ſie ge¬
endigt hatte, trat er zu ihr und fing mit ſeinem un¬
gezierten Herzensausdruck an: „Was ſoll man ſagen,
liebes Kind, hier wo es iſt wie mit der lieben Sonne,
die ſich am beſten ſelber lobt, indem es gleich jeder¬
mann wohl in ihr wird! Bei ſolchem Geſang iſt
der Seele zu Muth wie dem Kindchen im Bad: es
lacht und wundert ſich und weiß ſich in der Welt
nichts Beſſeres. Uebrigens glauben Sie mir, unſer
einem in Wien begegnet es nicht jeden Tag, daß er
ſo lauter, ungeſchminkt und warm, ja ſo complet
ſich ſelber zu hören bekommt.“ — Damit erfaßte er
ihre Hand und küßte ſie herzlich. Des Mannes hohe
Liebenswürdigkeit und Güte nicht minder, als das
ehrenvolle Zeugniß, wodurch er ihr Talent auszeich¬
nete, ergriff Eugenien mit jener unwiderſtehlichen
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[40/0052] der klangvoll über ihre Lippen kam, fiel ihr jede be¬ klemmende Feſſel vom Buſen. Sie hielt ſich lächelnd, ſicher auf der hohen Woge, und das Gefühl dieſes Moments, des einzigen in ſeiner Art vielleicht für alle Tage ihres Lebens, begeiſterte ſie billig. Mozart war offenbar überraſcht. Als ſie ge¬ endigt hatte, trat er zu ihr und fing mit ſeinem un¬ gezierten Herzensausdruck an: „Was ſoll man ſagen, liebes Kind, hier wo es iſt wie mit der lieben Sonne, die ſich am beſten ſelber lobt, indem es gleich jeder¬ mann wohl in ihr wird! Bei ſolchem Geſang iſt der Seele zu Muth wie dem Kindchen im Bad: es lacht und wundert ſich und weiß ſich in der Welt nichts Beſſeres. Uebrigens glauben Sie mir, unſer einem in Wien begegnet es nicht jeden Tag, daß er ſo lauter, ungeſchminkt und warm, ja ſo complet ſich ſelber zu hören bekommt.“ — Damit erfaßte er ihre Hand und küßte ſie herzlich. Des Mannes hohe Liebenswürdigkeit und Güte nicht minder, als das ehrenvolle Zeugniß, wodurch er ihr Talent auszeich¬ nete, ergriff Eugenien mit jener unwiderſtehlichen Rührung, die einem leichten Schwindel gleicht, und ihre Augen wollten ſich plötzlich mit Thränen an¬ füllen.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/52>, abgerufen am 22.11.2024.