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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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Fidel oder Flint',
Fidel oder Flint',
Volker spielt auf!

Die Saiten klangen aus. Es war ein allgemei-
nes Schweigen. Die Gesellschaft sah sich lächelnd an,
und schon während des Gesangs verkündigten einige
schlaue Gesichter eine angenehme Ueberraschung, wobei
es mit ganz natürlichen Dingen zugehen dürfte. Es
rauschte jezt und knackte in den Zweigen, zwischen
denen Jemand behutsam herunterzusteigen schien. Ein
Fuß stand bereits auf dem lezten Aste; ein kecker
Sprung noch, und, wen man am wenigsten erwartete,
den auch die Wenigsten kannten, -- Raymund, der
Bildhauer, stand mit der Zither, sich tief verneigend,
vor der verblüfft-erfreuten Versammlung. Amandus
und der Obrist klatschten, Bravo rufend, in die Hände.
Raymund sprang auf den Maler zu, der wie aus
den Wolken gefallen da stand; die Uebrigen hörten
inzwischen von der Pfarrerin, wer der Herr wäre.
Agnes hatte den Schauspieler Larkens vermuthet,
ja Nolten selbst, als die Musik anfing, bebte das
Herz bei dem gleichen Gedanken, und es dauerte eine
ganze Zeit, bis er sich wieder fassen konnte.

Man nahm nun ordentlich am runden Tisch un-
ter dem Schirme Platz; mit dem besten Weine füllten
die Gläser sich frisch, und während die Frauenzimmer
das Strickzeug vornahmen, begann der Bildhauer:
"Zuvörderst ist es meine Pflicht, mit wenig Worten

Fidel oder Flint’,
Fidel oder Flint’,
Volker ſpielt auf!

Die Saiten klangen aus. Es war ein allgemei-
nes Schweigen. Die Geſellſchaft ſah ſich lächelnd an,
und ſchon während des Geſangs verkündigten einige
ſchlaue Geſichter eine angenehme Ueberraſchung, wobei
es mit ganz natürlichen Dingen zugehen dürfte. Es
rauſchte jezt und knackte in den Zweigen, zwiſchen
denen Jemand behutſam herunterzuſteigen ſchien. Ein
Fuß ſtand bereits auf dem lezten Aſte; ein kecker
Sprung noch, und, wen man am wenigſten erwartete,
den auch die Wenigſten kannten, — Raymund, der
Bildhauer, ſtand mit der Zither, ſich tief verneigend,
vor der verblüfft-erfreuten Verſammlung. Amandus
und der Obriſt klatſchten, Bravo rufend, in die Hände.
Raymund ſprang auf den Maler zu, der wie aus
den Wolken gefallen da ſtand; die Uebrigen hörten
inzwiſchen von der Pfarrerin, wer der Herr wäre.
Agnes hatte den Schauſpieler Larkens vermuthet,
ja Nolten ſelbſt, als die Muſik anfing, bebte das
Herz bei dem gleichen Gedanken, und es dauerte eine
ganze Zeit, bis er ſich wieder faſſen konnte.

Man nahm nun ordentlich am runden Tiſch un-
ter dem Schirme Platz; mit dem beſten Weine füllten
die Gläſer ſich friſch, und während die Frauenzimmer
das Strickzeug vornahmen, begann der Bildhauer:
„Zuvörderſt iſt es meine Pflicht, mit wenig Worten

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[455/0141] Fidel oder Flint’, Fidel oder Flint’, Volker ſpielt auf! Die Saiten klangen aus. Es war ein allgemei- nes Schweigen. Die Geſellſchaft ſah ſich lächelnd an, und ſchon während des Geſangs verkündigten einige ſchlaue Geſichter eine angenehme Ueberraſchung, wobei es mit ganz natürlichen Dingen zugehen dürfte. Es rauſchte jezt und knackte in den Zweigen, zwiſchen denen Jemand behutſam herunterzuſteigen ſchien. Ein Fuß ſtand bereits auf dem lezten Aſte; ein kecker Sprung noch, und, wen man am wenigſten erwartete, den auch die Wenigſten kannten, — Raymund, der Bildhauer, ſtand mit der Zither, ſich tief verneigend, vor der verblüfft-erfreuten Verſammlung. Amandus und der Obriſt klatſchten, Bravo rufend, in die Hände. Raymund ſprang auf den Maler zu, der wie aus den Wolken gefallen da ſtand; die Uebrigen hörten inzwiſchen von der Pfarrerin, wer der Herr wäre. Agnes hatte den Schauſpieler Larkens vermuthet, ja Nolten ſelbſt, als die Muſik anfing, bebte das Herz bei dem gleichen Gedanken, und es dauerte eine ganze Zeit, bis er ſich wieder faſſen konnte. Man nahm nun ordentlich am runden Tiſch un- ter dem Schirme Platz; mit dem beſten Weine füllten die Gläſer ſich friſch, und während die Frauenzimmer das Strickzeug vornahmen, begann der Bildhauer: „Zuvörderſt iſt es meine Pflicht, mit wenig Worten

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/141>, abgerufen am 21.11.2024.