Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.jährlich nach Hollandgehen; wird bejahet. Schuhschnallen. Versäuerte Schafmilch ist ihr Futter; undihre Gesichtsfarbe nichts röther als die unsrige. Wenn dort der Wirth seinem Knechte nicht den Lohn geben will was er fordert: so wird er Soldat; und hier geht er nach Holland. Uebrigens bleibt es allemal eine ewige Wahrheit, daß XVI. Von dem moralischen Gesichtspunkt. Können Sie mir ein einziges schönes Stück aus der phy- Ein-
jaͤhrlich nach Hollandgehen; wird bejahet. Schuhſchnallen. Verſaͤuerte Schafmilch iſt ihr Futter; undihre Geſichtsfarbe nichts roͤther als die unſrige. Wenn dort der Wirth ſeinem Knechte nicht den Lohn geben will was er fordert: ſo wird er Soldat; und hier geht er nach Holland. Uebrigens bleibt es allemal eine ewige Wahrheit, daß XVI. Von dem moraliſchen Geſichtspunkt. Koͤnnen Sie mir ein einziges ſchoͤnes Stuͤck aus der phy- Ein-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0127" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">jaͤhrlich nach Hollandgehen; wird bejahet.</hi></fw><lb/> Schuhſchnallen. Verſaͤuerte Schafmilch iſt ihr Futter; und<lb/> ihre Geſichtsfarbe nichts roͤther als die unſrige. Wenn dort<lb/> der Wirth ſeinem Knechte nicht den Lohn geben will was er<lb/> fordert: ſo wird er Soldat; und hier geht er nach Holland.</p><lb/> <p>Uebrigens bleibt es allemal eine ewige Wahrheit, daß<lb/> es beſſer ſeyn wuͤrde, wenn alle Landeseinwohner zu Hauſe<lb/> blieben, und dort eben ſo viel, oder doch nicht viel weniger<lb/> verdienten. Bis dahin aber den Leuten dieſe Mittel zum Er-<lb/> werb verſchaffet werden, iſt es am ſicherſten, ſie nicht zu ſtoͤ-<lb/> ren. Kein einziger wird ſo unvernuͤnftig ſeyn, in Holland<lb/> auf der Heufime unterm blauen Himmel zu ſchlafen, und ſein<lb/> ſchwarzes Brod mit Waddike zu eſſen, wenn er zu Hauſe nur<lb/> Dach und Stroh, und Brod und Milch haben, und eben ſo<lb/> viel als in Holland verdienen kann. Wie ſtark muͤſſen die<lb/> Bewegungsgruͤnde dieſer Leute ſeyn, wenn ſie bey ſolchem Un-<lb/> gemach Geſundheit und Leben wagen? Und darf der Geſetz-<lb/> geber hoffen, ſie auf andre Art als durch ein beſſeres Auskom-<lb/> men davon zuruͤck zu bringen?</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XVI.</hi><lb/> Von dem moraliſchen Geſichtspunkt.</hi> </head><lb/> <p>Koͤnnen Sie mir ein einziges ſchoͤnes Stuͤck aus der phy-<lb/> ſikaliſchen Welt nennen, welches unter dem Microſco-<lb/> pio ſeine vorige Schoͤnheit behielte? Bekoͤmmt nicht die<lb/> ſchoͤnſte Haut Huͤgel und Furchen; die feinſte Wange ei-<lb/> nen fuͤrchterlichen Schimmel; und die Roſe eine ganz<lb/> falſche Farbe? Es hat alſo jede Sache <hi rendition="#fr">ihren Geſichts-<lb/> punkt,</hi> worinn ſie allein ſchoͤn iſt; und ſo bald ſie dieſen<lb/> veraͤndern; ſo bald ſie mit dem anatomiſchen Meſſer in das<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ein-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0127]
jaͤhrlich nach Hollandgehen; wird bejahet.
Schuhſchnallen. Verſaͤuerte Schafmilch iſt ihr Futter; und
ihre Geſichtsfarbe nichts roͤther als die unſrige. Wenn dort
der Wirth ſeinem Knechte nicht den Lohn geben will was er
fordert: ſo wird er Soldat; und hier geht er nach Holland.
Uebrigens bleibt es allemal eine ewige Wahrheit, daß
es beſſer ſeyn wuͤrde, wenn alle Landeseinwohner zu Hauſe
blieben, und dort eben ſo viel, oder doch nicht viel weniger
verdienten. Bis dahin aber den Leuten dieſe Mittel zum Er-
werb verſchaffet werden, iſt es am ſicherſten, ſie nicht zu ſtoͤ-
ren. Kein einziger wird ſo unvernuͤnftig ſeyn, in Holland
auf der Heufime unterm blauen Himmel zu ſchlafen, und ſein
ſchwarzes Brod mit Waddike zu eſſen, wenn er zu Hauſe nur
Dach und Stroh, und Brod und Milch haben, und eben ſo
viel als in Holland verdienen kann. Wie ſtark muͤſſen die
Bewegungsgruͤnde dieſer Leute ſeyn, wenn ſie bey ſolchem Un-
gemach Geſundheit und Leben wagen? Und darf der Geſetz-
geber hoffen, ſie auf andre Art als durch ein beſſeres Auskom-
men davon zuruͤck zu bringen?
XVI.
Von dem moraliſchen Geſichtspunkt.
Koͤnnen Sie mir ein einziges ſchoͤnes Stuͤck aus der phy-
ſikaliſchen Welt nennen, welches unter dem Microſco-
pio ſeine vorige Schoͤnheit behielte? Bekoͤmmt nicht die
ſchoͤnſte Haut Huͤgel und Furchen; die feinſte Wange ei-
nen fuͤrchterlichen Schimmel; und die Roſe eine ganz
falſche Farbe? Es hat alſo jede Sache ihren Geſichts-
punkt, worinn ſie allein ſchoͤn iſt; und ſo bald ſie dieſen
veraͤndern; ſo bald ſie mit dem anatomiſchen Meſſer in das
Ein-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |