Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.am besten auszuweichen. dem Unschuldigen vermischt wird, und dasjenige Kirchspiel,was sich allenfalls noch wohl selbst helfen könnte, mir den übri- gen einen gleichen Antheil an den gemeinen Amts- und Lan- desbeschwerden übernehmen muß: so verdrießt dieses das gute und haushälterische; es schwächt das Mitleid; und dasjenige Kirchspiel, was für die Seinige gewiß gesorgt haben würde, schlägt auch zum theuresten auf fremden Märkten los, weil es am Ende einerley ist, ob es gut oder schlecht gehandelt hat; indem doch allen durch die gemeinschaftliche Anstalt in gleicher Maaße geholfen werden muß. Nicht zu gedenken, daß bey allen großen Anstalten die wahre Bedürfniß und das Ver- dienst eines jeden Nothleidenden nicht so genau beurtheilet werden kan, als bey Anstalten im Kleinen, wo ein Nachbar den andern kennet, und denjenigen, der das seinige verschwen- det, oder theuer verkauft, oder sich selbst noch wohl helfen kan, zurück setzt, und wo ein jeder auch seines eignen Vortheils wegen darauf achtet, daß kein Betrug vorgehe, und keiner mehr erhalte, als er zur höchsten Nothdurft gebrauchet. Es giebt Meyer, die ihre Heuerleute und Beywohner auf die ge- meine Landesanstalt schicken, währender Zeit sie ihren eignen Vorrath theuer verkaufen; es giebt Leute, die es wohl bezahlen könnten, und sich doch arm stellen, wenn die Landesherrschaft der Armuth zum besten einen Vorrath wohlfeil losschlagen läßt; es giebt andre, die unter eignen oder geliehenen Namen sich mehrmalen zudringen, und hernach mit demjenigen, was sie wohlfeil erhalten, einen Handel treiben. Alles dieses ist der nothwendige Fehler großer Anstalten, wovon ein Kirch- spiel, worinn einer den andern kennet, nichts zu fürchten hat. Und ich getraue mir zu behaupten, daß 50 Kirchspiele, die zu einer gemeinschaftlichen Fürsorge verknüpft sind, 10000 Mal- fer Korn fordern werden, welche sich einzeln mit 4000 behel- ten würden. Es
am beſten auszuweichen. dem Unſchuldigen vermiſcht wird, und dasjenige Kirchſpiel,was ſich allenfalls noch wohl ſelbſt helfen koͤnnte, mir den uͤbri- gen einen gleichen Antheil an den gemeinen Amts- und Lan- desbeſchwerden uͤbernehmen muß: ſo verdrießt dieſes das gute und haushaͤlteriſche; es ſchwaͤcht das Mitleid; und dasjenige Kirchſpiel, was fuͤr die Seinige gewiß geſorgt haben wuͤrde, ſchlaͤgt auch zum theureſten auf fremden Maͤrkten los, weil es am Ende einerley iſt, ob es gut oder ſchlecht gehandelt hat; indem doch allen durch die gemeinſchaftliche Anſtalt in gleicher Maaße geholfen werden muß. Nicht zu gedenken, daß bey allen großen Anſtalten die wahre Beduͤrfniß und das Ver- dienſt eines jeden Nothleidenden nicht ſo genau beurtheilet werden kan, als bey Anſtalten im Kleinen, wo ein Nachbar den andern kennet, und denjenigen, der das ſeinige verſchwen- det, oder theuer verkauft, oder ſich ſelbſt noch wohl helfen kan, zuruͤck ſetzt, und wo ein jeder auch ſeines eignen Vortheils wegen darauf achtet, daß kein Betrug vorgehe, und keiner mehr erhalte, als er zur hoͤchſten Nothdurft gebrauchet. Es giebt Meyer, die ihre Heuerleute und Beywohner auf die ge- meine Landesanſtalt ſchicken, waͤhrender Zeit ſie ihren eignen Vorrath theuer verkaufen; es giebt Leute, die es wohl bezahlen koͤnnten, und ſich doch arm ſtellen, wenn die Landesherrſchaft der Armuth zum beſten einen Vorrath wohlfeil losſchlagen laͤßt; es giebt andre, die unter eignen oder geliehenen Namen ſich mehrmalen zudringen, und hernach mit demjenigen, was ſie wohlfeil erhalten, einen Handel treiben. Alles dieſes iſt der nothwendige Fehler großer Anſtalten, wovon ein Kirch- ſpiel, worinn einer den andern kennet, nichts zu fuͤrchten hat. Und ich getraue mir zu behaupten, daß 50 Kirchſpiele, die zu einer gemeinſchaftlichen Fuͤrſorge verknuͤpft ſind, 10000 Mal- fer Korn fordern werden, welche ſich einzeln mit 4000 behel- ten wuͤrden. Es
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am beſten auszuweichen.
dem Unſchuldigen vermiſcht wird, und dasjenige Kirchſpiel,
was ſich allenfalls noch wohl ſelbſt helfen koͤnnte, mir den uͤbri-
gen einen gleichen Antheil an den gemeinen Amts- und Lan-
desbeſchwerden uͤbernehmen muß: ſo verdrießt dieſes das gute
und haushaͤlteriſche; es ſchwaͤcht das Mitleid; und dasjenige
Kirchſpiel, was fuͤr die Seinige gewiß geſorgt haben wuͤrde,
ſchlaͤgt auch zum theureſten auf fremden Maͤrkten los, weil es
am Ende einerley iſt, ob es gut oder ſchlecht gehandelt hat;
indem doch allen durch die gemeinſchaftliche Anſtalt in gleicher
Maaße geholfen werden muß. Nicht zu gedenken, daß bey
allen großen Anſtalten die wahre Beduͤrfniß und das Ver-
dienſt eines jeden Nothleidenden nicht ſo genau beurtheilet
werden kan, als bey Anſtalten im Kleinen, wo ein Nachbar
den andern kennet, und denjenigen, der das ſeinige verſchwen-
det, oder theuer verkauft, oder ſich ſelbſt noch wohl helfen
kan, zuruͤck ſetzt, und wo ein jeder auch ſeines eignen Vortheils
wegen darauf achtet, daß kein Betrug vorgehe, und keiner
mehr erhalte, als er zur hoͤchſten Nothdurft gebrauchet. Es
giebt Meyer, die ihre Heuerleute und Beywohner auf die ge-
meine Landesanſtalt ſchicken, waͤhrender Zeit ſie ihren eignen
Vorrath theuer verkaufen; es giebt Leute, die es wohl bezahlen
koͤnnten, und ſich doch arm ſtellen, wenn die Landesherrſchaft
der Armuth zum beſten einen Vorrath wohlfeil losſchlagen
laͤßt; es giebt andre, die unter eignen oder geliehenen Namen
ſich mehrmalen zudringen, und hernach mit demjenigen, was
ſie wohlfeil erhalten, einen Handel treiben. Alles dieſes iſt
der nothwendige Fehler großer Anſtalten, wovon ein Kirch-
ſpiel, worinn einer den andern kennet, nichts zu fuͤrchten hat.
Und ich getraue mir zu behaupten, daß 50 Kirchſpiele, die zu
einer gemeinſchaftlichen Fuͤrſorge verknuͤpft ſind, 10000 Mal-
fer Korn fordern werden, welche ſich einzeln mit 4000 behel-
ten wuͤrden.
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