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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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auf; man sprach nun erst recht kordial von Noltens
und Agnesens Zukunft; der Bildhauer hatte sich
auch wieder eingefunden, unvermerkt verflossen ein
paar Stunden und einige Stimmen erinnerten endlich
nur leise an den Heimweg. Die Sonne neigte sich
zum Untergang. Das herrlichste Abendroth entbrannte
am Himmel und das Gespräch verstummte nach und
nach in der Betrachtung dieses Schauspiels. Agnes
lehnt mit dem Haupt an der Brust des Geliebten,
und wie die Blicke Beider beruhigt in der Gluth des
Horizonts versinken, ist ihm, als feire die Natur die
endliche Verklärung seines Schicksals. Er drückt Ag-
nesen
fester an sein Herz; er sieht sich mit ihr auf
eine Höhe des Lebens gehoben, über welche hinaus
ihm kein Glück weiter möglich scheint. Wie nun in
solche Momente sich gern ein leichter Aberglaube spie-
lend mischt, so geschah es auch hier, als der helle
Doppelstrahl, der von dem Mittelpunkt des rothen
Luftgewebes ausging, sich nach und nach in vier zer-
theilte. Was lag, wenn man hier deuten wollte, der
Hoffnung unseres Freundes näher, als einen Theil
des wonnevoll gespaltnen Lichts auf zwei geliebte, weit
entfernte Gestalten fallen zu lassen, deren wehmüthige
Erinnerung sich diesen Abend einige Male bei ihm
gemeldet hatte. Allein wie sonderbar, wie schmerzlich
muß er es eben jezt empfinden, daß er dem treusten
Kinde, das hier in seinen Arm geschmiegt mit leisen
Küssen seine Hand bedeckte, und dann ein Auge aller

auf; man ſprach nun erſt recht kordial von Noltens
und Agneſens Zukunft; der Bildhauer hatte ſich
auch wieder eingefunden, unvermerkt verfloſſen ein
paar Stunden und einige Stimmen erinnerten endlich
nur leiſe an den Heimweg. Die Sonne neigte ſich
zum Untergang. Das herrlichſte Abendroth entbrannte
am Himmel und das Geſpräch verſtummte nach und
nach in der Betrachtung dieſes Schauſpiels. Agnes
lehnt mit dem Haupt an der Bruſt des Geliebten,
und wie die Blicke Beider beruhigt in der Gluth des
Horizonts verſinken, iſt ihm, als feire die Natur die
endliche Verklärung ſeines Schickſals. Er drückt Ag-
neſen
feſter an ſein Herz; er ſieht ſich mit ihr auf
eine Höhe des Lebens gehoben, über welche hinaus
ihm kein Glück weiter möglich ſcheint. Wie nun in
ſolche Momente ſich gern ein leichter Aberglaube ſpie-
lend miſcht, ſo geſchah es auch hier, als der helle
Doppelſtrahl, der von dem Mittelpunkt des rothen
Luftgewebes ausging, ſich nach und nach in vier zer-
theilte. Was lag, wenn man hier deuten wollte, der
Hoffnung unſeres Freundes näher, als einen Theil
des wonnevoll geſpaltnen Lichts auf zwei geliebte, weit
entfernte Geſtalten fallen zu laſſen, deren wehmüthige
Erinnerung ſich dieſen Abend einige Male bei ihm
gemeldet hatte. Allein wie ſonderbar, wie ſchmerzlich
muß er es eben jezt empfinden, daß er dem treuſten
Kinde, das hier in ſeinen Arm geſchmiegt mit leiſen
Küſſen ſeine Hand bedeckte, und dann ein Auge aller

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[463/0149] auf; man ſprach nun erſt recht kordial von Noltens und Agneſens Zukunft; der Bildhauer hatte ſich auch wieder eingefunden, unvermerkt verfloſſen ein paar Stunden und einige Stimmen erinnerten endlich nur leiſe an den Heimweg. Die Sonne neigte ſich zum Untergang. Das herrlichſte Abendroth entbrannte am Himmel und das Geſpräch verſtummte nach und nach in der Betrachtung dieſes Schauſpiels. Agnes lehnt mit dem Haupt an der Bruſt des Geliebten, und wie die Blicke Beider beruhigt in der Gluth des Horizonts verſinken, iſt ihm, als feire die Natur die endliche Verklärung ſeines Schickſals. Er drückt Ag- neſen feſter an ſein Herz; er ſieht ſich mit ihr auf eine Höhe des Lebens gehoben, über welche hinaus ihm kein Glück weiter möglich ſcheint. Wie nun in ſolche Momente ſich gern ein leichter Aberglaube ſpie- lend miſcht, ſo geſchah es auch hier, als der helle Doppelſtrahl, der von dem Mittelpunkt des rothen Luftgewebes ausging, ſich nach und nach in vier zer- theilte. Was lag, wenn man hier deuten wollte, der Hoffnung unſeres Freundes näher, als einen Theil des wonnevoll geſpaltnen Lichts auf zwei geliebte, weit entfernte Geſtalten fallen zu laſſen, deren wehmüthige Erinnerung ſich dieſen Abend einige Male bei ihm gemeldet hatte. Allein wie ſonderbar, wie ſchmerzlich muß er es eben jezt empfinden, daß er dem treuſten Kinde, das hier in ſeinen Arm geſchmiegt mit leiſen Küſſen ſeine Hand bedeckte, und dann ein Auge aller

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/149>, abgerufen am 24.11.2024.