um ich vornehmlich hieher komme. Ich bin kürzlich bei dem Grafen von Zarlin gewesen und habe dort ein Gemälde gesehen, wieder und wieder gesehen und des Sehens kaum genug gekriegt. Ich fragte nach dem Meister, der Graf ließ mich rathen, ich rieth und sagte: Tillsen! -- schüttelte aber unwillkürlich den Kopf dabei, weil mir zugleich war, es könne doch nicht wohl seyn; ich sagte abermals: Tillsen, und sagte zum zweiten Mal: Nein!"
Bei diesen Worten zeigte sich eine Spur von Ver- druß und Verlegenheit auf des Malers Gesicht; er wußte sie jedoch schnell zu verbergen und fragte mit guter Laune: "Nun! das schöne Wunderwerk, das mei- nen armen Pinsel bereits zweimal verläugnet hat -- was ist es denn eigentlich?"
"Stellen Sie sich nicht, Bester," erwiderte der Alte aufstehend, mit herzlicher Fröhlichkeit und glänzen- den Augen, "Ihnen ist wohl bekannt, wovon ich rede. Der von Zarlin hat Ihnen das Bild abgekauft und Sie sind nach seiner Versicherung der Mann, der es gemacht. Hören Sie, Tillsen," hier ergriff er seine Hand, "hören Sie! ich bin nun einmal eben ein auf- richtiger Bursche, und mag, wo ich meine Leute zu ken- nen glaube, nicht übertrieben viel Vorsicht brauchen, also plazte ich Ihnen gleich damit heraus, wie mir's mit Ihrem Bilde ergangen; es enthält unverkennbar so Manches Ihrer Kunst, besonders was Farbe, was Schönheit im Einzelnen, was namentlich auch die Land-
um ich vornehmlich hieher komme. Ich bin kürzlich bei dem Grafen von Zarlin geweſen und habe dort ein Gemälde geſehen, wieder und wieder geſehen und des Sehens kaum genug gekriegt. Ich fragte nach dem Meiſter, der Graf ließ mich rathen, ich rieth und ſagte: Tillſen! — ſchüttelte aber unwillkürlich den Kopf dabei, weil mir zugleich war, es könne doch nicht wohl ſeyn; ich ſagte abermals: Tillſen, und ſagte zum zweiten Mal: Nein!“
Bei dieſen Worten zeigte ſich eine Spur von Ver- druß und Verlegenheit auf des Malers Geſicht; er wußte ſie jedoch ſchnell zu verbergen und fragte mit guter Laune: „Nun! das ſchöne Wunderwerk, das mei- nen armen Pinſel bereits zweimal verläugnet hat — was iſt es denn eigentlich?“
„Stellen Sie ſich nicht, Beſter,“ erwiderte der Alte aufſtehend, mit herzlicher Fröhlichkeit und glänzen- den Augen, „Ihnen iſt wohl bekannt, wovon ich rede. Der von Zarlin hat Ihnen das Bild abgekauft und Sie ſind nach ſeiner Verſicherung der Mann, der es gemacht. Hören Sie, Tillſen,“ hier ergriff er ſeine Hand, „hören Sie! ich bin nun einmal eben ein auf- richtiger Burſche, und mag, wo ich meine Leute zu ken- nen glaube, nicht übertrieben viel Vorſicht brauchen, alſo plazte ich Ihnen gleich damit heraus, wie mir’s mit Ihrem Bilde ergangen; es enthält unverkennbar ſo Manches Ihrer Kunſt, beſonders was Farbe, was Schönheit im Einzelnen, was namentlich auch die Land-
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um ich vornehmlich hieher komme. Ich bin kürzlich
bei dem Grafen von Zarlin geweſen und habe dort
ein Gemälde geſehen, wieder und wieder geſehen und
des Sehens kaum genug gekriegt. Ich fragte nach
dem Meiſter, der Graf ließ mich rathen, ich rieth und
ſagte: Tillſen! — ſchüttelte aber unwillkürlich den
Kopf dabei, weil mir zugleich war, es könne doch nicht
wohl ſeyn; ich ſagte abermals: Tillſen, und ſagte zum
zweiten Mal: Nein!“
Bei dieſen Worten zeigte ſich eine Spur von Ver-
druß und Verlegenheit auf des Malers Geſicht; er
wußte ſie jedoch ſchnell zu verbergen und fragte mit
guter Laune: „Nun! das ſchöne Wunderwerk, das mei-
nen armen Pinſel bereits zweimal verläugnet hat —
was iſt es denn eigentlich?“
„Stellen Sie ſich nicht, Beſter,“ erwiderte der Alte
aufſtehend, mit herzlicher Fröhlichkeit und glänzen-
den Augen, „Ihnen iſt wohl bekannt, wovon ich rede.
Der von Zarlin hat Ihnen das Bild abgekauft und
Sie ſind nach ſeiner Verſicherung der Mann, der es
gemacht. Hören Sie, Tillſen,“ hier ergriff er ſeine
Hand, „hören Sie! ich bin nun einmal eben ein auf-
richtiger Burſche, und mag, wo ich meine Leute zu ken-
nen glaube, nicht übertrieben viel Vorſicht brauchen,
alſo plazte ich Ihnen gleich damit heraus, wie mir’s mit
Ihrem Bilde ergangen; es enthält unverkennbar ſo
Manches Ihrer Kunſt, beſonders was Farbe, was
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/12>, abgerufen am 23.12.2024.
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