Lande gegangen; und in den nächsten zehn Jahren fliegt eine Million fort bloß für Mahagoni Meubles. Und warum das? Weil es die Marquisin schön findet. O wenn diese kluge Dame durch ihren Beyfall einen geschickten Tischler gäbe, und ihn zu neuen Geschöpfen aus Eichenholz vermöchte, wie vieles würde Sie, der Handwerker und das Land dabey gewinnen!
LVII. Das leichteste Mittel um zu gefallen.
... Man schreibt viel von der Kunst zu gefallen, und wenn jemals die Regeln Krücken gewesen, welche der Kranke gebraucht, und der Gesunde verwirft; so ist es in dieser Kunst. Das ganze Geheimniß bestehet in einem großen Ver- dienste und einem Loche im Strum pfe, oder um mich deutlicher zu erklären: man bemühe sich, der erste in seiner Art zu werden, und gebe dem Feinde einen, und dem Freunde zwy Fehler preiß. Der Neid des erstern, und die Fantasie des andern wird durch dieses geringe Opfer befriediget, und der eine wie der andere so sanft erhöhet werden, daß er sich selbst bey uns gefallen wird. Denn die Kunst zu gefallen bestehet nicht so wohl darinn, daß wir andern, sondern andere sich mit uns gefallen.
Ein vollkommner Mensch würde unerträglich seyn, und die- ses aus sehr natürlichen Ursachen. Erstlich würden wir sei- ner Vollkommenheit einen Anspruch auf Vorzug und Bewun- derung leihen, und dieses räumet unser theures Selbst ungern ein. Zweytens würden wir ihm keine Schwäche zeigen wollen, und in seiner Gesellschaft alle unsre Kräfte anspannen,
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Das leichteſte Mittel um zu gefallen.
Lande gegangen; und in den naͤchſten zehn Jahren fliegt eine Million fort bloß fuͤr Mahagoni Meubles. Und warum das? Weil es die Marquiſin ſchoͤn findet. O wenn dieſe kluge Dame durch ihren Beyfall einen geſchickten Tiſchler gaͤbe, und ihn zu neuen Geſchoͤpfen aus Eichenholz vermoͤchte, wie vieles wuͤrde Sie, der Handwerker und das Land dabey gewinnen!
LVII. Das leichteſte Mittel um zu gefallen.
… Man ſchreibt viel von der Kunſt zu gefallen, und wenn jemals die Regeln Kruͤcken geweſen, welche der Kranke gebraucht, und der Geſunde verwirft; ſo iſt es in dieſer Kunſt. Das ganze Geheimniß beſtehet in einem großen Ver- dienſte und einem Loche im Strum pfe, oder um mich deutlicher zu erklaͤren: man bemuͤhe ſich, der erſte in ſeiner Art zu werden, und gebe dem Feinde einen, und dem Freunde zwy Fehler preiß. Der Neid des erſtern, und die Fantaſie des andern wird durch dieſes geringe Opfer befriediget, und der eine wie der andere ſo ſanft erhoͤhet werden, daß er ſich ſelbſt bey uns gefallen wird. Denn die Kunſt zu gefallen beſtehet nicht ſo wohl darinn, daß wir andern, ſondern andere ſich mit uns gefallen.
Ein vollkommner Menſch wuͤrde unertraͤglich ſeyn, und die- ſes aus ſehr natuͤrlichen Urſachen. Erſtlich wuͤrden wir ſei- ner Vollkommenheit einen Anſpruch auf Vorzug und Bewun- derung leihen, und dieſes raͤumet unſer theures Selbſt ungern ein. Zweytens wuͤrden wir ihm keine Schwaͤche zeigen wollen, und in ſeiner Geſellſchaft alle unſre Kraͤfte anſpannen,
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Das leichteſte Mittel um zu gefallen.
Lande gegangen; und in den naͤchſten zehn Jahren fliegt eine
Million fort bloß fuͤr Mahagoni Meubles. Und warum das?
Weil es die Marquiſin ſchoͤn findet. O wenn dieſe kluge Dame
durch ihren Beyfall einen geſchickten Tiſchler gaͤbe, und ihn zu
neuen Geſchoͤpfen aus Eichenholz vermoͤchte, wie vieles wuͤrde
Sie, der Handwerker und das Land dabey gewinnen!
LVII.
Das leichteſte Mittel um zu gefallen.
… Man ſchreibt viel von der Kunſt zu gefallen, und wenn
jemals die Regeln Kruͤcken geweſen, welche der
Kranke gebraucht, und der Geſunde verwirft; ſo iſt es in dieſer
Kunſt. Das ganze Geheimniß beſtehet in einem großen Ver-
dienſte und einem Loche im Strum pfe, oder um mich deutlicher zu
erklaͤren: man bemuͤhe ſich, der erſte in ſeiner Art zu werden,
und gebe dem Feinde einen, und dem Freunde zwy Fehler
preiß. Der Neid des erſtern, und die Fantaſie des andern
wird durch dieſes geringe Opfer befriediget, und der eine wie
der andere ſo ſanft erhoͤhet werden, daß er ſich ſelbſt bey uns
gefallen wird. Denn die Kunſt zu gefallen beſtehet nicht ſo
wohl darinn, daß wir andern, ſondern andere ſich mit uns
gefallen.
Ein vollkommner Menſch wuͤrde unertraͤglich ſeyn, und die-
ſes aus ſehr natuͤrlichen Urſachen. Erſtlich wuͤrden wir ſei-
ner Vollkommenheit einen Anſpruch auf Vorzug und Bewun-
derung leihen, und dieſes raͤumet unſer theures Selbſt ungern
ein. Zweytens wuͤrden wir ihm keine Schwaͤche zeigen
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/375>, abgerufen am 25.11.2024.
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