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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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wie unsre Vorfahren die Proc. abgekürzet haben.
Civil- als Criminaljurisdiction anvertrauet war; a) und die,
wie wohl zu merken, von keiner höhern weltlichen Macht be-
stellet oder besoldet wurden, indem sie ihr geistliches Ober-
haupt selbst durch die Mehrheit der Stimmen wählten, und
wann die Stimmen gleich waren, zum Zeichen ihrer völligen
Unabhängigkeit die Sache mit dem Degen ausmachten. b)

Diese Druiden, an deren Stellen von dem ersten Mo-
narchen besoldete Richter oder Grafen (comites) angeordnet
wurden, mögen zwar auch bisweilen zwey streitende Partheyen
so auseinander gesetzt haben, daß eine gleiche Zahl von beyden
Seiten erwählter Schöpfen, das Urtheil mit ihrem Eide oder
mit ihrem Degen, oder mit Reiten zwischen Herford und
Bielefeld haben finden müssen. Allein im Grunde scheinen
sie vieles auch durch ihre eigne Weisheit entschieden zu haben,
indem sie die gelehrtesten Leute ihrer Zeit waren, und über
20 Jahr studieren mußten. Ihre Weißheit war aber bey
vorangeführten Umständen lange nicht so gefährlich als die
Weißheit solcher Richter, welche von der höchsten Macht im
Staate angenommen und erlassen werden können. Zudem
wußten sie die große Kunst ihre Weißheit in ein Gottesurtheil
zu verhüllen, und die Partheyen gleichsam mit Orakeln schei-

den.
a) Fere de omnibus controversiis publicis privatisque
Druidae constituunt & si quod est admissum facinus,
si caedes facta, si de hereditate de finibus contro-
versia, iidem decernunt praemia, poenasque consti-
tuunt. Caes:
b) Druidibus praeest unus qui summam inter eos habet
autoritatem. Hoc mortuo, si quis ex reliquis ex-
cellit dignitate succedit aut si sunt pares plures suf-
fragio Druidum adlegitur. Nonnunquam etiam de
principatu armis contendunt.

wie unſre Vorfahren die Proc. abgekuͤrzet haben.
Civil- als Criminaljurisdiction anvertrauet war; a) und die,
wie wohl zu merken, von keiner hoͤhern weltlichen Macht be-
ſtellet oder beſoldet wurden, indem ſie ihr geiſtliches Ober-
haupt ſelbſt durch die Mehrheit der Stimmen waͤhlten, und
wann die Stimmen gleich waren, zum Zeichen ihrer voͤlligen
Unabhaͤngigkeit die Sache mit dem Degen ausmachten. b)

Dieſe Druiden, an deren Stellen von dem erſten Mo-
narchen beſoldete Richter oder Grafen (comites) angeordnet
wurden, moͤgen zwar auch bisweilen zwey ſtreitende Partheyen
ſo auseinander geſetzt haben, daß eine gleiche Zahl von beyden
Seiten erwaͤhlter Schoͤpfen, das Urtheil mit ihrem Eide oder
mit ihrem Degen, oder mit Reiten zwiſchen Herford und
Bielefeld haben finden muͤſſen. Allein im Grunde ſcheinen
ſie vieles auch durch ihre eigne Weisheit entſchieden zu haben,
indem ſie die gelehrteſten Leute ihrer Zeit waren, und uͤber
20 Jahr ſtudieren mußten. Ihre Weißheit war aber bey
vorangefuͤhrten Umſtaͤnden lange nicht ſo gefaͤhrlich als die
Weißheit ſolcher Richter, welche von der hoͤchſten Macht im
Staate angenommen und erlaſſen werden koͤnnen. Zudem
wußten ſie die große Kunſt ihre Weißheit in ein Gottesurtheil
zu verhuͤllen, und die Partheyen gleichſam mit Orakeln ſchei-

den.
a) Fere de omnibus controverſiis publicis privatisque
Druidae conſtituunt & ſi quod eſt admiſſum facinus,
ſi caedes facta, ſi de hereditate de finibus contro-
verſia, iidem decernunt praemia, poenasque conſti-
tuunt. Caeſ:
b) Druidibus praeeſt unus qui ſummam inter eos habet
autoritatem. Hoc mortuo, ſi quis ex reliquis ex-
cellit dignitate ſuccedit aut ſi ſunt pares plures ſuf-
fragio Druidum adlegitur. Nonnunquam etiam de
principatu armis contendunt.
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[303/0321] wie unſre Vorfahren die Proc. abgekuͤrzet haben. Civil- als Criminaljurisdiction anvertrauet war; a) und die, wie wohl zu merken, von keiner hoͤhern weltlichen Macht be- ſtellet oder beſoldet wurden, indem ſie ihr geiſtliches Ober- haupt ſelbſt durch die Mehrheit der Stimmen waͤhlten, und wann die Stimmen gleich waren, zum Zeichen ihrer voͤlligen Unabhaͤngigkeit die Sache mit dem Degen ausmachten. b) Dieſe Druiden, an deren Stellen von dem erſten Mo- narchen beſoldete Richter oder Grafen (comites) angeordnet wurden, moͤgen zwar auch bisweilen zwey ſtreitende Partheyen ſo auseinander geſetzt haben, daß eine gleiche Zahl von beyden Seiten erwaͤhlter Schoͤpfen, das Urtheil mit ihrem Eide oder mit ihrem Degen, oder mit Reiten zwiſchen Herford und Bielefeld haben finden muͤſſen. Allein im Grunde ſcheinen ſie vieles auch durch ihre eigne Weisheit entſchieden zu haben, indem ſie die gelehrteſten Leute ihrer Zeit waren, und uͤber 20 Jahr ſtudieren mußten. Ihre Weißheit war aber bey vorangefuͤhrten Umſtaͤnden lange nicht ſo gefaͤhrlich als die Weißheit ſolcher Richter, welche von der hoͤchſten Macht im Staate angenommen und erlaſſen werden koͤnnen. Zudem wußten ſie die große Kunſt ihre Weißheit in ein Gottesurtheil zu verhuͤllen, und die Partheyen gleichſam mit Orakeln ſchei- den. a) Fere de omnibus controverſiis publicis privatisque Druidae conſtituunt & ſi quod eſt admiſſum facinus, ſi caedes facta, ſi de hereditate de finibus contro- verſia, iidem decernunt praemia, poenasque conſti- tuunt. Caeſ: b) Druidibus praeeſt unus qui ſummam inter eos habet autoritatem. Hoc mortuo, ſi quis ex reliquis ex- cellit dignitate ſuccedit aut ſi ſunt pares plures ſuf- fragio Druidum adlegitur. Nonnunquam etiam de principatu armis contendunt.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/321>, abgerufen am 22.11.2024.