Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Die allerliebste Braut. zückt über die vorzügliche Geschicklichkeit ihrer Weiber undTöchter, und bliesen sich von dem Lobe auf, welches diese er- hielten und verdienten. Diese Umstände bewogen mich, da ich noch klein war, meine Eltern zu bitten, mich doch auch so etwas lernen zu lassen, und in einigen Jahren brachte ich es so weit, daß ich mein Brod auf zehnerley Art hätte verdienen wollen. Und so habe ich auch meine Mädgen erzogen. Solte ihnen Gott ein Unglück zuschicken: so sind sie gewiß im Stande sich mit ihrer Hände Arbeit zu ernähren. Wenn ich ihnen das Werkzeug dazu gäbe: so solten sie mir Uhren machen. So kunstmäßig ist ihr Gefühl durch eine beständige Uebung in allerley Arbeiten geworden. Ich bewunderte die alte Frau, die ob sie gleich den Kopf es J 3
Die allerliebſte Braut. zuͤckt uͤber die vorzuͤgliche Geſchicklichkeit ihrer Weiber undToͤchter, und blieſen ſich von dem Lobe auf, welches dieſe er- hielten und verdienten. Dieſe Umſtaͤnde bewogen mich, da ich noch klein war, meine Eltern zu bitten, mich doch auch ſo etwas lernen zu laſſen, und in einigen Jahren brachte ich es ſo weit, daß ich mein Brod auf zehnerley Art haͤtte verdienen wollen. Und ſo habe ich auch meine Maͤdgen erzogen. Solte ihnen Gott ein Ungluͤck zuſchicken: ſo ſind ſie gewiß im Stande ſich mit ihrer Haͤnde Arbeit zu ernaͤhren. Wenn ich ihnen das Werkzeug dazu gaͤbe: ſo ſolten ſie mir Uhren machen. So kunſtmaͤßig iſt ihr Gefuͤhl durch eine beſtaͤndige Uebung in allerley Arbeiten geworden. Ich bewunderte die alte Frau, die ob ſie gleich den Kopf es J 3
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Die allerliebſte Braut.
zuͤckt uͤber die vorzuͤgliche Geſchicklichkeit ihrer Weiber und
Toͤchter, und blieſen ſich von dem Lobe auf, welches dieſe er-
hielten und verdienten. Dieſe Umſtaͤnde bewogen mich, da
ich noch klein war, meine Eltern zu bitten, mich doch auch ſo
etwas lernen zu laſſen, und in einigen Jahren brachte ich es
ſo weit, daß ich mein Brod auf zehnerley Art haͤtte verdienen
wollen. Und ſo habe ich auch meine Maͤdgen erzogen. Solte
ihnen Gott ein Ungluͤck zuſchicken: ſo ſind ſie gewiß im Stande
ſich mit ihrer Haͤnde Arbeit zu ernaͤhren. Wenn ich ihnen
das Werkzeug dazu gaͤbe: ſo ſolten ſie mir Uhren machen. So
kunſtmaͤßig iſt ihr Gefuͤhl durch eine beſtaͤndige Uebung in
allerley Arbeiten geworden.
Ich bewunderte die alte Frau, die ob ſie gleich den Kopf
nicht gerade, und den Leib nicht ſo einwerts hielt, wie es der
franzoͤſiſche Tanzmeiſter den guten Dentſchen ohne Unterſcheid
befiehlt, meine ganze Hochachtung erhielt; und ich verſprach
mir von ihrer Tochter, die waͤhrend dieſer Rede immer fort-
webte, daß ſie eine eben ſo gute Mutter fuͤr meine Kinder ſeyn
wuͤrde. Die Mutter befahl ihr aufzuſtehen, und mir das
letzte Stuͤck Dammaſt zu zeigen, was ſie von ihrem eigenen
Garn gewirkt haͤtte. Flugs war ſie bey der Hand, und
brachte es ihrer Mutter mit einer Zuverſicht, die meines Bey-
falls gewiß war. Erſtere zeigte mir zugleich die Spitze, die
ihre Tochter vor der Muͤtze hatte, mit dem beyfuͤgen, daß
Muſter und Arbeit von ihr waͤren. Allein, fuͤgte ſie hinzu,
dergleichen Arbeit erlaube ich ihnen nur zu ihrer Veraͤnderung
in den Feyerſtunden. Durch die Groͤße der Ordnung, durch
ihre Fertigkeit, und durch die Aufmerkſamkeit, womit ſie jedes
kleine Uebel in der Geburt erſticken, gewinnen ſie ſich Zeit
genug. Sie duͤrfen mir kein Wurmloch ins Holz kommen
laſſen, oder ich ſchmaͤle, und erlaube ihnen den ganzen Tag
keine Feyerſtunde zu ihrer eigenen Arbeit. Eben ſo halte ich
es
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