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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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oder Abheuerungsursachen.
5) Wie sein Nachfolger sich nicht in seine Erbschaft
mische;
6) Wie er durch ein liederliches Leben seine Pfründe
verwürke, ohne Rücksicht, ob mit der Frauen Brautschatz
eine Simonie begangen worden oder nicht;
7) Wie er auf eine Competenz oder die Leibzucht ge-
setzt werde, wenn er seine Dienste nicht mehr leisten kann; etc.
Und die Sache selbst, da von der geistlichen Pfründe dem
Staate am Altar, von der weltlichen im Gegentheil dem-
selben im Felde, wenigsiens durch die von ihm in Sold
und Kleidung zu unterhaltende Vicarien gedienet wird,
leidet eine so vollkommene Vergleichung, daß ich nicht sehe,
warum dabey einiges Bedenken seyn könne. Das einzige,
was man sagen möchte, wäre dieses, daß die weltlichen
Pfründen erblich besessen würden. Allein sind Erbprä-
benden, die ganzen Familien gehören, andern Gesetzen
unterworfen? steht es dem zeitigen Besitzer frey, solche
mit Schulden zu beschweren? und ist die Familie oder selbst
der Sohn des Erbpfründeners verbunden, dessen Schul-
den aus der Pfründe zu bezahlen?

Längst hat man dahier erkannt, daß der Sohn eines
Leibeignen sich der väterlichen Erbschaft, die doch, weil
sie zum Sterbfall gehört und von ihm gelöset werden muß,
gar nicht vorhanden ist, entschlagen, folgends das Erbe
aus der freyen Hand des Gutsherrn empfangen könne.
Warum macht man aber dieses nicht zum allgemeinen Ge-
setz? und setzt einmal für alle fest, daß der Sohn eines
reihepflichtigen Leibeigenen wegen unbewilligter elterlicher
Schulden nie in gerichtlichen Anspruch genommen werden
solle?

Vielleicht ist dieses zu strenge; und dem Credit nach-
theilig, welchen der Pfründer doch dann und wann noth-

wen-
oder Abheuerungsurſachen.
5) Wie ſein Nachfolger ſich nicht in ſeine Erbſchaft
miſche;
6) Wie er durch ein liederliches Leben ſeine Pfruͤnde
verwuͤrke, ohne Ruͤckſicht, ob mit der Frauen Brautſchatz
eine Simonie begangen worden oder nicht;
7) Wie er auf eine Competenz oder die Leibzucht ge-
ſetzt werde, wenn er ſeine Dienſte nicht mehr leiſten kann; ꝛc.
Und die Sache ſelbſt, da von der geiſtlichen Pfruͤnde dem
Staate am Altar, von der weltlichen im Gegentheil dem-
ſelben im Felde, wenigſiens durch die von ihm in Sold
und Kleidung zu unterhaltende Vicarien gedienet wird,
leidet eine ſo vollkommene Vergleichung, daß ich nicht ſehe,
warum dabey einiges Bedenken ſeyn koͤnne. Das einzige,
was man ſagen moͤchte, waͤre dieſes, daß die weltlichen
Pfruͤnden erblich beſeſſen wuͤrden. Allein ſind Erbpraͤ-
benden, die ganzen Familien gehoͤren, andern Geſetzen
unterworfen? ſteht es dem zeitigen Beſitzer frey, ſolche
mit Schulden zu beſchweren? und iſt die Familie oder ſelbſt
der Sohn des Erbpfruͤndeners verbunden, deſſen Schul-
den aus der Pfruͤnde zu bezahlen?

Laͤngſt hat man dahier erkannt, daß der Sohn eines
Leibeignen ſich der vaͤterlichen Erbſchaft, die doch, weil
ſie zum Sterbfall gehoͤrt und von ihm geloͤſet werden muß,
gar nicht vorhanden iſt, entſchlagen, folgends das Erbe
aus der freyen Hand des Gutsherrn empfangen koͤnne.
Warum macht man aber dieſes nicht zum allgemeinen Ge-
ſetz? und ſetzt einmal fuͤr alle feſt, daß der Sohn eines
reihepflichtigen Leibeigenen wegen unbewilligter elterlicher
Schulden nie in gerichtlichen Anſpruch genommen werden
ſolle?

Vielleicht iſt dieſes zu ſtrenge; und dem Credit nach-
theilig, welchen der Pfruͤnder doch dann und wann noth-

wen-
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[335/0349] oder Abheuerungsurſachen. 5) Wie ſein Nachfolger ſich nicht in ſeine Erbſchaft miſche; 6) Wie er durch ein liederliches Leben ſeine Pfruͤnde verwuͤrke, ohne Ruͤckſicht, ob mit der Frauen Brautſchatz eine Simonie begangen worden oder nicht; 7) Wie er auf eine Competenz oder die Leibzucht ge- ſetzt werde, wenn er ſeine Dienſte nicht mehr leiſten kann; ꝛc. Und die Sache ſelbſt, da von der geiſtlichen Pfruͤnde dem Staate am Altar, von der weltlichen im Gegentheil dem- ſelben im Felde, wenigſiens durch die von ihm in Sold und Kleidung zu unterhaltende Vicarien gedienet wird, leidet eine ſo vollkommene Vergleichung, daß ich nicht ſehe, warum dabey einiges Bedenken ſeyn koͤnne. Das einzige, was man ſagen moͤchte, waͤre dieſes, daß die weltlichen Pfruͤnden erblich beſeſſen wuͤrden. Allein ſind Erbpraͤ- benden, die ganzen Familien gehoͤren, andern Geſetzen unterworfen? ſteht es dem zeitigen Beſitzer frey, ſolche mit Schulden zu beſchweren? und iſt die Familie oder ſelbſt der Sohn des Erbpfruͤndeners verbunden, deſſen Schul- den aus der Pfruͤnde zu bezahlen? Laͤngſt hat man dahier erkannt, daß der Sohn eines Leibeignen ſich der vaͤterlichen Erbſchaft, die doch, weil ſie zum Sterbfall gehoͤrt und von ihm geloͤſet werden muß, gar nicht vorhanden iſt, entſchlagen, folgends das Erbe aus der freyen Hand des Gutsherrn empfangen koͤnne. Warum macht man aber dieſes nicht zum allgemeinen Ge- ſetz? und ſetzt einmal fuͤr alle feſt, daß der Sohn eines reihepflichtigen Leibeigenen wegen unbewilligter elterlicher Schulden nie in gerichtlichen Anſpruch genommen werden ſolle? Vielleicht iſt dieſes zu ſtrenge; und dem Credit nach- theilig, welchen der Pfruͤnder doch dann und wann noth- wen-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/349>, abgerufen am 24.11.2024.