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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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wehrkammer ihres Vaters, worin er wirklich Stun-
den lang verweilte. Gewiß aber war auch weit und
breit eine solche Sammlung nicht anzutreffen. Ge-
wehre aller Art, vom ersten Anfang dieser Erfindung
bis zu den neuesten Formen des englischen und französi-
schen Kunstfleißes, konnte man hier auf's Schönste
geordnet in fünf hohen Glaskästen sehen. Die Freunde
bemerkten mit Lächeln, wie Nolten jedes Mal eine
andere Flinte für sich aussuchte, denn mit jeder hoffte
er glücklicher zu seyn, und endlich griff er gar nach
einem alten türkischen Geschoß, welches zwar prächtig
und gut, doch für den Zweck nicht passend und deß-
halb von dem schlechtesten Erfolg begleitet war.

Besonders angenehm erschienen immer nach dem
Abendessen die ruhigen gemeinschaftlichen Lesestunden.
Der Maler hatte Anfangs unmaßgeblich eine Lektüre
vorgeschlagen, welche man in doppelter Hinsicht will-
kommen hieß. Unter den schriftlichen Sachen, die er
vorläufig aus Larkens's Nachlasse an sich gezogen,
befand sich zufälliger Weise ein dünner, italienischer
Quartband, die Rosemonde des Ruccelai ent-
haltend, wovon ihm der Schauspieler, theils wegen
der Seltenheit der alten ursprünglichen Venetianer-
Ausgabe, theils weil eine angenehme Erinnerung für
ihn dabei war, vormals mit besonderer Liebe gespro-
chen und gelegentlich erzählt hatte, daß er als fünf-
zehnjähriger Knabe das Buch aus der Sammlung
eines Großonkels nebst einigen andern Werken ver-

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wehrkammer ihres Vaters, worin er wirklich Stun-
den lang verweilte. Gewiß aber war auch weit und
breit eine ſolche Sammlung nicht anzutreffen. Ge-
wehre aller Art, vom erſten Anfang dieſer Erfindung
bis zu den neueſten Formen des engliſchen und franzöſi-
ſchen Kunſtfleißes, konnte man hier auf’s Schönſte
geordnet in fünf hohen Glaskäſten ſehen. Die Freunde
bemerkten mit Lächeln, wie Nolten jedes Mal eine
andere Flinte für ſich ausſuchte, denn mit jeder hoffte
er glücklicher zu ſeyn, und endlich griff er gar nach
einem alten türkiſchen Geſchoß, welches zwar prächtig
und gut, doch für den Zweck nicht paſſend und deß-
halb von dem ſchlechteſten Erfolg begleitet war.

Beſonders angenehm erſchienen immer nach dem
Abendeſſen die ruhigen gemeinſchaftlichen Leſeſtunden.
Der Maler hatte Anfangs unmaßgeblich eine Lektüre
vorgeſchlagen, welche man in doppelter Hinſicht will-
kommen hieß. Unter den ſchriftlichen Sachen, die er
vorläufig aus Larkens’s Nachlaſſe an ſich gezogen,
befand ſich zufälliger Weiſe ein dünner, italieniſcher
Quartband, die Roſemonde des Ruccelai ent-
haltend, wovon ihm der Schauſpieler, theils wegen
der Seltenheit der alten urſprünglichen Venetianer-
Ausgabe, theils weil eine angenehme Erinnerung für
ihn dabei war, vormals mit beſonderer Liebe geſpro-
chen und gelegentlich erzählt hatte, daß er als fünf-
zehnjähriger Knabe das Buch aus der Sammlung
eines Großonkels nebſt einigen andern Werken ver-

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[545/0231] wehrkammer ihres Vaters, worin er wirklich Stun- den lang verweilte. Gewiß aber war auch weit und breit eine ſolche Sammlung nicht anzutreffen. Ge- wehre aller Art, vom erſten Anfang dieſer Erfindung bis zu den neueſten Formen des engliſchen und franzöſi- ſchen Kunſtfleißes, konnte man hier auf’s Schönſte geordnet in fünf hohen Glaskäſten ſehen. Die Freunde bemerkten mit Lächeln, wie Nolten jedes Mal eine andere Flinte für ſich ausſuchte, denn mit jeder hoffte er glücklicher zu ſeyn, und endlich griff er gar nach einem alten türkiſchen Geſchoß, welches zwar prächtig und gut, doch für den Zweck nicht paſſend und deß- halb von dem ſchlechteſten Erfolg begleitet war. Beſonders angenehm erſchienen immer nach dem Abendeſſen die ruhigen gemeinſchaftlichen Leſeſtunden. Der Maler hatte Anfangs unmaßgeblich eine Lektüre vorgeſchlagen, welche man in doppelter Hinſicht will- kommen hieß. Unter den ſchriftlichen Sachen, die er vorläufig aus Larkens’s Nachlaſſe an ſich gezogen, befand ſich zufälliger Weiſe ein dünner, italieniſcher Quartband, die Roſemonde des Ruccelai ent- haltend, wovon ihm der Schauſpieler, theils wegen der Seltenheit der alten urſprünglichen Venetianer- Ausgabe, theils weil eine angenehme Erinnerung für ihn dabei war, vormals mit beſonderer Liebe geſpro- chen und gelegentlich erzählt hatte, daß er als fünf- zehnjähriger Knabe das Buch aus der Sammlung eines Großonkels nebſt einigen andern Werken ver- 35

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/231>, abgerufen am 21.11.2024.