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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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der Leibeignen.
es schon einmal der Kayser mit allen Reichsfürsten durch ein
öffentliches Reichsgesetze befohlen hat. a)

Und wenn man ihren dritten und vierten Vorschlag verei-
nigen, mithin die Lösbarkeit aller auf schatzbaren Höfen haf-
tenden Capitalien durch einen Machtspruch, der sich doch, da
die Gesetze wenigstens den Leibeignen die unbewilligten Schul-
den verbieten, gar wohl in einen Rechtsspruch verwandeln
ließe, aufheben, und dafür jedem Gläubiger eine sichere nach
der Menge der Schulden und dem Ertrag des Hofes abgemes-
sene jährliche Rente verschreiben wollte: so würde dennoch in
jedem Kirchspiel einmal eine eigne öffentliche Anstalt, oder
eine Art von ofnen Rentenbuch, worinn diese Renten einge-
tragen würden; und hiernächst ein naher Schultheis nöthig
seyn, der diese mit dem jährlichen Ertrage des Hofes in einer
möglichen Gleichheit stehenden Renten zeitig und für eine kleine
Gebühr einmahnte, so dann aber die Schuldner von Zeit zu
Zeit zur Einlösung dieser Renten anhielte, damit solche nicht
in Ewigkeit stehen blieben und vermehret würden. Wie vie-
les würde ohnedem noch erfordert werden, um diese Renten
zu einem sichern Gegenstande des öffentlichen Handels zu ma-

chen
a) Das Beyspiel der Römer ist gewiß tausendmal erzählt Aber von
Deutschland hat es kein einziger Geschichtschreiber bemerkt;
ohnerachtet es eine größere Epoque für unsere Geschichte,
als das Datum der Magna Charta für England seyn
sollte. Das Gesetz ist deutlich: omnes census vini, pe-
cuniae, frumenti vel alii, quos rustici constituerunt
se soluturos, relaxentur & ulterius non recipiantur.

S. die Reichstagsverordnung zu Utin vom Jahr 1232. in
der Senkenbergischen Sammlung der Reichsabsthiede
T. I. p. 18. Nur muß man das Wort census von den
Advocatiegefällen wohl unterscheiden; diese wurden nicht
aufgehoben.

der Leibeignen.
es ſchon einmal der Kayſer mit allen Reichsfuͤrſten durch ein
oͤffentliches Reichsgeſetze befohlen hat. a)

Und wenn man ihren dritten und vierten Vorſchlag verei-
nigen, mithin die Lösbarkeit aller auf ſchatzbaren Hoͤfen haf-
tenden Capitalien durch einen Machtſpruch, der ſich doch, da
die Geſetze wenigſtens den Leibeignen die unbewilligten Schul-
den verbieten, gar wohl in einen Rechtsſpruch verwandeln
ließe, aufheben, und dafuͤr jedem Glaͤubiger eine ſichere nach
der Menge der Schulden und dem Ertrag des Hofes abgemeſ-
ſene jaͤhrliche Rente verſchreiben wollte: ſo wuͤrde dennoch in
jedem Kirchſpiel einmal eine eigne oͤffentliche Anſtalt, oder
eine Art von ofnen Rentenbuch, worinn dieſe Renten einge-
tragen wuͤrden; und hiernaͤchſt ein naher Schultheis noͤthig
ſeyn, der dieſe mit dem jaͤhrlichen Ertrage des Hofes in einer
moͤglichen Gleichheit ſtehenden Renten zeitig und fuͤr eine kleine
Gebuͤhr einmahnte, ſo dann aber die Schuldner von Zeit zu
Zeit zur Einloͤſung dieſer Renten anhielte, damit ſolche nicht
in Ewigkeit ſtehen blieben und vermehret wuͤrden. Wie vie-
les wuͤrde ohnedem noch erfordert werden, um dieſe Renten
zu einem ſichern Gegenſtande des oͤffentlichen Handels zu ma-

chen
a) Das Beyſpiel der Roͤmer iſt gewiß tauſendmal erzaͤhlt Aber von
Deutſchland hat es kein einziger Geſchichtſchreiber bemerkt;
ohnerachtet es eine groͤßere Epoque fuͤr unſere Geſchichte,
als das Datum der Magna Charta fuͤr England ſeyn
ſollte. Das Geſetz iſt deutlich: omnes cenſus vini, pe-
cuniæ, frumenti vel alii, quos ruſtici conſtituerunt
ſe ſoluturos, relaxentur & ulterius non recipiantur.

S. die Reichstagsverordnung zu Utin vom Jahr 1232. in
der Senkenbergiſchen Sammlung der Reichsabſthiede
T. I. p. 18. Nur muß man das Wort cenſus von den
Advocatiegefaͤllen wohl unterſcheiden; dieſe wurden nicht
aufgehoben.
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[221/0239] der Leibeignen. es ſchon einmal der Kayſer mit allen Reichsfuͤrſten durch ein oͤffentliches Reichsgeſetze befohlen hat. a) Und wenn man ihren dritten und vierten Vorſchlag verei- nigen, mithin die Lösbarkeit aller auf ſchatzbaren Hoͤfen haf- tenden Capitalien durch einen Machtſpruch, der ſich doch, da die Geſetze wenigſtens den Leibeignen die unbewilligten Schul- den verbieten, gar wohl in einen Rechtsſpruch verwandeln ließe, aufheben, und dafuͤr jedem Glaͤubiger eine ſichere nach der Menge der Schulden und dem Ertrag des Hofes abgemeſ- ſene jaͤhrliche Rente verſchreiben wollte: ſo wuͤrde dennoch in jedem Kirchſpiel einmal eine eigne oͤffentliche Anſtalt, oder eine Art von ofnen Rentenbuch, worinn dieſe Renten einge- tragen wuͤrden; und hiernaͤchſt ein naher Schultheis noͤthig ſeyn, der dieſe mit dem jaͤhrlichen Ertrage des Hofes in einer moͤglichen Gleichheit ſtehenden Renten zeitig und fuͤr eine kleine Gebuͤhr einmahnte, ſo dann aber die Schuldner von Zeit zu Zeit zur Einloͤſung dieſer Renten anhielte, damit ſolche nicht in Ewigkeit ſtehen blieben und vermehret wuͤrden. Wie vie- les wuͤrde ohnedem noch erfordert werden, um dieſe Renten zu einem ſichern Gegenſtande des oͤffentlichen Handels zu ma- chen a) Das Beyſpiel der Roͤmer iſt gewiß tauſendmal erzaͤhlt Aber von Deutſchland hat es kein einziger Geſchichtſchreiber bemerkt; ohnerachtet es eine groͤßere Epoque fuͤr unſere Geſchichte, als das Datum der Magna Charta fuͤr England ſeyn ſollte. Das Geſetz iſt deutlich: omnes cenſus vini, pe- cuniæ, frumenti vel alii, quos ruſtici conſtituerunt ſe ſoluturos, relaxentur & ulterius non recipiantur. S. die Reichstagsverordnung zu Utin vom Jahr 1232. in der Senkenbergiſchen Sammlung der Reichsabſthiede T. I. p. 18. Nur muß man das Wort cenſus von den Advocatiegefaͤllen wohl unterſcheiden; dieſe wurden nicht aufgehoben.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/239>, abgerufen am 21.11.2024.