Erstaunen Aller fand sich ein großer, blau, grün und goldschimmernder Fisch in demselben. Die Nächsten sprangen eifrig zu, um ihn heraus zu holen, da glitt er ihnen aus den Händen, als wär' es wirklich ein lebendiger, und fiel in die See. Das war nun eine abgeredte Kriegslist, die Rothen zu bethören und aus dem Schiff zu locken. Diese, gleichsam bezaubert von dem Wunder, sobald sie merkten, daß das Thier nicht untertauchen wollte, nur immer auf der Oberfläche spielte, besannen sich nicht einen Augenblick, stürzten sich alle in's Meer, die Grünen ebenfalls, und also sah man zwölf gewandte, wohlgestalte Schwimmer, den fliehenden Fisch zu erhaschen bemüht, indem er auf den Wellen gaukelte, minutenlang unter den¬ selben verschwand, bald da, bald dort, dem einen zwischen den Beinen, dem andern zwischen Brust und Kinn herauf, wieder zum Vorschein kam. Auf Ein¬ mal, wie die Rothen eben am hitzigsten auf ihren Fang aus waren, ersah die andere Partie ihren Vortheil und erstieg schnell wie der Blitz das fremde, ganz den Mädchen überlassene Schiff unter großem Gekreische der letztern. Der nobelste der Burschen, wie ein Mercur gewachsen, flog mit freudestrahlendem Gesicht auf die schönste zu, umfaßte, küßte sie, die,
Erſtaunen Aller fand ſich ein großer, blau, grün und goldſchimmernder Fiſch in demſelben. Die Nächſten ſprangen eifrig zu, um ihn heraus zu holen, da glitt er ihnen aus den Händen, als wär' es wirklich ein lebendiger, und fiel in die See. Das war nun eine abgeredte Kriegsliſt, die Rothen zu bethören und aus dem Schiff zu locken. Dieſe, gleichſam bezaubert von dem Wunder, ſobald ſie merkten, daß das Thier nicht untertauchen wollte, nur immer auf der Oberfläche ſpielte, beſannen ſich nicht einen Augenblick, ſtürzten ſich alle in's Meer, die Grünen ebenfalls, und alſo ſah man zwölf gewandte, wohlgeſtalte Schwimmer, den fliehenden Fiſch zu erhaſchen bemüht, indem er auf den Wellen gaukelte, minutenlang unter den¬ ſelben verſchwand, bald da, bald dort, dem einen zwiſchen den Beinen, dem andern zwiſchen Bruſt und Kinn herauf, wieder zum Vorſchein kam. Auf Ein¬ mal, wie die Rothen eben am hitzigſten auf ihren Fang aus waren, erſah die andere Partie ihren Vortheil und erſtieg ſchnell wie der Blitz das fremde, ganz den Mädchen überlaſſene Schiff unter großem Gekreiſche der letztern. Der nobelſte der Burſchen, wie ein Mercur gewachſen, flog mit freudeſtrahlendem Geſicht auf die ſchönſte zu, umfaßte, küßte ſie, die,
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0063"n="51"/>
Erſtaunen Aller fand ſich ein großer, blau, grün und<lb/>
goldſchimmernder Fiſch in demſelben. Die Nächſten<lb/>ſprangen eifrig zu, um ihn heraus zu holen, da glitt<lb/>
er ihnen aus den Händen, als wär' es wirklich ein<lb/>
lebendiger, und fiel in die See. Das war nun eine<lb/>
abgeredte Kriegsliſt, die Rothen zu bethören und aus<lb/>
dem Schiff zu locken. Dieſe, gleichſam bezaubert von<lb/>
dem Wunder, ſobald ſie merkten, daß das Thier nicht<lb/>
untertauchen wollte, nur immer auf der Oberfläche<lb/>ſpielte, beſannen ſich nicht einen Augenblick, ſtürzten<lb/>ſich alle in's Meer, die Grünen ebenfalls, und alſo<lb/>ſah man zwölf gewandte, wohlgeſtalte Schwimmer,<lb/>
den fliehenden Fiſch zu erhaſchen bemüht, indem er<lb/>
auf den Wellen gaukelte, minutenlang unter den¬<lb/>ſelben verſchwand, bald da, bald dort, dem einen<lb/>
zwiſchen den Beinen, dem andern zwiſchen Bruſt und<lb/>
Kinn herauf, wieder zum Vorſchein kam. Auf Ein¬<lb/>
mal, wie die Rothen eben am hitzigſten auf ihren<lb/>
Fang aus waren, erſah die andere Partie ihren<lb/>
Vortheil und erſtieg ſchnell wie der Blitz das fremde,<lb/>
ganz den Mädchen überlaſſene Schiff unter großem<lb/>
Gekreiſche der letztern. Der nobelſte der Burſchen,<lb/>
wie ein Mercur gewachſen, flog mit freudeſtrahlendem<lb/>
Geſicht auf die ſchönſte zu, umfaßte, küßte ſie, die,<lb/></p></body></text></TEI>
[51/0063]
Erſtaunen Aller fand ſich ein großer, blau, grün und
goldſchimmernder Fiſch in demſelben. Die Nächſten
ſprangen eifrig zu, um ihn heraus zu holen, da glitt
er ihnen aus den Händen, als wär' es wirklich ein
lebendiger, und fiel in die See. Das war nun eine
abgeredte Kriegsliſt, die Rothen zu bethören und aus
dem Schiff zu locken. Dieſe, gleichſam bezaubert von
dem Wunder, ſobald ſie merkten, daß das Thier nicht
untertauchen wollte, nur immer auf der Oberfläche
ſpielte, beſannen ſich nicht einen Augenblick, ſtürzten
ſich alle in's Meer, die Grünen ebenfalls, und alſo
ſah man zwölf gewandte, wohlgeſtalte Schwimmer,
den fliehenden Fiſch zu erhaſchen bemüht, indem er
auf den Wellen gaukelte, minutenlang unter den¬
ſelben verſchwand, bald da, bald dort, dem einen
zwiſchen den Beinen, dem andern zwiſchen Bruſt und
Kinn herauf, wieder zum Vorſchein kam. Auf Ein¬
mal, wie die Rothen eben am hitzigſten auf ihren
Fang aus waren, erſah die andere Partie ihren
Vortheil und erſtieg ſchnell wie der Blitz das fremde,
ganz den Mädchen überlaſſene Schiff unter großem
Gekreiſche der letztern. Der nobelſte der Burſchen,
wie ein Mercur gewachſen, flog mit freudeſtrahlendem
Geſicht auf die ſchönſte zu, umfaßte, küßte ſie, die,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/63>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.