Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Vorschlag zum bessern Unterhalt gemeinschaftliche Auflagen zum allgemeinen Reichsbesten regie-ret werden könnte. Es ist kein Reich jetzt in der Welt, was nicht in solcher Absicht ein gewisses System hat, nach wel- chem Aus- und Einfuhr nach der innern Bedürfnisse des Staats entweder gehindert oder gehoben wird. Deutschland allein ist ein ofnes Reichs, was von allen seinen Nachbaren durch die Handlung geplündert wird, und in welchem das Interesse aller Seehäfen mit dem Interesse des innern Lan- des auf das offenbareste streitet. Kein einzelner Staat kan hierinn für sich eine große Aenderung machen, ohne weiter etwas zu thun, als den Handel, der bisher den Weg durch seine Straßen genommen, seinen laurenden Nachbaren zuzu- wenden. Was auf der Elbe zu sehr beschweret werden würde, liefe in die Weser, und was hier nicht ohne Abgabe eingehen könnte, würde die Emse suchen, oder durch die Niederlande zu uns kommen, ja wohl gar, so wie jetzt schon würklich ge- schieht, den Weg über Trieste nach Sachsen suchen. Die Franzosen, welche höchstens unsre rohen Producten einlassen, und solche jetzt aus vielen hieher nicht gehörigen Ursachen theurer als wir selbst nutzen können, nehmen nichts aus Deutschland, woran die Hand etwas beträchtliches gewon- nen hat, wir hingegen sehr viele Sachen, woran die Hand unendlich verdienet hat, von ihnen. Wir lassen solche frey ein, weil wir sie nach unser mißhelligen Verfassung nicht be- schweren können; und seitdem diese alten Erbfeinde deutscher Nation sich in unsre Erbfreunde verwandelt haben, können wir sicher darauf rechnen, daß sie unsre Fabriken nicht auf- kommen lassen werden, wenigstens diejenigen nicht, woran wir mehr als Salz und Brodt gewinnen könnten. Schwe- den erhält vermöge seiner Zollregister fast wenig oder nichts mehr von allem was wir ehedem dahin gesandt haben. Dännemark macht es nicht viel besser, und Rußlands Zölle sind
Vorſchlag zum beſſern Unterhalt gemeinſchaftliche Auflagen zum allgemeinen Reichsbeſten regie-ret werden koͤnnte. Es iſt kein Reich jetzt in der Welt, was nicht in ſolcher Abſicht ein gewiſſes Syſtem hat, nach wel- chem Aus- und Einfuhr nach der innern Beduͤrfniſſe des Staats entweder gehindert oder gehoben wird. Deutſchland allein iſt ein ofnes Reichs, was von allen ſeinen Nachbaren durch die Handlung gepluͤndert wird, und in welchem das Intereſſe aller Seehaͤfen mit dem Intereſſe des innern Lan- des auf das offenbareſte ſtreitet. Kein einzelner Staat kan hierinn fuͤr ſich eine große Aenderung machen, ohne weiter etwas zu thun, als den Handel, der bisher den Weg durch ſeine Straßen genommen, ſeinen laurenden Nachbaren zuzu- wenden. Was auf der Elbe zu ſehr beſchweret werden wuͤrde, liefe in die Weſer, und was hier nicht ohne Abgabe eingehen koͤnnte, wuͤrde die Emſe ſuchen, oder durch die Niederlande zu uns kommen, ja wohl gar, ſo wie jetzt ſchon wuͤrklich ge- ſchieht, den Weg uͤber Trieſte nach Sachſen ſuchen. Die Franzoſen, welche hoͤchſtens unſre rohen Producten einlaſſen, und ſolche jetzt aus vielen hieher nicht gehoͤrigen Urſachen theurer als wir ſelbſt nutzen koͤnnen, nehmen nichts aus Deutſchland, woran die Hand etwas betraͤchtliches gewon- nen hat, wir hingegen ſehr viele Sachen, woran die Hand unendlich verdienet hat, von ihnen. Wir laſſen ſolche frey ein, weil wir ſie nach unſer mißhelligen Verfaſſung nicht be- ſchweren koͤnnen; und ſeitdem dieſe alten Erbfeinde deutſcher Nation ſich in unſre Erbfreunde verwandelt haben, koͤnnen wir ſicher darauf rechnen, daß ſie unſre Fabriken nicht auf- kommen laſſen werden, wenigſtens diejenigen nicht, woran wir mehr als Salz und Brodt gewinnen koͤnnten. Schwe- den erhaͤlt vermoͤge ſeiner Zollregiſter faſt wenig oder nichts mehr von allem was wir ehedem dahin geſandt haben. Daͤnnemark macht es nicht viel beſſer, und Rußlands Zoͤlle ſind
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0472" n="454"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorſchlag zum beſſern Unterhalt</hi></fw><lb/> gemeinſchaftliche Auflagen zum allgemeinen Reichsbeſten regie-<lb/> ret werden koͤnnte. Es iſt kein Reich jetzt in der Welt, was<lb/> nicht in ſolcher Abſicht ein gewiſſes Syſtem hat, nach wel-<lb/> chem Aus- und Einfuhr nach der innern Beduͤrfniſſe des<lb/> Staats entweder gehindert oder gehoben wird. Deutſchland<lb/> allein iſt ein ofnes Reichs, was von allen ſeinen Nachbaren<lb/> durch die Handlung gepluͤndert wird, und in welchem das<lb/> Intereſſe aller Seehaͤfen mit dem Intereſſe des innern Lan-<lb/> des auf das offenbareſte ſtreitet. Kein einzelner Staat kan<lb/> hierinn fuͤr ſich eine große Aenderung machen, ohne weiter<lb/> etwas zu thun, als den Handel, der bisher den Weg durch<lb/> ſeine Straßen genommen, ſeinen laurenden Nachbaren zuzu-<lb/> wenden. Was auf der Elbe zu ſehr beſchweret werden wuͤrde,<lb/> liefe in die Weſer, und was hier nicht ohne Abgabe eingehen<lb/> koͤnnte, wuͤrde die Emſe ſuchen, oder durch die Niederlande<lb/> zu uns kommen, ja wohl gar, ſo wie jetzt ſchon wuͤrklich ge-<lb/> ſchieht, den Weg uͤber Trieſte nach Sachſen ſuchen. Die<lb/> Franzoſen, welche hoͤchſtens unſre rohen Producten einlaſſen,<lb/> und ſolche jetzt aus vielen hieher nicht gehoͤrigen Urſachen<lb/> theurer als wir ſelbſt nutzen koͤnnen, nehmen nichts aus<lb/> Deutſchland, woran die Hand etwas betraͤchtliches gewon-<lb/> nen hat, wir hingegen ſehr viele Sachen, woran die Hand<lb/> unendlich verdienet hat, von ihnen. Wir laſſen ſolche frey<lb/> ein, weil wir ſie nach unſer mißhelligen Verfaſſung nicht be-<lb/> ſchweren koͤnnen; und ſeitdem dieſe alten Erbfeinde deutſcher<lb/> Nation ſich in unſre Erbfreunde verwandelt haben, koͤnnen<lb/> wir ſicher darauf rechnen, daß ſie unſre Fabriken nicht auf-<lb/> kommen laſſen werden, wenigſtens diejenigen nicht, woran<lb/> wir mehr als Salz und Brodt gewinnen koͤnnten. Schwe-<lb/> den erhaͤlt vermoͤge ſeiner Zollregiſter faſt wenig oder<lb/> nichts mehr von allem was wir ehedem dahin geſandt haben.<lb/> Daͤnnemark macht es nicht viel beſſer, und Rußlands Zoͤlle<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſind</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [454/0472]
Vorſchlag zum beſſern Unterhalt
gemeinſchaftliche Auflagen zum allgemeinen Reichsbeſten regie-
ret werden koͤnnte. Es iſt kein Reich jetzt in der Welt, was
nicht in ſolcher Abſicht ein gewiſſes Syſtem hat, nach wel-
chem Aus- und Einfuhr nach der innern Beduͤrfniſſe des
Staats entweder gehindert oder gehoben wird. Deutſchland
allein iſt ein ofnes Reichs, was von allen ſeinen Nachbaren
durch die Handlung gepluͤndert wird, und in welchem das
Intereſſe aller Seehaͤfen mit dem Intereſſe des innern Lan-
des auf das offenbareſte ſtreitet. Kein einzelner Staat kan
hierinn fuͤr ſich eine große Aenderung machen, ohne weiter
etwas zu thun, als den Handel, der bisher den Weg durch
ſeine Straßen genommen, ſeinen laurenden Nachbaren zuzu-
wenden. Was auf der Elbe zu ſehr beſchweret werden wuͤrde,
liefe in die Weſer, und was hier nicht ohne Abgabe eingehen
koͤnnte, wuͤrde die Emſe ſuchen, oder durch die Niederlande
zu uns kommen, ja wohl gar, ſo wie jetzt ſchon wuͤrklich ge-
ſchieht, den Weg uͤber Trieſte nach Sachſen ſuchen. Die
Franzoſen, welche hoͤchſtens unſre rohen Producten einlaſſen,
und ſolche jetzt aus vielen hieher nicht gehoͤrigen Urſachen
theurer als wir ſelbſt nutzen koͤnnen, nehmen nichts aus
Deutſchland, woran die Hand etwas betraͤchtliches gewon-
nen hat, wir hingegen ſehr viele Sachen, woran die Hand
unendlich verdienet hat, von ihnen. Wir laſſen ſolche frey
ein, weil wir ſie nach unſer mißhelligen Verfaſſung nicht be-
ſchweren koͤnnen; und ſeitdem dieſe alten Erbfeinde deutſcher
Nation ſich in unſre Erbfreunde verwandelt haben, koͤnnen
wir ſicher darauf rechnen, daß ſie unſre Fabriken nicht auf-
kommen laſſen werden, wenigſtens diejenigen nicht, woran
wir mehr als Salz und Brodt gewinnen koͤnnten. Schwe-
den erhaͤlt vermoͤge ſeiner Zollregiſter faſt wenig oder
nichts mehr von allem was wir ehedem dahin geſandt haben.
Daͤnnemark macht es nicht viel beſſer, und Rußlands Zoͤlle
ſind
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |