Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Zweytes Schreiben beklagte, hatte selbst den Kopf a la Caraffe, und eine andreganz a l' Andalousienne. O! dachte ich, der gute Bischof würde euch nicht viel neues gesagt haben! und meine Ant- wort war: es thut mir leid, daß ich den Töchtern etwas ge- lehret habe, was die Mütter gern für sich allein behalten hätten. Noch eine andre und zwar, im Vertrauen gesagt, eine al- Ich habe mir also mit meiner Offenherzigkeit viele Unruhen ein a) Beyläufig muß ich hier einen patriotischen Wunsch anbrin-
gen. Wenn man die Heiligen, vor welchen in den catho- lischen Kirchen ein ewiges Licht oder eine beständige Lampe brennet, auf die Gassen setzte: so würde die Stadt ge- zieret und erleuchtet seyn, die Andacht aber nichts ver- lieren. Zweytes Schreiben beklagte, hatte ſelbſt den Kopf à la Caraffe, und eine andreganz à l’ Andalouſienne. O! dachte ich, der gute Biſchof wuͤrde euch nicht viel neues geſagt haben! und meine Ant- wort war: es thut mir leid, daß ich den Toͤchtern etwas ge- lehret habe, was die Muͤtter gern fuͤr ſich allein behalten haͤtten. Noch eine andre und zwar, im Vertrauen geſagt, eine al- Ich habe mir alſo mit meiner Offenherzigkeit viele Unruhen ein a) Beylaͤufig muß ich hier einen patriotiſchen Wunſch anbrin-
gen. Wenn man die Heiligen, vor welchen in den catho- liſchen Kirchen ein ewiges Licht oder eine beſtaͤndige Lampe brennet, auf die Gaſſen ſetzte: ſo wuͤrde die Stadt ge- zieret und erleuchtet ſeyn, die Andacht aber nichts ver- lieren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0112" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Schreiben</hi></fw><lb/> beklagte, hatte ſelbſt den Kopf <hi rendition="#aq">à la Caraffe,</hi> und eine andre<lb/> ganz <hi rendition="#aq">à l’ Andalouſienne.</hi> O! dachte ich, der gute Biſchof<lb/> wuͤrde euch nicht viel neues geſagt haben! und meine Ant-<lb/> wort war: es thut mir leid, daß ich den Toͤchtern etwas ge-<lb/> lehret habe, was die Muͤtter gern fuͤr ſich allein behalten<lb/> haͤtten.</p><lb/> <p>Noch eine andre und zwar, im Vertrauen geſagt, eine al-<lb/> te und heßliche hat ſich mir in einer ſo altfraͤnkiſchen und faſt<lb/> moͤgte ich ſagen eckelhaften Geſtalt angeprieſen, daß ich mich<lb/> gewiß durch ihre Hand fuͤr hinlaͤnglich beſtraft halten koͤnnte,<lb/> wenn ich auch eine Satyre gegen das Heyrathen uͤberhaupt<lb/> geſchrieben haͤtte; Sie glaubte, daß weil ich nur den großen<lb/> Aufwand beym Heyrathen zu befuͤrchten ſchiene: ſo wuͤrde<lb/> ich kein Bedenken haben, ſie in ihrem 49ten Jahre als eine<lb/> ſolche zu waͤhlen, die ſich mir in ihrer Großmutter Braut-<lb/> kleide antrauen laſſen koͤnnte, und mir ſechs große Haarbeutel<lb/> aus ihrer Eltermutter Falbeblas machen laſſen wollte .....</p><lb/> <p>Ich habe mir alſo mit meiner Offenherzigkeit viele Unruhen<lb/> zugezogen; und moͤgte wohl noch groͤßere erleben, wenn ich<lb/> mich endlich bewegen ließe den gefaͤhrlichen Schritt zu thun,<lb/> wozu mich die letztere mit den ſuͤßeſten Worten bereden will.<lb/> Am beſten iſt es, ich bleibe auf meinem Entſchluſſe, bis ſich<lb/> die Zeiten aͤndern; und das wird ſo bald noch nicht geſchehen,<lb/> da meine Jungfer Nachbarin eine voͤllige Pantagonianerin,<lb/> nun ſogar eine Laterne <note place="foot" n="a)">Beylaͤufig muß ich hier einen patriotiſchen Wunſch anbrin-<lb/> gen. Wenn man die Heiligen, vor welchen in den catho-<lb/> liſchen Kirchen ein ewiges Licht oder eine beſtaͤndige Lampe<lb/> brennet, auf die Gaſſen ſetzte: ſo wuͤrde die Stadt ge-<lb/> zieret und erleuchtet ſeyn, die Andacht aber nichts ver-<lb/> lieren.</note> auf den Kopf geſetzt haͤt, worinn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0112]
Zweytes Schreiben
beklagte, hatte ſelbſt den Kopf à la Caraffe, und eine andre
ganz à l’ Andalouſienne. O! dachte ich, der gute Biſchof
wuͤrde euch nicht viel neues geſagt haben! und meine Ant-
wort war: es thut mir leid, daß ich den Toͤchtern etwas ge-
lehret habe, was die Muͤtter gern fuͤr ſich allein behalten
haͤtten.
Noch eine andre und zwar, im Vertrauen geſagt, eine al-
te und heßliche hat ſich mir in einer ſo altfraͤnkiſchen und faſt
moͤgte ich ſagen eckelhaften Geſtalt angeprieſen, daß ich mich
gewiß durch ihre Hand fuͤr hinlaͤnglich beſtraft halten koͤnnte,
wenn ich auch eine Satyre gegen das Heyrathen uͤberhaupt
geſchrieben haͤtte; Sie glaubte, daß weil ich nur den großen
Aufwand beym Heyrathen zu befuͤrchten ſchiene: ſo wuͤrde
ich kein Bedenken haben, ſie in ihrem 49ten Jahre als eine
ſolche zu waͤhlen, die ſich mir in ihrer Großmutter Braut-
kleide antrauen laſſen koͤnnte, und mir ſechs große Haarbeutel
aus ihrer Eltermutter Falbeblas machen laſſen wollte .....
Ich habe mir alſo mit meiner Offenherzigkeit viele Unruhen
zugezogen; und moͤgte wohl noch groͤßere erleben, wenn ich
mich endlich bewegen ließe den gefaͤhrlichen Schritt zu thun,
wozu mich die letztere mit den ſuͤßeſten Worten bereden will.
Am beſten iſt es, ich bleibe auf meinem Entſchluſſe, bis ſich
die Zeiten aͤndern; und das wird ſo bald noch nicht geſchehen,
da meine Jungfer Nachbarin eine voͤllige Pantagonianerin,
nun ſogar eine Laterne a) auf den Kopf geſetzt haͤt, worinn
ein
a) Beylaͤufig muß ich hier einen patriotiſchen Wunſch anbrin-
gen. Wenn man die Heiligen, vor welchen in den catho-
liſchen Kirchen ein ewiges Licht oder eine beſtaͤndige Lampe
brennet, auf die Gaſſen ſetzte: ſo wuͤrde die Stadt ge-
zieret und erleuchtet ſeyn, die Andacht aber nichts ver-
lieren.
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