Schuldner unter einer Decke spielenden Gläubiger gebauet, und selbst keinen richtigen Ueberschlag gemacht; dergleichen Betrügereyen verdienen aber keine rechtliche Begünstigung; und wenn es gleich nicht möglich ist, sie gänzlich zu ver- hindern: so sollte doch kein Richter über jene Nebenbedin- gungen während dem Stillestande jemals die Hülfe erkennen.
Der zweyte Fall ist, wo der Schuldner einige gute Freunde bittet, so gar falsche Forderungen gegen ihn auf- zustellen, und durch deren Mehrheit die wahren Gläubiger zum Stillestand zu nöthigen. Hier ist nun wiederum, ohne eine Menge gefährlicher Eyde, zuzulassen, keine Hülfe; in- dessen sollte doch, wenn sich ein solcher Fall zutrüge und klar gemacht werden könnte, der falsche Gläubiger verdam- met werden, dem Richter, zum Besten der übrigen recht- lichen Gläubiger so vieles zu bezahlen, als er fälschlich an- gegeben hat.
Der dritte Fall ist, wenn der Richter nach der Mehr- heit der Stimmen den Stillestand erkennet, und einen oder andern, wegen eines habenden besondern Rechts, davon ausnimmt, mithin den Stillestand zum Theil bestätiget, zum Theil aber nicht.
Dieser Fall sollte eigentlich nie eintreten, ohnerachtet er sich oft zuträgt. Denn hat der Schuldner mehr, als er zur nothwendigen Vertheidigung des Hofes gebraucht: so sollte dieses vor dem Stillestande verkauft, und das Geld nach vorgängiger Erkenntniß dem ersten Gläubiger in der Ordnung zuerkannt werden. Hat er aber nicht mehr: so ist es der allgemeinen Absicht, den Hof im Stande zu er- halten, entgegen. Hat ein Gläubiger ferner allein ein Recht dem Stillestande sich zu widersetzen: so muß dieser gar nicht erkannt, sondern entweder der Abäusserung, oder dem Ver- kauf aller auf dem Hofe vorhandenen Früchten und Mobi-
lien,
Gedanken uͤber den Stilleſtand
Schuldner unter einer Decke ſpielenden Glaͤubiger gebauet, und ſelbſt keinen richtigen Ueberſchlag gemacht; dergleichen Betruͤgereyen verdienen aber keine rechtliche Beguͤnſtigung; und wenn es gleich nicht moͤglich iſt, ſie gaͤnzlich zu ver- hindern: ſo ſollte doch kein Richter uͤber jene Nebenbedin- gungen waͤhrend dem Stilleſtande jemals die Huͤlfe erkennen.
Der zweyte Fall iſt, wo der Schuldner einige gute Freunde bittet, ſo gar falſche Forderungen gegen ihn auf- zuſtellen, und durch deren Mehrheit die wahren Glaͤubiger zum Stilleſtand zu noͤthigen. Hier iſt nun wiederum, ohne eine Menge gefaͤhrlicher Eyde, zuzulaſſen, keine Huͤlfe; in- deſſen ſollte doch, wenn ſich ein ſolcher Fall zutruͤge und klar gemacht werden koͤnnte, der falſche Glaͤubiger verdam- met werden, dem Richter, zum Beſten der uͤbrigen recht- lichen Glaͤubiger ſo vieles zu bezahlen, als er faͤlſchlich an- gegeben hat.
Der dritte Fall iſt, wenn der Richter nach der Mehr- heit der Stimmen den Stilleſtand erkennet, und einen oder andern, wegen eines habenden beſondern Rechts, davon ausnimmt, mithin den Stilleſtand zum Theil beſtaͤtiget, zum Theil aber nicht.
Dieſer Fall ſollte eigentlich nie eintreten, ohnerachtet er ſich oft zutraͤgt. Denn hat der Schuldner mehr, als er zur nothwendigen Vertheidigung des Hofes gebraucht: ſo ſollte dieſes vor dem Stilleſtande verkauft, und das Geld nach vorgaͤngiger Erkenntniß dem erſten Glaͤubiger in der Ordnung zuerkannt werden. Hat er aber nicht mehr: ſo iſt es der allgemeinen Abſicht, den Hof im Stande zu er- halten, entgegen. Hat ein Glaͤubiger ferner allein ein Recht dem Stilleſtande ſich zu widerſetzen: ſo muß dieſer gar nicht erkannt, ſondern entweder der Abaͤuſſerung, oder dem Ver- kauf aller auf dem Hofe vorhandenen Fruͤchten und Mobi-
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Gedanken uͤber den Stilleſtand
Schuldner unter einer Decke ſpielenden Glaͤubiger gebauet,
und ſelbſt keinen richtigen Ueberſchlag gemacht; dergleichen
Betruͤgereyen verdienen aber keine rechtliche Beguͤnſtigung;
und wenn es gleich nicht moͤglich iſt, ſie gaͤnzlich zu ver-
hindern: ſo ſollte doch kein Richter uͤber jene Nebenbedin-
gungen waͤhrend dem Stilleſtande jemals die Huͤlfe erkennen.
Der zweyte Fall iſt, wo der Schuldner einige gute
Freunde bittet, ſo gar falſche Forderungen gegen ihn auf-
zuſtellen, und durch deren Mehrheit die wahren Glaͤubiger
zum Stilleſtand zu noͤthigen. Hier iſt nun wiederum, ohne
eine Menge gefaͤhrlicher Eyde, zuzulaſſen, keine Huͤlfe; in-
deſſen ſollte doch, wenn ſich ein ſolcher Fall zutruͤge und
klar gemacht werden koͤnnte, der falſche Glaͤubiger verdam-
met werden, dem Richter, zum Beſten der uͤbrigen recht-
lichen Glaͤubiger ſo vieles zu bezahlen, als er faͤlſchlich an-
gegeben hat.
Der dritte Fall iſt, wenn der Richter nach der Mehr-
heit der Stimmen den Stilleſtand erkennet, und einen oder
andern, wegen eines habenden beſondern Rechts, davon
ausnimmt, mithin den Stilleſtand zum Theil beſtaͤtiget,
zum Theil aber nicht.
Dieſer Fall ſollte eigentlich nie eintreten, ohnerachtet er
ſich oft zutraͤgt. Denn hat der Schuldner mehr, als er
zur nothwendigen Vertheidigung des Hofes gebraucht: ſo
ſollte dieſes vor dem Stilleſtande verkauft, und das Geld
nach vorgaͤngiger Erkenntniß dem erſten Glaͤubiger in der
Ordnung zuerkannt werden. Hat er aber nicht mehr: ſo
iſt es der allgemeinen Abſicht, den Hof im Stande zu er-
halten, entgegen. Hat ein Glaͤubiger ferner allein ein Recht
dem Stilleſtande ſich zu widerſetzen: ſo muß dieſer gar nicht
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/390>, abgerufen am 16.02.2025.
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