Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Die gerichtlichen Vorladungen verdiene: so will ich eben nicht sagen, daß er solches unan-geführt lassen solle. Es ist aber weit wichtiger, wenn er sagt: daß der Schuldner wegen verschiedener erlittener beträcht- licher und wohl bekannter oder hinlänglich bescheinigter Unglücksfälle, Nachlaß und Stillestand verlange, als wenn er dessen blosse Klage der Ladung einverleibt, und jedem muthwilligen Schuldner eine öffentliche Standrede hält. Er muntert durch ein so erbauliches Gepränge nur mehrere auf, sich des Galgens würdig zu machen, um recht andächtig zu dem Orte ihrer traurigen Bestimmung hin- gesungen zu werden. Die Absicht und der Inhalt unser mehrsten Ladungen Diese Wohlthat, welche die Natur und die gesunde Ver- anzu-
Die gerichtlichen Vorladungen verdiene: ſo will ich eben nicht ſagen, daß er ſolches unan-gefuͤhrt laſſen ſolle. Es iſt aber weit wichtiger, wenn er ſagt: daß der Schuldner wegen verſchiedener erlittener betraͤcht- licher und wohl bekannter oder hinlaͤnglich beſcheinigter Ungluͤcksfaͤlle, Nachlaß und Stilleſtand verlange, als wenn er deſſen bloſſe Klage der Ladung einverleibt, und jedem muthwilligen Schuldner eine oͤffentliche Standrede haͤlt. Er muntert durch ein ſo erbauliches Gepraͤnge nur mehrere auf, ſich des Galgens wuͤrdig zu machen, um recht andaͤchtig zu dem Orte ihrer traurigen Beſtimmung hin- geſungen zu werden. Die Abſicht und der Inhalt unſer mehrſten Ladungen Dieſe Wohlthat, welche die Natur und die geſunde Ver- anzu-
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Die gerichtlichen Vorladungen
verdiene: ſo will ich eben nicht ſagen, daß er ſolches unan-
gefuͤhrt laſſen ſolle. Es iſt aber weit wichtiger, wenn er
ſagt:
daß der Schuldner wegen verſchiedener erlittener betraͤcht-
licher und wohl bekannter oder hinlaͤnglich beſcheinigter
Ungluͤcksfaͤlle, Nachlaß und Stilleſtand verlange,
als wenn er deſſen bloſſe Klage der Ladung einverleibt, und
jedem muthwilligen Schuldner eine oͤffentliche Standrede
haͤlt. Er muntert durch ein ſo erbauliches Gepraͤnge nur
mehrere auf, ſich des Galgens wuͤrdig zu machen, um recht
andaͤchtig zu dem Orte ihrer traurigen Beſtimmung hin-
geſungen zu werden.
Die Abſicht und der Inhalt unſer mehrſten Ladungen
iſt dieſe:
Daß ein Landbeſitzer gern unter einem Richter ſtehen;
ſeinen Glaͤubigern vor demſelben ihre voͤllige Sicherheit
zeigen, und ſie bewegen wolle, ihn doch nicht an vier
Gerichte zu zerren, und ihre eigene Sicherheit nicht durch
Gerichtsſporteln zu erſchoͤpfen; ſondern jaͤhrlich nach der
Ordnung mit demjenigen zufrieden zu ſeyn, was ſein
unterhabender Hof auf bringen kann.
Dieſe Wohlthat, welche die Natur und die geſunde Ver-
nunft, oder die Vorſorge des Geſetzgebers jedem ehrlichen
Landbeſitzer geben ſollte, dem es unmoͤglich iſt, mehr Geld
aufzubringen, als die Fruͤchte ſeines Hofes gelden moͤgen,
und der gleichwol, wenn er uͤber viermal zwanzig Thaler
an vier Gerichtern beſprochen, und in Zeit von vier Mo-
naten gewiß in doppelt ſo viel Koſten geſtuͤrzt wird, ſich
niemals retten kann, erfordert weiter nichts, als
daß der Richter ihn mit einem Generalarreſt gegen die
andere Gerichte decke, hierauf ſeine Glaͤubiger auf einen
beſtimmten Tag vor ſich fordere, um ihre Forderungen
anzu-
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