Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Der Bauerhof als eine Actie betrachtet. Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Abäußerungenund andre Einschränkungen machen nicht die geringste Ver- muthung gegen eines Mannes persönliche Freyheit, so wie hingegen auch die persönliche Freyheit keinen Menschen bey der Actie schützet, wenn er solche wider den Socialcontract verschuldet, verwüstet oder versplittert. Der Sterbfall allein ist durch die ganze nordische Welt die Urkunde der persönli- chen Angehörigkeit, diese mag nun durch Landgesetze, Ge- wohnheit, Religion und Philosophie in dem einen Lande mehr oder weniger strenger seyn als in dem andern. Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capittel Also das Capittel in dem Personenrecht übergeschlagen, und Die Unangehörigen haben freye Macht mit ihrem natürli- Actie K 5
Der Bauerhof als eine Actie betrachtet. Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Abaͤußerungenund andre Einſchraͤnkungen machen nicht die geringſte Ver- muthung gegen eines Mannes perſoͤnliche Freyheit, ſo wie hingegen auch die perſoͤnliche Freyheit keinen Menſchen bey der Actie ſchuͤtzet, wenn er ſolche wider den Socialcontract verſchuldet, verwuͤſtet oder verſplittert. Der Sterbfall allein iſt durch die ganze nordiſche Welt die Urkunde der perſoͤnli- chen Angehoͤrigkeit, dieſe mag nun durch Landgeſetze, Ge- wohnheit, Religion und Philoſophie in dem einen Lande mehr oder weniger ſtrenger ſeyn als in dem andern. Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capittel Alſo das Capittel in dem Perſonenrecht uͤbergeſchlagen, und Die Unangehoͤrigen haben freye Macht mit ihrem natürli- Actie K 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0171" n="153"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.</hi></fw><lb/> Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Abaͤußerungen<lb/> und andre Einſchraͤnkungen machen nicht die geringſte Ver-<lb/> muthung gegen eines Mannes perſoͤnliche Freyheit, ſo wie<lb/> hingegen auch die perſoͤnliche Freyheit keinen Menſchen bey<lb/> der Actie ſchuͤtzet, wenn er ſolche wider den Socialcontract<lb/> verſchuldet, verwuͤſtet oder verſplittert. Der Sterbfall allein<lb/> iſt durch die ganze nordiſche Welt die Urkunde der perſoͤnli-<lb/> chen Angehoͤrigkeit, dieſe mag nun durch Landgeſetze, Ge-<lb/> wohnheit, Religion und Philoſophie in dem einen Lande mehr<lb/> oder weniger ſtrenger ſeyn als in dem andern.</p><lb/> <p>Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capittel<lb/> von dem Urſprunge des Leibeigenthums an der Spitze, worinn<lb/> oft ruͤhrende Sachen von der Kriegesgefangenſchaft, von den<lb/> zu Sclaven gemachten Roͤmern ja wohl gar alte Hiſtorien aus<lb/> der Bibel, wo nicht noch andre herzbrechende Sachen vor-<lb/> kommen. Allein alle dieſe kleinen Unterlagen tragen das<lb/> weite Gebaͤude der perſoͤnlichen Angehoͤrigkeit, das ſich durch<lb/> die ganze alte Welt erſtreckt und aus der Hand der Natur<lb/> kommt, nicht. Der Grund der Angehoͤrigkeit liegt in einer<lb/> wahren natuͤrlichen Staatsbeduͤrfniß, die ſich aber von der<lb/> Zeit an verlohren hat, wie der Begriff eines Territorialun-<lb/> terthanen bekannt geworden iſt, fruͤh bey den Roͤmern, und<lb/> ſehr ſpaͤt unter den nordiſchen Voͤlkern. Die Ausfuͤhrung<lb/> hievon duͤrfte vielen dunkel ſeyn, und der Kenner wird<lb/> leicht den Gang der Natur in der Angehoͤrigkeit entdecken.</p><lb/> <p>Alſo das Capittel in dem Perſonenrecht uͤbergeſchlagen, und<lb/> nur zu der Frage uͤbergegangen: <hi rendition="#fr">Wie iſt die Perſon beſchaf-<lb/> fen welche die Actie beſitzt? iſt ſie angehörig oder nicht?</hi></p><lb/> <p>Die Unangehoͤrigen haben freye Macht mit ihrem <hi rendition="#fr">natürli-<lb/> chen</hi> Vermoͤgen, oder allem demjenigen, was ſie nicht als<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Actie</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [153/0171]
Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.
Auslobungen, Bewilligungen auf Schulden, Abaͤußerungen
und andre Einſchraͤnkungen machen nicht die geringſte Ver-
muthung gegen eines Mannes perſoͤnliche Freyheit, ſo wie
hingegen auch die perſoͤnliche Freyheit keinen Menſchen bey
der Actie ſchuͤtzet, wenn er ſolche wider den Socialcontract
verſchuldet, verwuͤſtet oder verſplittert. Der Sterbfall allein
iſt durch die ganze nordiſche Welt die Urkunde der perſoͤnli-
chen Angehoͤrigkeit, dieſe mag nun durch Landgeſetze, Ge-
wohnheit, Religion und Philoſophie in dem einen Lande mehr
oder weniger ſtrenger ſeyn als in dem andern.
Insgemein hat jede Leibeigenthumsordnung ein Capittel
von dem Urſprunge des Leibeigenthums an der Spitze, worinn
oft ruͤhrende Sachen von der Kriegesgefangenſchaft, von den
zu Sclaven gemachten Roͤmern ja wohl gar alte Hiſtorien aus
der Bibel, wo nicht noch andre herzbrechende Sachen vor-
kommen. Allein alle dieſe kleinen Unterlagen tragen das
weite Gebaͤude der perſoͤnlichen Angehoͤrigkeit, das ſich durch
die ganze alte Welt erſtreckt und aus der Hand der Natur
kommt, nicht. Der Grund der Angehoͤrigkeit liegt in einer
wahren natuͤrlichen Staatsbeduͤrfniß, die ſich aber von der
Zeit an verlohren hat, wie der Begriff eines Territorialun-
terthanen bekannt geworden iſt, fruͤh bey den Roͤmern, und
ſehr ſpaͤt unter den nordiſchen Voͤlkern. Die Ausfuͤhrung
hievon duͤrfte vielen dunkel ſeyn, und der Kenner wird
leicht den Gang der Natur in der Angehoͤrigkeit entdecken.
Alſo das Capittel in dem Perſonenrecht uͤbergeſchlagen, und
nur zu der Frage uͤbergegangen: Wie iſt die Perſon beſchaf-
fen welche die Actie beſitzt? iſt ſie angehörig oder nicht?
Die Unangehoͤrigen haben freye Macht mit ihrem natürli-
chen Vermoͤgen, oder allem demjenigen, was ſie nicht als
Actie
K 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |