Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Colonisten in Westphalen zu ziehen. gen die Saat legen, ohne daß diese sich niederbeugt; wohin-gegen dieselbe in hiesigen schlechtesten Gegenden keinen Peit- schenstiel wiedersteht. In jenen Gegenden futtern vier Pfund Stroh so stark In jenen Gegenden stürzt man auf einmal funfzig Fu- Dort futtert man das ganze Jahr sein Vieh auf dem Dort fähret der Landmann seinen Strohmist mit einen Diese Erfahrungen kann niemand leugnen, der beyde Scla- Y 5
Coloniſten in Weſtphalen zu ziehen. gen die Saat legen, ohne daß dieſe ſich niederbeugt; wohin-gegen dieſelbe in hieſigen ſchlechteſten Gegenden keinen Peit- ſchenſtiel wiederſteht. In jenen Gegenden futtern vier Pfund Stroh ſo ſtark In jenen Gegenden ſtuͤrzt man auf einmal funfzig Fu- Dort futtert man das ganze Jahr ſein Vieh auf dem Dort faͤhret der Landmann ſeinen Strohmiſt mit einen Dieſe Erfahrungen kann niemand leugnen, der beyde Scla- Y 5
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Coloniſten in Weſtphalen zu ziehen.
gen die Saat legen, ohne daß dieſe ſich niederbeugt; wohin-
gegen dieſelbe in hieſigen ſchlechteſten Gegenden keinen Peit-
ſchenſtiel wiederſteht.
In jenen Gegenden futtern vier Pfund Stroh ſo ſtark
und beſſer als hier ſechs, und alle Futterung hat dort um ein
Drittel mehr Wuͤrze. Das Vieh frißt um ein Drittel we-
niger und molkt um die Haͤlfte beſſer.
In jenen Gegenden ſtuͤrzt man auf einmal funfzig Fu-
der Stroh in den Miſt, um nur Duͤnger zu bekommen; in
den hieſigen hat der beſte Wirth ſelten mehr Stroh als er zur
Futterung und zum Streuen gebraucht; und der ſchlechteſte
hat kaum die Nothdurft zur Futterung; zum Streuen muß er
Heide, Laub und Raſen oder Plaggen gebrauchen.
Dort futtert man das ganze Jahr ſein Vieh auf dem
Stalle, weil man Stroh und zwar kraͤftiges Stroh hat; an-
ſtatt daß man hier an den ſchlechteſten Orten dem Viehe ſchon
den Schnee auflecken laͤßt, weil es auch am magern Strohe
gebricht.
Dort faͤhret der Landmann ſeinen Strohmiſt mit einen
langen Wagen vom Hofe auf den Acker; hier muß er ihn von
der Heide erſt muͤhſam abnarben, muͤhſam zuſammen fahren,
ſeinen Miſt dazwiſchen legen, und hernach mit kurzen Wagen
aufs Land bringen.
Dieſe Erfahrungen kann niemand leugnen, der beyde
Gegenden verglichen hat; und die unſtreitige Folge davon iſt,
daß der Heidewohner mit dreyfacher Arbeit von Menſchen
und Pferden, von einem dreyfach groͤßern Boden dasjenige
nicht gewinne, was in jenen Gegenden der Landmann mit
dem Drittel Arbeit und auf einen Drittel deſſelben Bodens
gewinnet. Die Natur macht den Mann auf der Heide zum
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