dem Kaiser nimmt Volker den Hut nicht ab, jedoch dem Armen kann er ihn schenken! Damit reicht er ihm den reichbebänderten Filz vom Pferde herunter, nur eine hohe Reiherfeder machte er zuvor los und steckte sie in den Koller, weil er diese um Alles nicht missen wollte; man sagt, sie habe eine zauberische Ei- genschaft besessen, den der sie trug in allerlei Fähr- lichkeit zu schützen. -- Jezt käme ich auf Volkers Frömmigkeit und wunderliche Bekehrung, da dieß aber eine Art von Legende ist, so wird sie sich am besten im Munde Seiner Hochehrwürden geziemen."
"Ich zweifle nur," erwiderte Amandus, "ob ich meine Aufgabe so zierlich lösen werde, wie mein be- redter Vorgänger sich aus der seinigen zog. Aber ich rufe den Schatten des Helden an und sage treulich was ich weiß, und auch nicht weiß. Also: in den Gehölzen, die da vor uns liegen, kam man einsmals einem selte- nen Wilde auf die Spur, einem Hirsch mit milchweißem Felle. Kein Waidmann konnte seiner habhaft werden. Des Hauptmanns Ehrgeiz ward erregt, eine unwider- stehliche Lust, sich dieses edlen Thieres zu bemächtigen, trieb ihn an, ganze Nächte mit der Büchse durch den Forst zu streifen. Endlich an einem Morgen vor Son- nenaufgang erscheint ihm der Gegenstand seiner Wünsche. Nur auf ein funfzig Schritte steht das prächtige Ge- schöpf vor seinen Augen. Ihm klopft das Herz; noch hält Mitleid und Bewunderung seine Hand, aber die Hitze des Jägers überwiegt, er drückt los und trifft.
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dem Kaiſer nimmt Volker den Hut nicht ab, jedoch dem Armen kann er ihn ſchenken! Damit reicht er ihm den reichbebänderten Filz vom Pferde herunter, nur eine hohe Reiherfeder machte er zuvor los und ſteckte ſie in den Koller, weil er dieſe um Alles nicht miſſen wollte; man ſagt, ſie habe eine zauberiſche Ei- genſchaft beſeſſen, den der ſie trug in allerlei Fähr- lichkeit zu ſchützen. — Jezt käme ich auf Volkers Frömmigkeit und wunderliche Bekehrung, da dieß aber eine Art von Legende iſt, ſo wird ſie ſich am beſten im Munde Seiner Hochehrwürden geziemen.“
„Ich zweifle nur,“ erwiderte Amandus, „ob ich meine Aufgabe ſo zierlich löſen werde, wie mein be- redter Vorgänger ſich aus der ſeinigen zog. Aber ich rufe den Schatten des Helden an und ſage treulich was ich weiß, und auch nicht weiß. Alſo: in den Gehölzen, die da vor uns liegen, kam man einsmals einem ſelte- nen Wilde auf die Spur, einem Hirſch mit milchweißem Felle. Kein Waidmann konnte ſeiner habhaft werden. Des Hauptmanns Ehrgeiz ward erregt, eine unwider- ſtehliche Luſt, ſich dieſes edlen Thieres zu bemächtigen, trieb ihn an, ganze Nächte mit der Büchſe durch den Forſt zu ſtreifen. Endlich an einem Morgen vor Son- nenaufgang erſcheint ihm der Gegenſtand ſeiner Wünſche. Nur auf ein funfzig Schritte ſteht das prächtige Ge- ſchöpf vor ſeinen Augen. Ihm klopft das Herz; noch hält Mitleid und Bewunderung ſeine Hand, aber die Hitze des Jägers überwiegt, er drückt los und trifft.
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dem Kaiſer nimmt Volker den Hut nicht ab, jedoch
dem Armen kann er ihn ſchenken! Damit reicht er
ihm den reichbebänderten Filz vom Pferde herunter,
nur eine hohe Reiherfeder machte er zuvor los und
ſteckte ſie in den Koller, weil er dieſe um Alles nicht
miſſen wollte; man ſagt, ſie habe eine zauberiſche Ei-
genſchaft beſeſſen, den der ſie trug in allerlei Fähr-
lichkeit zu ſchützen. — Jezt käme ich auf Volkers
Frömmigkeit und wunderliche Bekehrung, da dieß aber
eine Art von Legende iſt, ſo wird ſie ſich am beſten
im Munde Seiner Hochehrwürden geziemen.“
„Ich zweifle nur,“ erwiderte Amandus, „ob ich
meine Aufgabe ſo zierlich löſen werde, wie mein be-
redter Vorgänger ſich aus der ſeinigen zog. Aber ich
rufe den Schatten des Helden an und ſage treulich was
ich weiß, und auch nicht weiß. Alſo: in den Gehölzen,
die da vor uns liegen, kam man einsmals einem ſelte-
nen Wilde auf die Spur, einem Hirſch mit milchweißem
Felle. Kein Waidmann konnte ſeiner habhaft werden.
Des Hauptmanns Ehrgeiz ward erregt, eine unwider-
ſtehliche Luſt, ſich dieſes edlen Thieres zu bemächtigen,
trieb ihn an, ganze Nächte mit der Büchſe durch den
Forſt zu ſtreifen. Endlich an einem Morgen vor Son-
nenaufgang erſcheint ihm der Gegenſtand ſeiner Wünſche.
Nur auf ein funfzig Schritte ſteht das prächtige Ge-
ſchöpf vor ſeinen Augen. Ihm klopft das Herz; noch
hält Mitleid und Bewunderung ſeine Hand, aber die
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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