sehr erschreckt hätte, erzeugten plötzlich ganz andere Em- pfindungen, die sich mit einer zärtlichen Umarmung, und mit Bitten um Vergebung von beyden Seiten endigten.
Aber, werden Sie, meine Theureste, fragen, was war denn nun endlich ihr gemeinschaftlicher Entschluß? Hier- auf kann ich Ihnen vorerst nur so viel sagen, daß alle Gründe auf beyden Seiten, welche von dem geschätzten Nichts der eiteln Ehre, von dem Raupenstande, worinn wir uns hier auf Erden befinden, von der Spanne Zeit
Worauf wir eben stehn, Von der wir nichts, eh heute ward, gesehn, Von der wir kaum die Spur, eh Morgen wird, noch wissen: Da von dem Augenblick, zu dem wir eben gehn, Schon wieder unter unsern Füssen Das Meer der Ewigkeit -- das unsern Schritt umringt, Stets vor ihm Land enthüllt und hinter ihm verschlingt -- Den einen Theil hinabgerissen --
und andern dergleichen schönen poetischen Bilder entlehnt wurden, gar nichts verfangen wollten. Ich verschanzte mich blos, nachdem wir unser moralisches Pulver gegen einander verschossen hatten, hinter den Einwurf: aber wenn es nun der Wohlstand durchaus erfordert? und mein Mann blieb auf seiner Batterie: aber wenn ich es nun nicht bezahlen kann? In dieser Stellung, worinn wir uns als Personenfreunde und Sachenfeinde die Hände über die Verschanzungen reichten, standen wir beyde eine lange Zeit ohne einen Schritt zu weichen.
Ich
ohne Gewiſſensſcrupel folgen.
ſehr erſchreckt haͤtte, erzeugten ploͤtzlich ganz andere Em- pfindungen, die ſich mit einer zaͤrtlichen Umarmung, und mit Bitten um Vergebung von beyden Seiten endigten.
Aber, werden Sie, meine Theureſte, fragen, was war denn nun endlich ihr gemeinſchaftlicher Entſchluß? Hier- auf kann ich Ihnen vorerſt nur ſo viel ſagen, daß alle Gruͤnde auf beyden Seiten, welche von dem geſchaͤtzten Nichts der eiteln Ehre, von dem Raupenſtande, worinn wir uns hier auf Erden befinden, von der Spanne Zeit
Worauf wir eben ſtehn, Von der wir nichts, eh heute ward, geſehn, Von der wir kaum die Spur, eh Morgen wird, noch wiſſen: Da von dem Augenblick, zu dem wir eben gehn, Schon wieder unter unſern Fuͤſſen Das Meer der Ewigkeit — das unſern Schritt umringt, Stets vor ihm Land enthuͤllt und hinter ihm verſchlingt — Den einen Theil hinabgeriſſen —
und andern dergleichen ſchoͤnen poetiſchen Bilder entlehnt wurden, gar nichts verfangen wollten. Ich verſchanzte mich blos, nachdem wir unſer moraliſches Pulver gegen einander verſchoſſen hatten, hinter den Einwurf: aber wenn es nun der Wohlſtand durchaus erfordert? und mein Mann blieb auf ſeiner Batterie: aber wenn ich es nun nicht bezahlen kann? In dieſer Stellung, worinn wir uns als Perſonenfreunde und Sachenfeinde die Haͤnde uͤber die Verſchanzungen reichten, ſtanden wir beyde eine lange Zeit ohne einen Schritt zu weichen.
Ich
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ohne Gewiſſensſcrupel folgen.
ſehr erſchreckt haͤtte, erzeugten ploͤtzlich ganz andere Em-
pfindungen, die ſich mit einer zaͤrtlichen Umarmung, und
mit Bitten um Vergebung von beyden Seiten endigten.
Aber, werden Sie, meine Theureſte, fragen, was war
denn nun endlich ihr gemeinſchaftlicher Entſchluß? Hier-
auf kann ich Ihnen vorerſt nur ſo viel ſagen, daß alle
Gruͤnde auf beyden Seiten, welche von dem geſchaͤtzten
Nichts der eiteln Ehre, von dem Raupenſtande, worinn
wir uns hier auf Erden befinden, von der Spanne Zeit
Worauf wir eben ſtehn,
Von der wir nichts, eh heute ward, geſehn,
Von der wir kaum die Spur, eh Morgen wird,
noch wiſſen:
Da von dem Augenblick, zu dem wir eben gehn,
Schon wieder unter unſern Fuͤſſen
Das Meer der Ewigkeit — das unſern Schritt
umringt,
Stets vor ihm Land enthuͤllt und hinter ihm
verſchlingt —
Den einen Theil hinabgeriſſen —
und andern dergleichen ſchoͤnen poetiſchen Bilder entlehnt
wurden, gar nichts verfangen wollten. Ich verſchanzte
mich blos, nachdem wir unſer moraliſches Pulver gegen
einander verſchoſſen hatten, hinter den Einwurf: aber
wenn es nun der Wohlſtand durchaus erfordert? und
mein Mann blieb auf ſeiner Batterie: aber wenn ich es
nun nicht bezahlen kann? In dieſer Stellung, worinn
wir uns als Perſonenfreunde und Sachenfeinde die Haͤnde
uͤber die Verſchanzungen reichten, ſtanden wir beyde eine
lange Zeit ohne einen Schritt zu weichen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/25>, abgerufen am 27.07.2024.
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