Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

über den westphälischen Leibeigenthum.
eilf Mansi fielen also aus der Liste des Reichshauptmanns
ganz weg; es brauchte ihm davon keiner präsentirt zu wer-
den; und da die Geharnischten ihre eigne Compagnie aus-
machten, mithin dem Aufbote des Hauptmanns entgiengen:
so hatte er sich um diese gar nicht mehr zu bekümmern. Die
eilf Mansi konnten also nach Gefallen besetzt werden; dies
geschahe vielfältig mit Leibeignen; und daher entstand ver-
muthlich der noch jetzt sogenannte Leibeigenthum nach
Ritterrechte.

Ganz anders verhielt es sich mit denen Höfen, die nicht
durch geharnischte außerhalb des Hauptmannscompagnie
vertreten oder verdienet wurden. Diese blieben in der Rolle;
und der Eigenthümer, wie er davon zog, muste dem Haupt-
mann einen tüchtigen Mann präsentiren, der kein Leibeigner
seyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folg-
lich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte Dies gab
in der Folge Gelegenheit zu unserm Eigenthum nach Ha-
ves-
oder, wie wir es zusammen ziehen, Hausgenossen-
rechte;
und wir finden hierinn sofort den Grund, warum
sich im Hausgenossenrechte eine Heergewedde, worunter
Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hin-
gegen dergleichen nicht, befindet. Denn das Heergewedde
der letztern steckt in dem Harnische, wodurch zwölf Mansi
dispensiret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Un-
fehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeig-
nen nach Ritterrecht kein Hofgewehr, und alle unsre alten
Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen
gedacht haben; da es doch hingegen im Hausgenossenrechte
und in allen Ländern bekannt ist, wo die Ackerhöfe nicht
mit Leibeignen besetzt sind. Denn das Hofgewehr ist dieje-
nige geheiligte Rüstung, womit jeder Unterthan zum ge-
meinen Dienst allezeit in dienst- und marschfertigem Stande
seyn muß, und wovon kein Stück fehlen darf. Wo der

Pflug

uͤber den weſtphaͤliſchen Leibeigenthum.
eilf Manſi fielen alſo aus der Liſte des Reichshauptmanns
ganz weg; es brauchte ihm davon keiner praͤſentirt zu wer-
den; und da die Geharniſchten ihre eigne Compagnie aus-
machten, mithin dem Aufbote des Hauptmanns entgiengen:
ſo hatte er ſich um dieſe gar nicht mehr zu bekuͤmmern. Die
eilf Manſi konnten alſo nach Gefallen beſetzt werden; dies
geſchahe vielfaͤltig mit Leibeignen; und daher entſtand ver-
muthlich der noch jetzt ſogenannte Leibeigenthum nach
Ritterrechte.

Ganz anders verhielt es ſich mit denen Hoͤfen, die nicht
durch geharniſchte außerhalb des Hauptmannscompagnie
vertreten oder verdienet wurden. Dieſe blieben in der Rolle;
und der Eigenthuͤmer, wie er davon zog, muſte dem Haupt-
mann einen tuͤchtigen Mann praͤſentiren, der kein Leibeigner
ſeyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folg-
lich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte Dies gab
in der Folge Gelegenheit zu unſerm Eigenthum nach Ha-
ves-
oder, wie wir es zuſammen ziehen, Hausgenoſſen-
rechte;
und wir finden hierinn ſofort den Grund, warum
ſich im Hausgenoſſenrechte eine Heergewedde, worunter
Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hin-
gegen dergleichen nicht, befindet. Denn das Heergewedde
der letztern ſteckt in dem Harniſche, wodurch zwoͤlf Manſi
diſpenſiret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Un-
fehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeig-
nen nach Ritterrecht kein Hofgewehr, und alle unſre alten
Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen
gedacht haben; da es doch hingegen im Hausgenoſſenrechte
und in allen Laͤndern bekannt iſt, wo die Ackerhoͤfe nicht
mit Leibeignen beſetzt ſind. Denn das Hofgewehr iſt dieje-
nige geheiligte Ruͤſtung, womit jeder Unterthan zum ge-
meinen Dienſt allezeit in dienſt- und marſchfertigem Stande
ſeyn muß, und wovon kein Stuͤck fehlen darf. Wo der

Pflug
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0285" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber den we&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Leibeigenthum.</hi></fw><lb/>
eilf <hi rendition="#aq">Man&#x017F;i</hi> fielen al&#x017F;o aus der Li&#x017F;te des Reichshauptmanns<lb/>
ganz weg; es brauchte ihm davon keiner pra&#x0364;&#x017F;entirt zu wer-<lb/>
den; und da die Geharni&#x017F;chten ihre eigne Compagnie aus-<lb/>
machten, mithin dem Aufbote des Hauptmanns entgiengen:<lb/>
&#x017F;o hatte er &#x017F;ich um die&#x017F;e gar nicht mehr zu beku&#x0364;mmern. Die<lb/>
eilf <hi rendition="#aq">Man&#x017F;i</hi> konnten al&#x017F;o nach <hi rendition="#fr">Gefallen</hi> be&#x017F;etzt werden; dies<lb/>
ge&#x017F;chahe vielfa&#x0364;ltig mit Leibeignen; und daher ent&#x017F;tand ver-<lb/>
muthlich der noch jetzt &#x017F;ogenannte <hi rendition="#fr">Leibeigenthum nach<lb/>
Ritterrechte.</hi></p><lb/>
        <p>Ganz anders verhielt es &#x017F;ich mit denen Ho&#x0364;fen, die nicht<lb/>
durch geharni&#x017F;chte außerhalb des Hauptmannscompagnie<lb/>
vertreten oder verdienet wurden. Die&#x017F;e blieben in der Rolle;<lb/>
und der Eigenthu&#x0364;mer, wie er davon zog, mu&#x017F;te dem Haupt-<lb/>
mann einen tu&#x0364;chtigen Mann pra&#x0364;&#x017F;entiren, der kein Leibeigner<lb/>
&#x017F;eyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folg-<lb/>
lich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte Dies gab<lb/>
in der Folge Gelegenheit zu un&#x017F;erm <hi rendition="#fr">Eigenthum nach Ha-<lb/>
ves-</hi> oder, wie wir es zu&#x017F;ammen ziehen, <hi rendition="#fr">Hausgeno&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
rechte;</hi> und wir finden hierinn &#x017F;ofort den Grund, warum<lb/>
&#x017F;ich im Hausgeno&#x017F;&#x017F;enrechte eine Heergewedde, worunter<lb/>
Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hin-<lb/>
gegen dergleichen nicht, befindet. Denn das Heergewedde<lb/>
der letztern &#x017F;teckt in dem Harni&#x017F;che, wodurch zwo&#x0364;lf <hi rendition="#aq">Man&#x017F;i</hi><lb/>
di&#x017F;pen&#x017F;iret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Un-<lb/>
fehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeig-<lb/>
nen nach Ritterrecht kein Hofgewehr, und alle un&#x017F;re alten<lb/>
Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen<lb/>
gedacht haben; da es doch hingegen im Hausgeno&#x017F;&#x017F;enrechte<lb/>
und in allen La&#x0364;ndern bekannt i&#x017F;t, wo die Ackerho&#x0364;fe nicht<lb/>
mit Leibeignen be&#x017F;etzt &#x017F;ind. Denn das Hofgewehr i&#x017F;t dieje-<lb/>
nige geheiligte Ru&#x0364;&#x017F;tung, womit jeder Unterthan zum ge-<lb/>
meinen Dien&#x017F;t allezeit in dien&#x017F;t- und mar&#x017F;chfertigem Stande<lb/>
&#x017F;eyn muß, und wovon kein Stu&#x0364;ck fehlen darf. Wo der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Pflug</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0285] uͤber den weſtphaͤliſchen Leibeigenthum. eilf Manſi fielen alſo aus der Liſte des Reichshauptmanns ganz weg; es brauchte ihm davon keiner praͤſentirt zu wer- den; und da die Geharniſchten ihre eigne Compagnie aus- machten, mithin dem Aufbote des Hauptmanns entgiengen: ſo hatte er ſich um dieſe gar nicht mehr zu bekuͤmmern. Die eilf Manſi konnten alſo nach Gefallen beſetzt werden; dies geſchahe vielfaͤltig mit Leibeignen; und daher entſtand ver- muthlich der noch jetzt ſogenannte Leibeigenthum nach Ritterrechte. Ganz anders verhielt es ſich mit denen Hoͤfen, die nicht durch geharniſchte außerhalb des Hauptmannscompagnie vertreten oder verdienet wurden. Dieſe blieben in der Rolle; und der Eigenthuͤmer, wie er davon zog, muſte dem Haupt- mann einen tuͤchtigen Mann praͤſentiren, der kein Leibeigner ſeyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folg- lich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte Dies gab in der Folge Gelegenheit zu unſerm Eigenthum nach Ha- ves- oder, wie wir es zuſammen ziehen, Hausgenoſſen- rechte; und wir finden hierinn ſofort den Grund, warum ſich im Hausgenoſſenrechte eine Heergewedde, worunter Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hin- gegen dergleichen nicht, befindet. Denn das Heergewedde der letztern ſteckt in dem Harniſche, wodurch zwoͤlf Manſi diſpenſiret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Un- fehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeig- nen nach Ritterrecht kein Hofgewehr, und alle unſre alten Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen gedacht haben; da es doch hingegen im Hausgenoſſenrechte und in allen Laͤndern bekannt iſt, wo die Ackerhoͤfe nicht mit Leibeignen beſetzt ſind. Denn das Hofgewehr iſt dieje- nige geheiligte Ruͤſtung, womit jeder Unterthan zum ge- meinen Dienſt allezeit in dienſt- und marſchfertigem Stande ſeyn muß, und wovon kein Stuͤck fehlen darf. Wo der Pflug

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/285
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/285>, abgerufen am 25.11.2024.