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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Von dem Verfall des Handwerks
Mann beliehen wurde, der dafür die auf diesen Aeckern haf-
tende gemeine Reichs- und Landesvertheydigung ausrichtete.
Wo sie nun dieses Korn nicht mehr entrichten, da haben sie
solches mit baarem Gelde ausgekauft; und sie geniessen dieses
ihres Kaufs mit Rechte. Hiernächst sind nach geschlossenen
Originalcontrakt für jede Stadt weitläufige Landwehren und
Wahrthürme hinzugekommen, deren Unterhaltung und Be-
satzung die Stelle derjenigen gemeinen Vertheydigung vertritt,
welche aus der Feldmark, ehe sie der Stadt zugestanden wurde,
erfolgte. Allenfals aber muß man ihr den Acker nehmen und
sie auf ihre ursprüngliche Verfassung von neuen einschränken.

Man wird zweytens sagen; die Städte könnten jetzt
Wälle und Mauren, Landwehren und Wahrthürme eingehen
lassen, auch ihre Wachen abschaffen, da man jetzt das eine
so wenig als das andere zur gemeinen Vertheydigung weiter
gebrauche; und so wäre es nicht unbillig, wenn die alten
Markkötter wieder zu den Amtswachten, zum Rauchschatze
und zu andern gemeinen Auflagen gezogen oder aber die ihnen
zugestandene Accisegelder zur gemeinen Landesvertheydigung
verwendet würden. Allein nicht zu gedenken, daß das letztere
in vielen Ländern, wiewohl nicht durch einen philosophischen
Schluß, würklich geschehen; und daß man mit diesem Ein-
wurfe alle Lehngüter, da die Lehnleute auch nicht mehr die-
nen, aufheben, und viele andre geist- und weltliche Privile-
gien, die unter andern Umständen und Bedingungen gegeben
sind, wieder einziehen könnte: so stehen die den Städten von
Reichswegen obliegender Quartier- und Winterquartierslasten,
so wie die von ihnen für das Land übernommenen Einquar-
tierungen und viele andre mit ihrer Verfassung verknüpfte
Lasten, noch immer mit ihren Gründen in keiner Verhältniß;
und so lange der Landmann so wenig seinen Kopf als sein Ver-
mögen zur gemeinen Vertheydigung versteuret, muß auch der

Ein-

Von dem Verfall des Handwerks
Mann beliehen wurde, der dafuͤr die auf dieſen Aeckern haf-
tende gemeine Reichs- und Landesvertheydigung ausrichtete.
Wo ſie nun dieſes Korn nicht mehr entrichten, da haben ſie
ſolches mit baarem Gelde ausgekauft; und ſie genieſſen dieſes
ihres Kaufs mit Rechte. Hiernaͤchſt ſind nach geſchloſſenen
Originalcontrakt fuͤr jede Stadt weitlaͤufige Landwehren und
Wahrthuͤrme hinzugekommen, deren Unterhaltung und Be-
ſatzung die Stelle derjenigen gemeinen Vertheydigung vertritt,
welche aus der Feldmark, ehe ſie der Stadt zugeſtanden wurde,
erfolgte. Allenfals aber muß man ihr den Acker nehmen und
ſie auf ihre urſpruͤngliche Verfaſſung von neuen einſchraͤnken.

Man wird zweytens ſagen; die Staͤdte koͤnnten jetzt
Waͤlle und Mauren, Landwehren und Wahrthuͤrme eingehen
laſſen, auch ihre Wachen abſchaffen, da man jetzt das eine
ſo wenig als das andere zur gemeinen Vertheydigung weiter
gebrauche; und ſo waͤre es nicht unbillig, wenn die alten
Markkoͤtter wieder zu den Amtswachten, zum Rauchſchatze
und zu andern gemeinen Auflagen gezogen oder aber die ihnen
zugeſtandene Acciſegelder zur gemeinen Landesvertheydigung
verwendet wuͤrden. Allein nicht zu gedenken, daß das letztere
in vielen Laͤndern, wiewohl nicht durch einen philoſophiſchen
Schluß, wuͤrklich geſchehen; und daß man mit dieſem Ein-
wurfe alle Lehnguͤter, da die Lehnleute auch nicht mehr die-
nen, aufheben, und viele andre geiſt- und weltliche Privile-
gien, die unter andern Umſtaͤnden und Bedingungen gegeben
ſind, wieder einziehen koͤnnte: ſo ſtehen die den Staͤdten von
Reichswegen obliegender Quartier- und Winterquartierslaſten,
ſo wie die von ihnen fuͤr das Land uͤbernommenen Einquar-
tierungen und viele andre mit ihrer Verfaſſung verknuͤpfte
Laſten, noch immer mit ihren Gründen in keiner Verhaͤltniß;
und ſo lange der Landmann ſo wenig ſeinen Kopf als ſein Ver-
moͤgen zur gemeinen Vertheydigung verſteuret, muß auch der

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[192/0210] Von dem Verfall des Handwerks Mann beliehen wurde, der dafuͤr die auf dieſen Aeckern haf- tende gemeine Reichs- und Landesvertheydigung ausrichtete. Wo ſie nun dieſes Korn nicht mehr entrichten, da haben ſie ſolches mit baarem Gelde ausgekauft; und ſie genieſſen dieſes ihres Kaufs mit Rechte. Hiernaͤchſt ſind nach geſchloſſenen Originalcontrakt fuͤr jede Stadt weitlaͤufige Landwehren und Wahrthuͤrme hinzugekommen, deren Unterhaltung und Be- ſatzung die Stelle derjenigen gemeinen Vertheydigung vertritt, welche aus der Feldmark, ehe ſie der Stadt zugeſtanden wurde, erfolgte. Allenfals aber muß man ihr den Acker nehmen und ſie auf ihre urſpruͤngliche Verfaſſung von neuen einſchraͤnken. Man wird zweytens ſagen; die Staͤdte koͤnnten jetzt Waͤlle und Mauren, Landwehren und Wahrthuͤrme eingehen laſſen, auch ihre Wachen abſchaffen, da man jetzt das eine ſo wenig als das andere zur gemeinen Vertheydigung weiter gebrauche; und ſo waͤre es nicht unbillig, wenn die alten Markkoͤtter wieder zu den Amtswachten, zum Rauchſchatze und zu andern gemeinen Auflagen gezogen oder aber die ihnen zugeſtandene Acciſegelder zur gemeinen Landesvertheydigung verwendet wuͤrden. Allein nicht zu gedenken, daß das letztere in vielen Laͤndern, wiewohl nicht durch einen philoſophiſchen Schluß, wuͤrklich geſchehen; und daß man mit dieſem Ein- wurfe alle Lehnguͤter, da die Lehnleute auch nicht mehr die- nen, aufheben, und viele andre geiſt- und weltliche Privile- gien, die unter andern Umſtaͤnden und Bedingungen gegeben ſind, wieder einziehen koͤnnte: ſo ſtehen die den Staͤdten von Reichswegen obliegender Quartier- und Winterquartierslaſten, ſo wie die von ihnen fuͤr das Land uͤbernommenen Einquar- tierungen und viele andre mit ihrer Verfaſſung verknuͤpfte Laſten, noch immer mit ihren Gründen in keiner Verhaͤltniß; und ſo lange der Landmann ſo wenig ſeinen Kopf als ſein Ver- moͤgen zur gemeinen Vertheydigung verſteuret, muß auch der Ein-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/210>, abgerufen am 21.11.2024.