Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Schreiben über ein Project unserer Nachbaren
gen aus Holzungen und wilden Gegenden gekommen, so den
Colonisten bey seinen ersten Anbau unterstützen müssen.

Das fruchtbare Jamaica bot seinen Colonisten ganze
Wälder von den besten fremden Holzarten, als Cedern, Ma-
hagoni, China und andern, so die Künstler und Materiali-
sten in Menge gebrauchen, ohne die geringste Mühe dar.
Es hatte eine Menge von wilden Gewächsen zu Oel, Rum,
Farben, Gewürzen und dergleichen Specereyen, womit die
Natur die neuen Anbauer beschenkte. Der Boden in Caro-
lina bringt den wilden Indigo und die schönste Futterung
vor allerley Arten von Vieh, Reis mit weniger Düngung,
und Fichten zu Terpentin, Theer und Pech in unerschöpfli-
cher Menge hervor. Virginien trägt Weizen und Toback;
und versorgt seine Colonisten mit Wild und Fischen. Der
Zucker- und Caffeebau hebt andre Provinzien; und überall
leben die Colonisten, was Weide, Dünger und Brandholz
betrift, blos auf Kosten der Natur. Wenn in solchen Ge-
genden Colonien gerathen; und doch kann man von vielen
sagen, daß sie seit einiger Zeit mehr ab- als zugenommen ha-
ben: so ist es kein Wunder. Allein, daß einige zugemessene
Morgen schlechten Landes, eine magere Weide ein bisgen Torf,
und eine eingeschränkte ungewisse Freyheit Neubauer reizen,
ermuntern und erhalten soll, das ist zu viel gefordert. Die
Rede ist nicht von fabricirenden Colonien, welche sich auf
Handlung und Handwerk gründen sollen; sondern von Leu-
ten, die ihr Brod aus dem Boden und höchstens von ihren
körperlichen zu keinem Handwerke geübten Kräften ziehen sol-
len. Von diesen sage ich, daß sie nicht aus der Fremde her-
gezogen werden können.

Unser Stift hat seine Bevölkerung blos der Arbeit in
Holland zu danken. Dies ist das Capital, wovon sich die
Menge von Nebenwohnern ernähret; und wenn man ihnen

dieses

Schreiben uͤber ein Project unſerer Nachbaren
gen aus Holzungen und wilden Gegenden gekommen, ſo den
Coloniſten bey ſeinen erſten Anbau unterſtuͤtzen muͤſſen.

Das fruchtbare Jamaica bot ſeinen Coloniſten ganze
Waͤlder von den beſten fremden Holzarten, als Cedern, Ma-
hagoni, China und andern, ſo die Kuͤnſtler und Materiali-
ſten in Menge gebrauchen, ohne die geringſte Muͤhe dar.
Es hatte eine Menge von wilden Gewaͤchſen zu Oel, Rum,
Farben, Gewuͤrzen und dergleichen Specereyen, womit die
Natur die neuen Anbauer beſchenkte. Der Boden in Caro-
lina bringt den wilden Indigo und die ſchoͤnſte Futterung
vor allerley Arten von Vieh, Reis mit weniger Duͤngung,
und Fichten zu Terpentin, Theer und Pech in unerſchoͤpfli-
cher Menge hervor. Virginien traͤgt Weizen und Toback;
und verſorgt ſeine Coloniſten mit Wild und Fiſchen. Der
Zucker- und Caffeebau hebt andre Provinzien; und uͤberall
leben die Coloniſten, was Weide, Duͤnger und Brandholz
betrift, blos auf Koſten der Natur. Wenn in ſolchen Ge-
genden Colonien gerathen; und doch kann man von vielen
ſagen, daß ſie ſeit einiger Zeit mehr ab- als zugenommen ha-
ben: ſo iſt es kein Wunder. Allein, daß einige zugemeſſene
Morgen ſchlechten Landes, eine magere Weide ein bisgen Torf,
und eine eingeſchraͤnkte ungewiſſe Freyheit Neubauer reizen,
ermuntern und erhalten ſoll, das iſt zu viel gefordert. Die
Rede iſt nicht von fabricirenden Colonien, welche ſich auf
Handlung und Handwerk gruͤnden ſollen; ſondern von Leu-
ten, die ihr Brod aus dem Boden und hoͤchſtens von ihren
koͤrperlichen zu keinem Handwerke geuͤbten Kraͤften ziehen ſol-
len. Von dieſen ſage ich, daß ſie nicht aus der Fremde her-
gezogen werden koͤnnen.

Unſer Stift hat ſeine Bevoͤlkerung blos der Arbeit in
Holland zu danken. Dies iſt das Capital, wovon ſich die
Menge von Nebenwohnern ernaͤhret; und wenn man ihnen

dieſes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0366" n="348"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben u&#x0364;ber ein Project un&#x017F;erer Nachbaren</hi></fw><lb/>
gen aus Holzungen und wilden Gegenden gekommen, &#x017F;o den<lb/>
Coloni&#x017F;ten bey &#x017F;einen er&#x017F;ten Anbau unter&#x017F;tu&#x0364;tzen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Das fruchtbare Jamaica bot &#x017F;einen Coloni&#x017F;ten ganze<lb/>
Wa&#x0364;lder von den be&#x017F;ten fremden Holzarten, als Cedern, Ma-<lb/>
hagoni, China und andern, &#x017F;o die Ku&#x0364;n&#x017F;tler und Materiali-<lb/>
&#x017F;ten in Menge gebrauchen, ohne die gering&#x017F;te Mu&#x0364;he dar.<lb/>
Es hatte eine Menge von wilden Gewa&#x0364;ch&#x017F;en zu Oel, Rum,<lb/>
Farben, Gewu&#x0364;rzen und dergleichen Specereyen, womit die<lb/>
Natur die neuen Anbauer be&#x017F;chenkte. Der Boden in Caro-<lb/>
lina bringt den wilden Indigo und die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Futterung<lb/>
vor allerley Arten von Vieh, Reis mit weniger Du&#x0364;ngung,<lb/>
und Fichten zu Terpentin, Theer und Pech in uner&#x017F;cho&#x0364;pfli-<lb/>
cher Menge hervor. Virginien tra&#x0364;gt Weizen und Toback;<lb/>
und ver&#x017F;orgt &#x017F;eine Coloni&#x017F;ten mit Wild und Fi&#x017F;chen. Der<lb/>
Zucker- und Caffeebau hebt andre Provinzien; und u&#x0364;berall<lb/>
leben die Coloni&#x017F;ten, was Weide, Du&#x0364;nger und Brandholz<lb/>
betrift, blos auf Ko&#x017F;ten der Natur. Wenn in &#x017F;olchen Ge-<lb/>
genden Colonien gerathen; und doch kann man von vielen<lb/>
&#x017F;agen, daß &#x017F;ie &#x017F;eit einiger Zeit mehr ab- als zugenommen ha-<lb/>
ben: &#x017F;o i&#x017F;t es kein Wunder. Allein, daß einige zugeme&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Morgen &#x017F;chlechten Landes, eine magere Weide ein bisgen Torf,<lb/>
und eine einge&#x017F;chra&#x0364;nkte ungewi&#x017F;&#x017F;e Freyheit Neubauer reizen,<lb/>
ermuntern und erhalten &#x017F;oll, das i&#x017F;t zu viel gefordert. Die<lb/>
Rede i&#x017F;t nicht von fabricirenden Colonien, welche &#x017F;ich auf<lb/>
Handlung und Handwerk gru&#x0364;nden &#x017F;ollen; &#x017F;ondern von Leu-<lb/>
ten, die ihr Brod aus dem Boden und ho&#x0364;ch&#x017F;tens von ihren<lb/>
ko&#x0364;rperlichen zu keinem Handwerke geu&#x0364;bten Kra&#x0364;ften ziehen &#x017F;ol-<lb/>
len. Von die&#x017F;en &#x017F;age ich, daß &#x017F;ie nicht aus der Fremde her-<lb/>
gezogen werden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er Stift hat &#x017F;eine Bevo&#x0364;lkerung blos der Arbeit in<lb/>
Holland zu danken. Dies i&#x017F;t das Capital, wovon &#x017F;ich die<lb/>
Menge von Nebenwohnern erna&#x0364;hret; und wenn man ihnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;es</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0366] Schreiben uͤber ein Project unſerer Nachbaren gen aus Holzungen und wilden Gegenden gekommen, ſo den Coloniſten bey ſeinen erſten Anbau unterſtuͤtzen muͤſſen. Das fruchtbare Jamaica bot ſeinen Coloniſten ganze Waͤlder von den beſten fremden Holzarten, als Cedern, Ma- hagoni, China und andern, ſo die Kuͤnſtler und Materiali- ſten in Menge gebrauchen, ohne die geringſte Muͤhe dar. Es hatte eine Menge von wilden Gewaͤchſen zu Oel, Rum, Farben, Gewuͤrzen und dergleichen Specereyen, womit die Natur die neuen Anbauer beſchenkte. Der Boden in Caro- lina bringt den wilden Indigo und die ſchoͤnſte Futterung vor allerley Arten von Vieh, Reis mit weniger Duͤngung, und Fichten zu Terpentin, Theer und Pech in unerſchoͤpfli- cher Menge hervor. Virginien traͤgt Weizen und Toback; und verſorgt ſeine Coloniſten mit Wild und Fiſchen. Der Zucker- und Caffeebau hebt andre Provinzien; und uͤberall leben die Coloniſten, was Weide, Duͤnger und Brandholz betrift, blos auf Koſten der Natur. Wenn in ſolchen Ge- genden Colonien gerathen; und doch kann man von vielen ſagen, daß ſie ſeit einiger Zeit mehr ab- als zugenommen ha- ben: ſo iſt es kein Wunder. Allein, daß einige zugemeſſene Morgen ſchlechten Landes, eine magere Weide ein bisgen Torf, und eine eingeſchraͤnkte ungewiſſe Freyheit Neubauer reizen, ermuntern und erhalten ſoll, das iſt zu viel gefordert. Die Rede iſt nicht von fabricirenden Colonien, welche ſich auf Handlung und Handwerk gruͤnden ſollen; ſondern von Leu- ten, die ihr Brod aus dem Boden und hoͤchſtens von ihren koͤrperlichen zu keinem Handwerke geuͤbten Kraͤften ziehen ſol- len. Von dieſen ſage ich, daß ſie nicht aus der Fremde her- gezogen werden koͤnnen. Unſer Stift hat ſeine Bevoͤlkerung blos der Arbeit in Holland zu danken. Dies iſt das Capital, wovon ſich die Menge von Nebenwohnern ernaͤhret; und wenn man ihnen dieſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/366
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/366>, abgerufen am 21.11.2024.