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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Betrachtungen über die Abäusserungs-
und sich um die Wirthschaft der Freyen zum grossen Nach-
theil der reihepflichtigen Leibeignen fast gar nicht mehr be-
kümmert; ein Fehler, dessen Folgen immer gefährlicher wer-
den müssen, da viele, die sich frey kaufen, ihre Holzungen
angreifen, Ländereyen veräussern, auch wohl ihr ganzes
Erbe stückweise verheuren, und ihren ganzen Haushalt ein-
gehen lassen; ohne daß der Beamte, der die Rechte der
reihepflichtigen Gesellschaft zu vertheidigen hat, sich in die-
sem Stücke um ihre Wirthschaft bekümmern und in die
Stelle der Gutsherrlichen Localcontrolle treten darf.

Nichts beweiset den geringen Unterschied unter Leibeig-
nen und Freyen, welche auf reihepflichtigen Höfen sitzen,
deutlicher, als die Bemühungen der Rechtsgelehrten, wel-
che von der unvollkommenen Freyheit der Bauern ge-
handelt; und die Zeugnisse der Beamten und Richter, wo-
durch sie alle sogenannten Freyen in Leibeigne umgeschaffen
haben. Der Uebergang von der einen Art zur andern ist in
dem Falle, wo sie in einer Reihe stehen, fast unmerklich;
aber der Grund davon keinesweges eine ehemalige Sclave-
rey, wie jene Gelehrte behaupten, und manche gern schlies-
sen mögten, sondern der simple Satz, welchen ich nicht bes-
ser als mit den Worten des Verfassers du Traite des vertus
et des recompenses
ausdrücken kann. Dieser sagt: L'as-
semblage de toutes les portions de liberte que chaque par-
ticulier a sacrifiees pour le bonheur public, forme les for-
ces et le tresor de chaque nation. Le Souverain en est le
depositaire et l'administrateur de droit
Das heißt unge-
sehr so viel: Wenn Landbesitzer eine Gesellschaft zur gemein-
samen Vertheidigung errichten: so schliessen sie so viel von ih-
rer Freyheit und von ihrem Vermögen zusammen, als zur
Erhaltung des Endzwecks nöthig ist; und vertrauen die
Aufsicht über dieses Zusammengeschossene einem Oberhaupte

an.

Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs-
und ſich um die Wirthſchaft der Freyen zum groſſen Nach-
theil der reihepflichtigen Leibeignen faſt gar nicht mehr be-
kuͤmmert; ein Fehler, deſſen Folgen immer gefaͤhrlicher wer-
den muͤſſen, da viele, die ſich frey kaufen, ihre Holzungen
angreifen, Laͤndereyen veraͤuſſern, auch wohl ihr ganzes
Erbe ſtuͤckweiſe verheuren, und ihren ganzen Haushalt ein-
gehen laſſen; ohne daß der Beamte, der die Rechte der
reihepflichtigen Geſellſchaft zu vertheidigen hat, ſich in die-
ſem Stuͤcke um ihre Wirthſchaft bekuͤmmern und in die
Stelle der Gutsherrlichen Localcontrolle treten darf.

Nichts beweiſet den geringen Unterſchied unter Leibeig-
nen und Freyen, welche auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen,
deutlicher, als die Bemuͤhungen der Rechtsgelehrten, wel-
che von der unvollkommenen Freyheit der Bauern ge-
handelt; und die Zeugniſſe der Beamten und Richter, wo-
durch ſie alle ſogenannten Freyen in Leibeigne umgeſchaffen
haben. Der Uebergang von der einen Art zur andern iſt in
dem Falle, wo ſie in einer Reihe ſtehen, faſt unmerklich;
aber der Grund davon keinesweges eine ehemalige Sclave-
rey, wie jene Gelehrte behaupten, und manche gern ſchlieſ-
ſen moͤgten, ſondern der ſimple Satz, welchen ich nicht beſ-
ſer als mit den Worten des Verfaſſers du Traité des vertus
et des recompenſes
ausdruͤcken kann. Dieſer ſagt: L’aſ-
ſemblage de toutes les portions de liberté que chaque par-
ticulier a ſacrifiées pour le bonheur public, forme les for-
ces et le treſor de chaque nation. Le Souverain en eſt le
depoſitaire et l’adminiſtrateur de droit
Das heißt unge-
ſehr ſo viel: Wenn Landbeſitzer eine Geſellſchaft zur gemein-
ſamen Vertheidigung errichten: ſo ſchlieſſen ſie ſo viel von ih-
rer Freyheit und von ihrem Vermoͤgen zuſammen, als zur
Erhaltung des Endzwecks noͤthig iſt; und vertrauen die
Aufſicht uͤber dieſes Zuſammengeſchoſſene einem Oberhaupte

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[326/0340] Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs- und ſich um die Wirthſchaft der Freyen zum groſſen Nach- theil der reihepflichtigen Leibeignen faſt gar nicht mehr be- kuͤmmert; ein Fehler, deſſen Folgen immer gefaͤhrlicher wer- den muͤſſen, da viele, die ſich frey kaufen, ihre Holzungen angreifen, Laͤndereyen veraͤuſſern, auch wohl ihr ganzes Erbe ſtuͤckweiſe verheuren, und ihren ganzen Haushalt ein- gehen laſſen; ohne daß der Beamte, der die Rechte der reihepflichtigen Geſellſchaft zu vertheidigen hat, ſich in die- ſem Stuͤcke um ihre Wirthſchaft bekuͤmmern und in die Stelle der Gutsherrlichen Localcontrolle treten darf. Nichts beweiſet den geringen Unterſchied unter Leibeig- nen und Freyen, welche auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen, deutlicher, als die Bemuͤhungen der Rechtsgelehrten, wel- che von der unvollkommenen Freyheit der Bauern ge- handelt; und die Zeugniſſe der Beamten und Richter, wo- durch ſie alle ſogenannten Freyen in Leibeigne umgeſchaffen haben. Der Uebergang von der einen Art zur andern iſt in dem Falle, wo ſie in einer Reihe ſtehen, faſt unmerklich; aber der Grund davon keinesweges eine ehemalige Sclave- rey, wie jene Gelehrte behaupten, und manche gern ſchlieſ- ſen moͤgten, ſondern der ſimple Satz, welchen ich nicht beſ- ſer als mit den Worten des Verfaſſers du Traité des vertus et des recompenſes ausdruͤcken kann. Dieſer ſagt: L’aſ- ſemblage de toutes les portions de liberté que chaque par- ticulier a ſacrifiées pour le bonheur public, forme les for- ces et le treſor de chaque nation. Le Souverain en eſt le depoſitaire et l’adminiſtrateur de droit Das heißt unge- ſehr ſo viel: Wenn Landbeſitzer eine Geſellſchaft zur gemein- ſamen Vertheidigung errichten: ſo ſchlieſſen ſie ſo viel von ih- rer Freyheit und von ihrem Vermoͤgen zuſammen, als zur Erhaltung des Endzwecks noͤthig iſt; und vertrauen die Aufſicht uͤber dieſes Zuſammengeſchoſſene einem Oberhaupte an.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/340>, abgerufen am 24.11.2024.