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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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führte! Nur eine Heilige, wie Agnes, wird mit Kin-
derhänden den wunderbaren Schleier lüpfen, der über
Ihrem Schicksal liegt. In diesem herrlichen Geschöpf
fürwahr ist Ihnen die Befriedigung Ihres höchsten
Strebens aufbehalten. -- Leben Sie wohl! wohl!
Ach aus dem tiefsten Grund der Seele wünsch' ich,
fleh ich, es möge Ihnen wohl ergehen. Welch einen
Trost ich darin für mich suche, ahnet Ihnen kaum.
Und dürft' ich nur Einmal im Leben Agnesen um-
armen, den Engel, den ich preise! Sie ist die Glück-
lichste auf Erden, ich aber bin die Erste, die dieses
Glück ihr gönnt. Lebt Beide wohl, ihr Theuren, und
laßt mich Aermste für Euch beten."


Wir lassen nun über dem bisherigen Schauplatze
von Noltens Leben den Vorhang fallen, und wenn
er jezt sich auf's Neue hebt, so treffen wir den Maler
bereits seit zweien Tagen auf der Reise begriffen.
Wohin er seinen Weg nehme, fragen wir nicht erst.
Wir denken uns übrigens wohl, daß eben nicht die
leidenschaftliche Wonne des Liebhabers, wie man sie
sonst bei solchen Fahrten zu schildern gewohnt ist, auch
nicht die bloße kühle Pflicht es sey, was ihn nach Neu-
burg
führt; es ist vielmehr eine stille Nothwendig-
keit, die ihn ein Glück nur leise hoffen heißt, welches
leider jezt noch ein sehr ungewisses für ihn ist. Denn
eigentlich weiß er selbst nicht, wie Alles werden und

führte! Nur eine Heilige, wie Agnes, wird mit Kin-
derhänden den wunderbaren Schleier lüpfen, der über
Ihrem Schickſal liegt. In dieſem herrlichen Geſchöpf
fürwahr iſt Ihnen die Befriedigung Ihres höchſten
Strebens aufbehalten. — Leben Sie wohl! wohl!
Ach aus dem tiefſten Grund der Seele wünſch’ ich,
fleh ich, es möge Ihnen wohl ergehen. Welch einen
Troſt ich darin für mich ſuche, ahnet Ihnen kaum.
Und dürft’ ich nur Einmal im Leben Agneſen um-
armen, den Engel, den ich preiſe! Sie iſt die Glück-
lichſte auf Erden, ich aber bin die Erſte, die dieſes
Glück ihr gönnt. Lebt Beide wohl, ihr Theuren, und
laßt mich Aermſte für Euch beten.“


Wir laſſen nun über dem bisherigen Schauplatze
von Noltens Leben den Vorhang fallen, und wenn
er jezt ſich auf’s Neue hebt, ſo treffen wir den Maler
bereits ſeit zweien Tagen auf der Reiſe begriffen.
Wohin er ſeinen Weg nehme, fragen wir nicht erſt.
Wir denken uns übrigens wohl, daß eben nicht die
leidenſchaftliche Wonne des Liebhabers, wie man ſie
ſonſt bei ſolchen Fahrten zu ſchildern gewohnt iſt, auch
nicht die bloße kühle Pflicht es ſey, was ihn nach Neu-
burg
führt; es iſt vielmehr eine ſtille Nothwendig-
keit, die ihn ein Glück nur leiſe hoffen heißt, welches
leider jezt noch ein ſehr ungewiſſes für ihn iſt. Denn
eigentlich weiß er ſelbſt nicht, wie Alles werden und

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[392/0078] führte! Nur eine Heilige, wie Agnes, wird mit Kin- derhänden den wunderbaren Schleier lüpfen, der über Ihrem Schickſal liegt. In dieſem herrlichen Geſchöpf fürwahr iſt Ihnen die Befriedigung Ihres höchſten Strebens aufbehalten. — Leben Sie wohl! wohl! Ach aus dem tiefſten Grund der Seele wünſch’ ich, fleh ich, es möge Ihnen wohl ergehen. Welch einen Troſt ich darin für mich ſuche, ahnet Ihnen kaum. Und dürft’ ich nur Einmal im Leben Agneſen um- armen, den Engel, den ich preiſe! Sie iſt die Glück- lichſte auf Erden, ich aber bin die Erſte, die dieſes Glück ihr gönnt. Lebt Beide wohl, ihr Theuren, und laßt mich Aermſte für Euch beten.“ Wir laſſen nun über dem bisherigen Schauplatze von Noltens Leben den Vorhang fallen, und wenn er jezt ſich auf’s Neue hebt, ſo treffen wir den Maler bereits ſeit zweien Tagen auf der Reiſe begriffen. Wohin er ſeinen Weg nehme, fragen wir nicht erſt. Wir denken uns übrigens wohl, daß eben nicht die leidenſchaftliche Wonne des Liebhabers, wie man ſie ſonſt bei ſolchen Fahrten zu ſchildern gewohnt iſt, auch nicht die bloße kühle Pflicht es ſey, was ihn nach Neu- burg führt; es iſt vielmehr eine ſtille Nothwendig- keit, die ihn ein Glück nur leiſe hoffen heißt, welches leider jezt noch ein ſehr ungewiſſes für ihn iſt. Denn eigentlich weiß er ſelbſt nicht, wie Alles werden und

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/78>, abgerufen am 21.11.2024.