Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Aufmunterung und Vorschlag sondre aber fehlt ihnen die wahre Reizung für uns auch ein-mal selbst und mit den Namen der Nachwelt auf gleiche Art empfohlen zu werden; und diese Reizung, welche die ver- nünftige Eigenliebe vielleicht nicht deutlich denkt, aber doch allemal empfindet, ist nicht das letzte Mittel die Menschen zur Ausübung stiller und wahrer Tugenden zu führen. Ein Ehrenmal, worauf die Tugend in ihrem feyerlichsten Gewande auf das liebenswürdigste abgebildet ist, wird nie so vielen Ein- druck in unsern Busen hinterlassen als das Denkmal, das der Staat einem genannten Privatmanne, dessen Familie, Freund- schaft und Andenken noch lebt, zur Dankbarkeit für sein Wohl- verhalten errichtet. Bey dem allen bleibt es aber doch wahr, daß man die blos
Aufmunterung und Vorſchlag ſondre aber fehlt ihnen die wahre Reizung fuͤr uns auch ein-mal ſelbſt und mit den Namen der Nachwelt auf gleiche Art empfohlen zu werden; und dieſe Reizung, welche die ver- nuͤnftige Eigenliebe vielleicht nicht deutlich denkt, aber doch allemal empfindet, iſt nicht das letzte Mittel die Menſchen zur Ausuͤbung ſtiller und wahrer Tugenden zu fuͤhren. Ein Ehrenmal, worauf die Tugend in ihrem feyerlichſten Gewande auf das liebenswuͤrdigſte abgebildet iſt, wird nie ſo vielen Ein- druck in unſern Buſen hinterlaſſen als das Denkmal, das der Staat einem genannten Privatmanne, deſſen Familie, Freund- ſchaft und Andenken noch lebt, zur Dankbarkeit fuͤr ſein Wohl- verhalten errichtet. Bey dem allen bleibt es aber doch wahr, daß man die blos
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Aufmunterung und Vorſchlag
ſondre aber fehlt ihnen die wahre Reizung fuͤr uns auch ein-
mal ſelbſt und mit den Namen der Nachwelt auf gleiche Art
empfohlen zu werden; und dieſe Reizung, welche die ver-
nuͤnftige Eigenliebe vielleicht nicht deutlich denkt, aber doch
allemal empfindet, iſt nicht das letzte Mittel die Menſchen
zur Ausuͤbung ſtiller und wahrer Tugenden zu fuͤhren. Ein
Ehrenmal, worauf die Tugend in ihrem feyerlichſten Gewande
auf das liebenswuͤrdigſte abgebildet iſt, wird nie ſo vielen Ein-
druck in unſern Buſen hinterlaſſen als das Denkmal, das der
Staat einem genannten Privatmanne, deſſen Familie, Freund-
ſchaft und Andenken noch lebt, zur Dankbarkeit fuͤr ſein Wohl-
verhalten errichtet.
Bey dem allen bleibt es aber doch wahr, daß man die
Heilig- und Seligſprechung nur ſelten und ſparſam gebrau-
chen, und ſie nicht wie unſre heutigen Tittel verſchwenden
muͤſſe, woſern man ihren Werth nicht ſchwaͤchen, und den
himmliſchen Adel ſo gemein als den irrdiſchen machen will.
Es bleibt ferner wahr, daß ſolche nicht die Stelle einer buͤr-
gerlichen Krone vertrete und zur Aufmunterung politiſcher Tu-
genden diene. Daher reicht derſelbe auch zu allen Abſichten
nicht hin, und man denkt billig darauf, das Andenken ſolcher
Thaten, welche zu ihrer Ehre erſt den Zeitungsſchreibern und
Journaliſten, und hernach ſolchen gelehrten Fabricanten, welche
daraus das Leben großer Kriegeshelden beſchreiben, unbekannt
bleiben, noch auf mehrere Arten in Segen zu erhalten. Und
hiezu iſt das Mittel einheimiſcher Biographien oder Lebens-
beſchreibungen gewiß das bequemſte und wohlfeilſte. Unſre
Vorfahren kannten dieſen großen Plan, indem ſie die ſoge-
nannten Perſonalien eines verdienten Mannes drucken lieſ-
ſen. Und es iſt ſchade, daß die Satyre hier das Kind mit
dem Bade verſchuͤttet, und nicht darauf eingelenkt hat, daß
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