blendender Lichter versteckt, doch in jeder Bewegung ihren eigensten Adel verräth und ein herrliches Pa¬ thos verschwenderisch ausgießt.
Die Gräfin machte für sich die Bemerkung, daß die meisten Zuhörer, vielleicht Eugenie selbst nicht ausgenommen, trotz der gespanntesten Aufmerksamkeit und aller feierlichen Stille während eines bezaubern¬ den Spiels, doch zwischen Auge und Ohr gar sehr getheilt waren. In unwillkürlicher Beobachtung des Componisten, seiner schlichten, beinahe steifen Körper¬ haltung, seines gutmüthigen Gesichts, der rundlichen Bewegung dieser kleinen Hände, war es gewiß auch nicht leicht möglich, dem Zudrang tausendfacher Kreuz- und Quergedanken über den Wundermann zu wider¬ stehen.
Zu Madame Mozart gewendet sagte der Graf, nachdem der Meister aufgestanden war: "Einem be¬ rühmten Künstler gegenüber, wenn es ein Kennerlob zu spitzen gilt, das halt nicht eines jeden Sache ist, wie haben es die Könige und Kaiser gut! Es nimmt sich eben alles einzig und außerordentlich in einem solchen Munde aus. Was dürfen sie sich nicht er¬ lauben, und wie bequem ist es z. B., dicht hinter'm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord
blendender Lichter verſteckt, doch in jeder Bewegung ihren eigenſten Adel verräth und ein herrliches Pa¬ thos verſchwenderiſch ausgießt.
Die Gräfin machte für ſich die Bemerkung, daß die meiſten Zuhörer, vielleicht Eugenie ſelbſt nicht ausgenommen, trotz der geſpannteſten Aufmerkſamkeit und aller feierlichen Stille während eines bezaubern¬ den Spiels, doch zwiſchen Auge und Ohr gar ſehr getheilt waren. In unwillkürlicher Beobachtung des Componiſten, ſeiner ſchlichten, beinahe ſteifen Körper¬ haltung, ſeines gutmüthigen Geſichts, der rundlichen Bewegung dieſer kleinen Hände, war es gewiß auch nicht leicht möglich, dem Zudrang tauſendfacher Kreuz- und Quergedanken über den Wundermann zu wider¬ ſtehen.
Zu Madame Mozart gewendet ſagte der Graf, nachdem der Meiſter aufgeſtanden war: „Einem be¬ rühmten Künſtler gegenüber, wenn es ein Kennerlob zu ſpitzen gilt, das halt nicht eines jeden Sache iſt, wie haben es die Könige und Kaiſer gut! Es nimmt ſich eben alles einzig und außerordentlich in einem ſolchen Munde aus. Was dürfen ſie ſich nicht er¬ lauben, und wie bequem iſt es z. B., dicht hinter'm Stuhl Ihres Herrn Gemahls, beim Schlußaccord
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[42/0054]
blendender Lichter verſteckt, doch in jeder Bewegung
ihren eigenſten Adel verräth und ein herrliches Pa¬
thos verſchwenderiſch ausgießt.
Die Gräfin machte für ſich die Bemerkung, daß
die meiſten Zuhörer, vielleicht Eugenie ſelbſt nicht
ausgenommen, trotz der geſpannteſten Aufmerkſamkeit
und aller feierlichen Stille während eines bezaubern¬
den Spiels, doch zwiſchen Auge und Ohr gar ſehr
getheilt waren. In unwillkürlicher Beobachtung des
Componiſten, ſeiner ſchlichten, beinahe ſteifen Körper¬
haltung, ſeines gutmüthigen Geſichts, der rundlichen
Bewegung dieſer kleinen Hände, war es gewiß auch
nicht leicht möglich, dem Zudrang tauſendfacher Kreuz-
und Quergedanken über den Wundermann zu wider¬
ſtehen.
Zu Madame Mozart gewendet ſagte der Graf,
nachdem der Meiſter aufgeſtanden war: „Einem be¬
rühmten Künſtler gegenüber, wenn es ein Kennerlob
zu ſpitzen gilt, das halt nicht eines jeden Sache iſt,
wie haben es die Könige und Kaiſer gut! Es nimmt
ſich eben alles einzig und außerordentlich in einem
ſolchen Munde aus. Was dürfen ſie ſich nicht er¬
lauben, und wie bequem iſt es z. B., dicht hinter'm
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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/54>, abgerufen am 28.07.2024.
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