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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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über die Abäußerungs- oder Abmeyerungsurs.
will ich nur den Satz aus der Eigenthumsordnung nehmen,
wo es heißt:
Wenn ein Eigenbehöriger das Erbe mit so vielen Schul-
den beschwert, daß sie den Werth des Erbes nach Pro-
portion der Pachtlieferung zu 3 p. C. erreichen oder gar
übersteigen: so soll es pro unica causa discussionis ge-
halten werden.

Dieser ist in der That so vernünftig und so billig gewählet,
als es ein leibeigner Pächter verlangen kan. Wie will man
aber hier zu Rechte kommen, wenn man nicht weis, ob der
Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey oder auch zu-
gleich unter einem ursprünglichen Pachtcontrakt stehe?
Schuldkorn ist kein Pachtkorn. Ein Schuld- oder Holz-
schwein ist kein Pachtschwein. Das Dienstgeld was für die
Vogteyfrohne bezahlet wird, ist kein Pachtgeld; Spann-
dienste so in der Stelle der Frohnen getreten; Herbst- und
Mayschatzgelder, Schutzrinder, Zehntkorn und was derglei-
chen mehr sind, die so wohl Leibeigne als Freye entrichten,
setzen keinen Pachtcontrakt, sondern die vogteyliche Befugniß
voraus, und die Verwechselung dieser ganz unterschiedenen
Begriffe hat bisher jene für jeden leibeignen Pächter nicht
unbillige Verordnung völlig unbrauchbar gemacht, und mehr:
malen die Frage veranlasset: Ob dann ein Leibeigner, der
von dem größten Hofe jährlich nur einen Schilling entrichtet,
sofort abgeäußert werden könne, wenn er mehrere Schulden
gemacht als mit dem dritten Theil dieses Schillings zu 3 p. C.
verzinset werden konnten? Wo steht es aber geschrieben,
daß dieser Schilling eine Pacht sey? Die Alten sind keine
solche Narren gewesen, daß sie einen Hof so wohlfeil verpach-
tet haben sollten. Wahre Pächte sind dem Ertrag des Ho-
fes, nach Abzug der öffentlichen Vertheidigung desselben,

ziem-

uͤber die Abaͤußerungs- oder Abmeyerungsurſ.
will ich nur den Satz aus der Eigenthumsordnung nehmen,
wo es heißt:
Wenn ein Eigenbehoͤriger das Erbe mit ſo vielen Schul-
den beſchwert, daß ſie den Werth des Erbes nach Pro-
portion der Pachtlieferung zu 3 p. C. erreichen oder gar
uͤberſteigen: ſo ſoll es pro unica cauſa diſcuſſionis ge-
halten werden.

Dieſer iſt in der That ſo vernuͤnftig und ſo billig gewaͤhlet,
als es ein leibeigner Paͤchter verlangen kan. Wie will man
aber hier zu Rechte kommen, wenn man nicht weis, ob der
Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey oder auch zu-
gleich unter einem urſpruͤnglichen Pachtcontrakt ſtehe?
Schuldkorn iſt kein Pachtkorn. Ein Schuld- oder Holz-
ſchwein iſt kein Pachtſchwein. Das Dienſtgeld was fuͤr die
Vogteyfrohne bezahlet wird, iſt kein Pachtgeld; Spann-
dienſte ſo in der Stelle der Frohnen getreten; Herbſt- und
Mayſchatzgelder, Schutzrinder, Zehntkorn und was derglei-
chen mehr ſind, die ſo wohl Leibeigne als Freye entrichten,
ſetzen keinen Pachtcontrakt, ſondern die vogteyliche Befugniß
voraus, und die Verwechſelung dieſer ganz unterſchiedenen
Begriffe hat bisher jene fuͤr jeden leibeignen Paͤchter nicht
unbillige Verordnung voͤllig unbrauchbar gemacht, und mehr:
malen die Frage veranlaſſet: Ob dann ein Leibeigner, der
von dem groͤßten Hofe jaͤhrlich nur einen Schilling entrichtet,
ſofort abgeaͤußert werden koͤnne, wenn er mehrere Schulden
gemacht als mit dem dritten Theil dieſes Schillings zu 3 p. C.
verzinſet werden konnten? Wo ſteht es aber geſchrieben,
daß dieſer Schilling eine Pacht ſey? Die Alten ſind keine
ſolche Narren geweſen, daß ſie einen Hof ſo wohlfeil verpach-
tet haben ſollten. Wahre Paͤchte ſind dem Ertrag des Ho-
fes, nach Abzug der oͤffentlichen Vertheidigung deſſelben,

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[171/0189] uͤber die Abaͤußerungs- oder Abmeyerungsurſ. will ich nur den Satz aus der Eigenthumsordnung nehmen, wo es heißt: Wenn ein Eigenbehoͤriger das Erbe mit ſo vielen Schul- den beſchwert, daß ſie den Werth des Erbes nach Pro- portion der Pachtlieferung zu 3 p. C. erreichen oder gar uͤberſteigen: ſo ſoll es pro unica cauſa diſcuſſionis ge- halten werden. Dieſer iſt in der That ſo vernuͤnftig und ſo billig gewaͤhlet, als es ein leibeigner Paͤchter verlangen kan. Wie will man aber hier zu Rechte kommen, wenn man nicht weis, ob der Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey oder auch zu- gleich unter einem urſpruͤnglichen Pachtcontrakt ſtehe? Schuldkorn iſt kein Pachtkorn. Ein Schuld- oder Holz- ſchwein iſt kein Pachtſchwein. Das Dienſtgeld was fuͤr die Vogteyfrohne bezahlet wird, iſt kein Pachtgeld; Spann- dienſte ſo in der Stelle der Frohnen getreten; Herbſt- und Mayſchatzgelder, Schutzrinder, Zehntkorn und was derglei- chen mehr ſind, die ſo wohl Leibeigne als Freye entrichten, ſetzen keinen Pachtcontrakt, ſondern die vogteyliche Befugniß voraus, und die Verwechſelung dieſer ganz unterſchiedenen Begriffe hat bisher jene fuͤr jeden leibeignen Paͤchter nicht unbillige Verordnung voͤllig unbrauchbar gemacht, und mehr: malen die Frage veranlaſſet: Ob dann ein Leibeigner, der von dem groͤßten Hofe jaͤhrlich nur einen Schilling entrichtet, ſofort abgeaͤußert werden koͤnne, wenn er mehrere Schulden gemacht als mit dem dritten Theil dieſes Schillings zu 3 p. C. verzinſet werden konnten? Wo ſteht es aber geſchrieben, daß dieſer Schilling eine Pacht ſey? Die Alten ſind keine ſolche Narren geweſen, daß ſie einen Hof ſo wohlfeil verpach- tet haben ſollten. Wahre Paͤchte ſind dem Ertrag des Ho- fes, nach Abzug der oͤffentlichen Vertheidigung deſſelben, ziem-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/189>, abgerufen am 24.11.2024.