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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Vom Hüten der Schweine.
schlossen würde. Ihre Gärten aber könnten überhaupt
mit den Feldern nicht in Vergleichung gebracht werden;
es wären weit höhere Gründe, warum man die Schweine
vor den Feldern, als vor den Gärten hüten müßte, die
doch allemal einigermassen verwahret werden könnten;
wäre es gleich ausserhalb des Dorfs nicht möglich so stark
zu zäunen, daß kein Schwein durchbrechen könnte: so
wären doch einmal die Jochhecken, so man den Schwei-
nen umhienge, um sie vom Durchbrechen abzuhalten,
ein besseres und leichters Mittel, als ein kostbarer Hirte;
dann aber verstünde es sich von selbst, daß wenn ein her-
umlaufendes Schwein jemanden zu Schaden gienge, sol-
ches nach dem Sachsenrecht gepfändet, und der Eigner
des Schweins zur Ersetzung des Schadens, und der
dabey gewillkührten Strafe angehalten werden könnte;
dieses würde einen jeden schon bewegen seine herumlau-
fenden Schweine nicht ganz aus der Acht zu lassen; und
es sey solchemnach nicht nöthig, das blosse Herumlaufen
derselben so fort für straffällig zu erklären, mithin jeden
durchaus zu zwingen, seine Schweine auf dem Stalle
oder beständig vor dem Hirten zu halten; zu der Stall-
fütterung könne kein geringer Mann gelangen und ein
Hirte sey zu kostbar. Dieser müsse also sein Schwein ab-
schaffen; und sich seiner besten Hülfe berauben; der Sach-
senspiegel (B. II. Art. 47.) habe ebenfals nur auf den
Schaden, nicht aber auf das Herumlaufen gesehen; und
der Churfürst Carl habe unterm 28 Sept. 1702. mit einer
eben so billigen Rücksicht auf das allgemeine Beste ver-
ordnet:

Daß jeder Unterthan seine Schweine dergestalt hü-
ten solle, damit niemand dadurch einiger Schade
zugefügt würde,

nicht
O 2

Vom Huͤten der Schweine.
ſchloſſen wuͤrde. Ihre Gaͤrten aber koͤnnten uͤberhaupt
mit den Feldern nicht in Vergleichung gebracht werden;
es waͤren weit hoͤhere Gruͤnde, warum man die Schweine
vor den Feldern, als vor den Gaͤrten huͤten muͤßte, die
doch allemal einigermaſſen verwahret werden koͤnnten;
waͤre es gleich auſſerhalb des Dorfs nicht moͤglich ſo ſtark
zu zaͤunen, daß kein Schwein durchbrechen koͤnnte: ſo
waͤren doch einmal die Jochhecken, ſo man den Schwei-
nen umhienge, um ſie vom Durchbrechen abzuhalten,
ein beſſeres und leichters Mittel, als ein koſtbarer Hirte;
dann aber verſtuͤnde es ſich von ſelbſt, daß wenn ein her-
umlaufendes Schwein jemanden zu Schaden gienge, ſol-
ches nach dem Sachſenrecht gepfaͤndet, und der Eigner
des Schweins zur Erſetzung des Schadens, und der
dabey gewillkuͤhrten Strafe angehalten werden koͤnnte;
dieſes wuͤrde einen jeden ſchon bewegen ſeine herumlau-
fenden Schweine nicht ganz aus der Acht zu laſſen; und
es ſey ſolchemnach nicht noͤthig, das bloſſe Herumlaufen
derſelben ſo fort fuͤr ſtraffaͤllig zu erklaͤren, mithin jeden
durchaus zu zwingen, ſeine Schweine auf dem Stalle
oder beſtaͤndig vor dem Hirten zu halten; zu der Stall-
fuͤtterung koͤnne kein geringer Mann gelangen und ein
Hirte ſey zu koſtbar. Dieſer muͤſſe alſo ſein Schwein ab-
ſchaffen; und ſich ſeiner beſten Huͤlfe berauben; der Sach-
ſenſpiegel (B. II. Art. 47.) habe ebenfals nur auf den
Schaden, nicht aber auf das Herumlaufen geſehen; und
der Churfuͤrſt Carl habe unterm 28 Sept. 1702. mit einer
eben ſo billigen Ruͤckſicht auf das allgemeine Beſte ver-
ordnet:

Daß jeder Unterthan ſeine Schweine dergeſtalt huͤ-
ten ſolle, damit niemand dadurch einiger Schade
zugefuͤgt wuͤrde,

nicht
O 2
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[211/0225] Vom Huͤten der Schweine. ſchloſſen wuͤrde. Ihre Gaͤrten aber koͤnnten uͤberhaupt mit den Feldern nicht in Vergleichung gebracht werden; es waͤren weit hoͤhere Gruͤnde, warum man die Schweine vor den Feldern, als vor den Gaͤrten huͤten muͤßte, die doch allemal einigermaſſen verwahret werden koͤnnten; waͤre es gleich auſſerhalb des Dorfs nicht moͤglich ſo ſtark zu zaͤunen, daß kein Schwein durchbrechen koͤnnte: ſo waͤren doch einmal die Jochhecken, ſo man den Schwei- nen umhienge, um ſie vom Durchbrechen abzuhalten, ein beſſeres und leichters Mittel, als ein koſtbarer Hirte; dann aber verſtuͤnde es ſich von ſelbſt, daß wenn ein her- umlaufendes Schwein jemanden zu Schaden gienge, ſol- ches nach dem Sachſenrecht gepfaͤndet, und der Eigner des Schweins zur Erſetzung des Schadens, und der dabey gewillkuͤhrten Strafe angehalten werden koͤnnte; dieſes wuͤrde einen jeden ſchon bewegen ſeine herumlau- fenden Schweine nicht ganz aus der Acht zu laſſen; und es ſey ſolchemnach nicht noͤthig, das bloſſe Herumlaufen derſelben ſo fort fuͤr ſtraffaͤllig zu erklaͤren, mithin jeden durchaus zu zwingen, ſeine Schweine auf dem Stalle oder beſtaͤndig vor dem Hirten zu halten; zu der Stall- fuͤtterung koͤnne kein geringer Mann gelangen und ein Hirte ſey zu koſtbar. Dieſer muͤſſe alſo ſein Schwein ab- ſchaffen; und ſich ſeiner beſten Huͤlfe berauben; der Sach- ſenſpiegel (B. II. Art. 47.) habe ebenfals nur auf den Schaden, nicht aber auf das Herumlaufen geſehen; und der Churfuͤrſt Carl habe unterm 28 Sept. 1702. mit einer eben ſo billigen Ruͤckſicht auf das allgemeine Beſte ver- ordnet: Daß jeder Unterthan ſeine Schweine dergeſtalt huͤ- ten ſolle, damit niemand dadurch einiger Schade zugefuͤgt wuͤrde, nicht O 2

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/225>, abgerufen am 27.11.2024.