Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Gedanken der Cardinal Campegius gab diesen Klagen seinen Beyfall, undverschaffte auch würklich eine Verminderung der Feyertage, die nach dem bekannten Interim vom Jahr 1548, noch weiter gehen sollte, und würklich von einigen Bischöfen, insbesondre aber von dem Erzbischofe zu Trier weiter ausgedehnt wurde. Und vielleicht wäre man auch damals noch weiter gegangen, wenn ausser andern Ursachen die vielen Steuren und Verthei- digungsanstalten, welche des Heil. Römischen Reichs Unter- thanen nachwärts übernehmen müssen, eine solche Verminde- rung damals eben so sehr wie jetzt erfordert hätten. Ohne die höchste Noth schrenkt die Kirche die Freuden ihrer Kinder nicht ein. Aber so wie nach dem Urtheil des H. Bernards, wenn Gott Landplagen und schwere Zeiten den Menschen zuschickt, Feyer- und Festtage nicht sehr schicklich sind; so müssen sich auch die Feyertage vermindern, wenn die übrige Zeit nicht mehr hinreicht, die sich täglich mehrenden Lasten zu bestrei- ten. Traurig ist es freylich, wann man die der Andacht und einer Gottgefälligen Freude gewidmeten Tage vermindern muß, und wir haben Ursache Gott zu bitten, daß er die Herzen der Großen auf Erden so leiten wolle, damit sie das ihnen anvertrauete Staatsschiff nicht in beständi- gen Sturm führen, und ihre Unterthanen zum unaufhör- lichen Rudern bringen mögen. Allein ohne uns jetzt über die Strafbarkeit derjenigen zu beschweren, welche die mütterli- chen Wünsche der Kirche vereiteln; so müssen wir vielmehr die Nachsicht der letztern verehren, und ihre Gelindigkeit be- wundern, womit sie unsern Bedürfnissen entgegen kömmt. Die Zeit kan kommen, wo sie uns einen Moses erweckt, der den verdoppelten Frohnen Ziel setzet, und uns diejenigen Freu- den wieder schenkt, welche sie uns jetzt unwillig entzieht. Uns kömmt es aber nicht zu, die Geheimnißvolle göttliche Füh- rung der Menschen zu richten, und mit Murren Wunder zu for-
Gedanken der Cardinal Campegius gab dieſen Klagen ſeinen Beyfall, undverſchaffte auch wuͤrklich eine Verminderung der Feyertage, die nach dem bekannten Interim vom Jahr 1548, noch weiter gehen ſollte, und wuͤrklich von einigen Biſchoͤfen, insbeſondre aber von dem Erzbiſchofe zu Trier weiter ausgedehnt wurde. Und vielleicht waͤre man auch damals noch weiter gegangen, wenn auſſer andern Urſachen die vielen Steuren und Verthei- digungsanſtalten, welche des Heil. Roͤmiſchen Reichs Unter- thanen nachwaͤrts uͤbernehmen muͤſſen, eine ſolche Verminde- rung damals eben ſo ſehr wie jetzt erfordert haͤtten. Ohne die hoͤchſte Noth ſchrenkt die Kirche die Freuden ihrer Kinder nicht ein. Aber ſo wie nach dem Urtheil des H. Bernards, wenn Gott Landplagen und ſchwere Zeiten den Menſchen zuſchickt, Feyer- und Feſttage nicht ſehr ſchicklich ſind; ſo muͤſſen ſich auch die Feyertage vermindern, wenn die uͤbrige Zeit nicht mehr hinreicht, die ſich taͤglich mehrenden Laſten zu beſtrei- ten. Traurig iſt es freylich, wann man die der Andacht und einer Gottgefaͤlligen Freude gewidmeten Tage vermindern muß, und wir haben Urſache Gott zu bitten, daß er die Herzen der Großen auf Erden ſo leiten wolle, damit ſie das ihnen anvertrauete Staatsſchiff nicht in beſtaͤndi- gen Sturm fuͤhren, und ihre Unterthanen zum unaufhoͤr- lichen Rudern bringen moͤgen. Allein ohne uns jetzt uͤber die Strafbarkeit derjenigen zu beſchweren, welche die muͤtterli- chen Wuͤnſche der Kirche vereiteln; ſo muͤſſen wir vielmehr die Nachſicht der letztern verehren, und ihre Gelindigkeit be- wundern, womit ſie unſern Beduͤrfniſſen entgegen koͤmmt. Die Zeit kan kommen, wo ſie uns einen Moſes erweckt, der den verdoppelten Frohnen Ziel ſetzet, und uns diejenigen Freu- den wieder ſchenkt, welche ſie uns jetzt unwillig entzieht. Uns koͤmmt es aber nicht zu, die Geheimnißvolle goͤttliche Fuͤh- rung der Menſchen zu richten, und mit Murren Wunder zu for-
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Gedanken
der Cardinal Campegius gab dieſen Klagen ſeinen Beyfall, und
verſchaffte auch wuͤrklich eine Verminderung der Feyertage,
die nach dem bekannten Interim vom Jahr 1548, noch weiter
gehen ſollte, und wuͤrklich von einigen Biſchoͤfen, insbeſondre
aber von dem Erzbiſchofe zu Trier weiter ausgedehnt wurde.
Und vielleicht waͤre man auch damals noch weiter gegangen,
wenn auſſer andern Urſachen die vielen Steuren und Verthei-
digungsanſtalten, welche des Heil. Roͤmiſchen Reichs Unter-
thanen nachwaͤrts uͤbernehmen muͤſſen, eine ſolche Verminde-
rung damals eben ſo ſehr wie jetzt erfordert haͤtten. Ohne die
hoͤchſte Noth ſchrenkt die Kirche die Freuden ihrer Kinder nicht
ein. Aber ſo wie nach dem Urtheil des H. Bernards, wenn
Gott Landplagen und ſchwere Zeiten den Menſchen zuſchickt,
Feyer- und Feſttage nicht ſehr ſchicklich ſind; ſo muͤſſen ſich
auch die Feyertage vermindern, wenn die uͤbrige Zeit nicht
mehr hinreicht, die ſich taͤglich mehrenden Laſten zu beſtrei-
ten. Traurig iſt es freylich, wann man die der Andacht und
einer Gottgefaͤlligen Freude gewidmeten Tage vermindern
muß, und wir haben Urſache Gott zu bitten, daß er die
Herzen der Großen auf Erden ſo leiten wolle, damit
ſie das ihnen anvertrauete Staatsſchiff nicht in beſtaͤndi-
gen Sturm fuͤhren, und ihre Unterthanen zum unaufhoͤr-
lichen Rudern bringen moͤgen. Allein ohne uns jetzt uͤber die
Strafbarkeit derjenigen zu beſchweren, welche die muͤtterli-
chen Wuͤnſche der Kirche vereiteln; ſo muͤſſen wir vielmehr
die Nachſicht der letztern verehren, und ihre Gelindigkeit be-
wundern, womit ſie unſern Beduͤrfniſſen entgegen koͤmmt.
Die Zeit kan kommen, wo ſie uns einen Moſes erweckt, der
den verdoppelten Frohnen Ziel ſetzet, und uns diejenigen Freu-
den wieder ſchenkt, welche ſie uns jetzt unwillig entzieht. Uns
koͤmmt es aber nicht zu, die Geheimnißvolle goͤttliche Fuͤh-
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