zu würken -- das weiß ich nicht. Also wird auch wohl die Algeber nicht hinreichen das wo? auszufinden.
So viel kann ich Ihnen indessen doch sagen. Verspie- len Sie nicht mehr als sie bezahlen können, stellen Sie sich die Spanier, Neapolitaner, Barben und Engländer nicht zu reitzend vor, verlieben Sie sich nicht in Mohren und Läufer -- Aber wenn es doch nun die Mode würde? wenn es der Wohlstand durchaus erforderte dies alles zu haben, wenn man zum Vergnügen seiner Gäste eine Bank, ein Orchester, und eine kleine Truppe zur Operette halten mü- ste? könnte man denn mit ein Paar Friesen gegen der Grä- fin ihre Barben erscheinen, oder die Küchenmagd zur Sou- brette gebrauchen? Ich glaube doch, man müste, wenn einem der elende Gutegroschen fehlte, und man würde sei- nen Friesen die Mähnen so frisiren lassen müssen, daß sie auch ein air de barbet bekämen.
Doch nein, das geht nicht; ich verachte den Bettel- stolz, der mitmachen will und nicht kann. Lieber zu Hause und in der Kinderstube geblieben .... Aber dann wären wir ja wieder bey dem heroischen Entschlusse oder bey dem abstechenden Original, und spielten die gute Mutter oder oder machten die zärtliche Frau -- verzweifelter Cirkel, der gar kein Ende nehmen will! Könnte ich Ihnen, meine Theureste! die ganze Schelmerey meines Herzens, -- aber es ist keine böse Schelmerey -- die Franzosen nennen sie le savoir faire -- so auf das Papier mahlen: so würde ich Ihnen vielleicht noch einen guten Rath geben, und zei- gen können, wie man das Machen und Spielen, den Mangel und die Verlegenheit, den Stolz und die Beschei- denheit, mit dem Pinsel jener Schelmerey so durch einan- der vertiefen, vermischen, vertreiben und vereinigen kön- ne, daß die Abstiche gar nicht bemerkt, und so wenig der
dispa-
Alſo kann man der Mode
zu wuͤrken — das weiß ich nicht. Alſo wird auch wohl die Algeber nicht hinreichen das wo? auszufinden.
So viel kann ich Ihnen indeſſen doch ſagen. Verſpie- len Sie nicht mehr als ſie bezahlen koͤnnen, ſtellen Sie ſich die Spanier, Neapolitaner, Barben und Englaͤnder nicht zu reitzend vor, verlieben Sie ſich nicht in Mohren und Laͤufer — Aber wenn es doch nun die Mode wuͤrde? wenn es der Wohlſtand durchaus erforderte dies alles zu haben, wenn man zum Vergnuͤgen ſeiner Gaͤſte eine Bank, ein Orcheſter, und eine kleine Truppe zur Operette halten muͤ- ſte? koͤnnte man denn mit ein Paar Frieſen gegen der Graͤ- fin ihre Barben erſcheinen, oder die Kuͤchenmagd zur Sou- brette gebrauchen? Ich glaube doch, man muͤſte, wenn einem der elende Gutegroſchen fehlte, und man wuͤrde ſei- nen Frieſen die Maͤhnen ſo friſiren laſſen muͤſſen, daß ſie auch ein air de barbet bekaͤmen.
Doch nein, das geht nicht; ich verachte den Bettel- ſtolz, der mitmachen will und nicht kann. Lieber zu Hauſe und in der Kinderſtube geblieben .... Aber dann waͤren wir ja wieder bey dem heroiſchen Entſchluſſe oder bey dem abſtechenden Original, und ſpielten die gute Mutter oder oder machten die zaͤrtliche Frau — verzweifelter Cirkel, der gar kein Ende nehmen will! Koͤnnte ich Ihnen, meine Theureſte! die ganze Schelmerey meines Herzens, — aber es iſt keine boͤſe Schelmerey — die Franzoſen nennen ſie le ſavoir faire — ſo auf das Papier mahlen: ſo wuͤrde ich Ihnen vielleicht noch einen guten Rath geben, und zei- gen koͤnnen, wie man das Machen und Spielen, den Mangel und die Verlegenheit, den Stolz und die Beſchei- denheit, mit dem Pinſel jener Schelmerey ſo durch einan- der vertiefen, vermiſchen, vertreiben und vereinigen koͤn- ne, daß die Abſtiche gar nicht bemerkt, und ſo wenig der
diſpa-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0030"n="16"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Alſo kann man der Mode</hi></fw><lb/>
zu wuͤrken — das weiß ich nicht. Alſo wird auch wohl<lb/>
die Algeber nicht hinreichen das <hirendition="#fr">wo?</hi> auszufinden.</p><lb/><p>So viel kann ich Ihnen indeſſen doch ſagen. Verſpie-<lb/>
len Sie nicht mehr als ſie bezahlen koͤnnen, ſtellen Sie ſich<lb/>
die Spanier, Neapolitaner, Barben und Englaͤnder nicht<lb/>
zu reitzend vor, verlieben Sie ſich nicht in Mohren und<lb/>
Laͤufer — Aber wenn es doch nun die Mode wuͤrde? wenn<lb/>
es der Wohlſtand durchaus erforderte dies alles zu haben,<lb/>
wenn man zum Vergnuͤgen ſeiner Gaͤſte eine Bank, ein<lb/>
Orcheſter, und eine kleine Truppe zur Operette halten muͤ-<lb/>ſte? koͤnnte man denn mit ein Paar Frieſen gegen der Graͤ-<lb/>
fin ihre Barben erſcheinen, oder die Kuͤchenmagd zur Sou-<lb/>
brette gebrauchen? Ich glaube doch, man muͤſte, wenn<lb/>
einem der elende Gutegroſchen fehlte, und man wuͤrde ſei-<lb/>
nen Frieſen die Maͤhnen ſo friſiren laſſen muͤſſen, daß ſie<lb/>
auch ein <hirendition="#aq">air de barbet</hi> bekaͤmen.</p><lb/><p>Doch nein, das geht nicht; ich verachte den Bettel-<lb/>ſtolz, der mitmachen will und nicht kann. Lieber zu Hauſe<lb/>
und in der Kinderſtube geblieben .... Aber dann waͤren<lb/>
wir ja wieder bey dem heroiſchen Entſchluſſe oder bey dem<lb/>
abſtechenden Original, und <hirendition="#fr">ſpielten</hi> die gute Mutter oder<lb/>
oder <hirendition="#fr">machten</hi> die zaͤrtliche Frau — verzweifelter Cirkel,<lb/>
der gar kein Ende nehmen will! Koͤnnte ich Ihnen, meine<lb/>
Theureſte! die ganze Schelmerey meines Herzens, — aber<lb/>
es iſt keine boͤſe Schelmerey — die Franzoſen nennen ſie<lb/><hirendition="#aq">le ſavoir faire</hi>—ſo auf das Papier mahlen: ſo wuͤrde<lb/>
ich Ihnen vielleicht noch einen guten Rath geben, und zei-<lb/>
gen koͤnnen, wie man das <hirendition="#fr">Machen</hi> und <hirendition="#fr">Spielen,</hi> den<lb/>
Mangel und die Verlegenheit, den Stolz und die Beſchei-<lb/>
denheit, mit dem Pinſel jener Schelmerey ſo durch einan-<lb/>
der vertiefen, vermiſchen, vertreiben und vereinigen koͤn-<lb/>
ne, daß die Abſtiche gar nicht bemerkt, und ſo wenig der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">diſpa-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[16/0030]
Alſo kann man der Mode
zu wuͤrken — das weiß ich nicht. Alſo wird auch wohl
die Algeber nicht hinreichen das wo? auszufinden.
So viel kann ich Ihnen indeſſen doch ſagen. Verſpie-
len Sie nicht mehr als ſie bezahlen koͤnnen, ſtellen Sie ſich
die Spanier, Neapolitaner, Barben und Englaͤnder nicht
zu reitzend vor, verlieben Sie ſich nicht in Mohren und
Laͤufer — Aber wenn es doch nun die Mode wuͤrde? wenn
es der Wohlſtand durchaus erforderte dies alles zu haben,
wenn man zum Vergnuͤgen ſeiner Gaͤſte eine Bank, ein
Orcheſter, und eine kleine Truppe zur Operette halten muͤ-
ſte? koͤnnte man denn mit ein Paar Frieſen gegen der Graͤ-
fin ihre Barben erſcheinen, oder die Kuͤchenmagd zur Sou-
brette gebrauchen? Ich glaube doch, man muͤſte, wenn
einem der elende Gutegroſchen fehlte, und man wuͤrde ſei-
nen Frieſen die Maͤhnen ſo friſiren laſſen muͤſſen, daß ſie
auch ein air de barbet bekaͤmen.
Doch nein, das geht nicht; ich verachte den Bettel-
ſtolz, der mitmachen will und nicht kann. Lieber zu Hauſe
und in der Kinderſtube geblieben .... Aber dann waͤren
wir ja wieder bey dem heroiſchen Entſchluſſe oder bey dem
abſtechenden Original, und ſpielten die gute Mutter oder
oder machten die zaͤrtliche Frau — verzweifelter Cirkel,
der gar kein Ende nehmen will! Koͤnnte ich Ihnen, meine
Theureſte! die ganze Schelmerey meines Herzens, — aber
es iſt keine boͤſe Schelmerey — die Franzoſen nennen ſie
le ſavoir faire — ſo auf das Papier mahlen: ſo wuͤrde
ich Ihnen vielleicht noch einen guten Rath geben, und zei-
gen koͤnnen, wie man das Machen und Spielen, den
Mangel und die Verlegenheit, den Stolz und die Beſchei-
denheit, mit dem Pinſel jener Schelmerey ſo durch einan-
der vertiefen, vermiſchen, vertreiben und vereinigen koͤn-
ne, daß die Abſtiche gar nicht bemerkt, und ſo wenig der
diſpa-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/30>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.