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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Schreiben einer Dame,

Was dünkt Ihnen, sollte man nicht Lust bekommen,
alles wegzuwerfen, um so klein und vergnügt zu leben? Wir
handeln wahrlich thöricht, daß wir uns die vielen Vergnü-
gungen der Wirthschaft entziehen, und uns dafür nichts
wie leere Stunden verschaffen, die wir hernach nicht aus-
zufüllen wissen. Jedoch Sie, meine Beste, machen ihre
Käse selbst, und fühlen das Leere unsrer glänzenden Freu-
den nicht. O bleiben Sie immer dabey! bleiben Sie aber
auch immer meine zärtliche Freundin, wie ich die Ihrige.



XIV.
Schreiben einer Dame, an einem Liebhaber
der Kotterien.

Ich nehme heute keine Entschuldigungen von Ihnen an,
Sie müssen kommen, es sey nun mit guter oder bö-
ser Laune; ich habe meinem Mann auf den Abend eine kleine
Ueberraschung zubereitet, und diese würde ohne Sie gar zu
viel verlieren. Ich weiß zwar wohl, Sie hassen alle feyerliche
Mahlzeiten und grosse Gesellschaften; Ihnen ist eine Parthie
von Vieren zum Soupe, oder wie man in meiner Jugend
sprach, un parti quarre de M. de Bouillon*) die ange-
nehmste. Allein man würde noch erst eine besondere Einrich-
tung machen müssen, wenn sich die hiesigen Freunde nicht an-
ders als in so engen Zirkeln sehen wollten; und so lange die-
ses nicht geschehen seyn wird, ist es eine Unbilligkeit, daß Sie

sich
*) Madame de Bouillon pflegte zu sagen: Eine Gesellschaft von
zwey Mannspersonen und zwey Frauenzimmern, erhält ein ge-
doppeltes Interesse, das die Einheit stört; es ist unschicklich,
daß drey Frauenzimmer ihre Anfmerksamkeit auf eine Mannsper-
son richten; und so ist die beste Gesellschaft, worinn Einheit herr-
schen soll, diejenige, welche aus drey Mannspersonen und einem
Frauenzimmer besteht.
Schreiben einer Dame,

Was duͤnkt Ihnen, ſollte man nicht Luſt bekommen,
alles wegzuwerfen, um ſo klein und vergnuͤgt zu leben? Wir
handeln wahrlich thoͤricht, daß wir uns die vielen Vergnuͤ-
gungen der Wirthſchaft entziehen, und uns dafuͤr nichts
wie leere Stunden verſchaffen, die wir hernach nicht aus-
zufuͤllen wiſſen. Jedoch Sie, meine Beſte, machen ihre
Kaͤſe ſelbſt, und fuͤhlen das Leere unſrer glaͤnzenden Freu-
den nicht. O bleiben Sie immer dabey! bleiben Sie aber
auch immer meine zaͤrtliche Freundin, wie ich die Ihrige.



XIV.
Schreiben einer Dame, an einem Liebhaber
der Kotterien.

Ich nehme heute keine Entſchuldigungen von Ihnen an,
Sie muͤſſen kommen, es ſey nun mit guter oder boͤ-
ſer Laune; ich habe meinem Mann auf den Abend eine kleine
Ueberraſchung zubereitet, und dieſe wuͤrde ohne Sie gar zu
viel verlieren. Ich weiß zwar wohl, Sie haſſen alle feyerliche
Mahlzeiten und groſſe Geſellſchaften; Ihnen iſt eine Parthie
von Vieren zum Soupé, oder wie man in meiner Jugend
ſprach, un parti quarré de M. de Bouillon*) die ange-
nehmſte. Allein man wuͤrde noch erſt eine beſondere Einrich-
tung machen muͤſſen, wenn ſich die hieſigen Freunde nicht an-
ders als in ſo engen Zirkeln ſehen wollten; und ſo lange die-
ſes nicht geſchehen ſeyn wird, iſt es eine Unbilligkeit, daß Sie

ſich
*) Madame de Bouillon pflegte zu ſagen: Eine Geſellſchaft von
zwey Mannsperſonen und zwey Frauenzimmern, erhaͤlt ein ge-
doppeltes Intereſſe, das die Einheit ſtoͤrt; es iſt unſchicklich,
daß drey Frauenzimmer ihre Anfmerkſamkeit auf eine Mannsper-
ſon richten; und ſo iſt die beſte Geſellſchaft, worinn Einheit herr-
ſchen ſoll, diejenige, welche aus drey Mannsperſonen und einem
Frauenzimmer beſteht.
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[24[42]/0056] Schreiben einer Dame, Was duͤnkt Ihnen, ſollte man nicht Luſt bekommen, alles wegzuwerfen, um ſo klein und vergnuͤgt zu leben? Wir handeln wahrlich thoͤricht, daß wir uns die vielen Vergnuͤ- gungen der Wirthſchaft entziehen, und uns dafuͤr nichts wie leere Stunden verſchaffen, die wir hernach nicht aus- zufuͤllen wiſſen. Jedoch Sie, meine Beſte, machen ihre Kaͤſe ſelbſt, und fuͤhlen das Leere unſrer glaͤnzenden Freu- den nicht. O bleiben Sie immer dabey! bleiben Sie aber auch immer meine zaͤrtliche Freundin, wie ich die Ihrige. XIV. Schreiben einer Dame, an einem Liebhaber der Kotterien. Ich nehme heute keine Entſchuldigungen von Ihnen an, Sie muͤſſen kommen, es ſey nun mit guter oder boͤ- ſer Laune; ich habe meinem Mann auf den Abend eine kleine Ueberraſchung zubereitet, und dieſe wuͤrde ohne Sie gar zu viel verlieren. Ich weiß zwar wohl, Sie haſſen alle feyerliche Mahlzeiten und groſſe Geſellſchaften; Ihnen iſt eine Parthie von Vieren zum Soupé, oder wie man in meiner Jugend ſprach, un parti quarré de M. de Bouillon *) die ange- nehmſte. Allein man wuͤrde noch erſt eine beſondere Einrich- tung machen muͤſſen, wenn ſich die hieſigen Freunde nicht an- ders als in ſo engen Zirkeln ſehen wollten; und ſo lange die- ſes nicht geſchehen ſeyn wird, iſt es eine Unbilligkeit, daß Sie ſich *) Madame de Bouillon pflegte zu ſagen: Eine Geſellſchaft von zwey Mannsperſonen und zwey Frauenzimmern, erhaͤlt ein ge- doppeltes Intereſſe, das die Einheit ſtoͤrt; es iſt unſchicklich, daß drey Frauenzimmer ihre Anfmerkſamkeit auf eine Mannsper- ſon richten; und ſo iſt die beſte Geſellſchaft, worinn Einheit herr- ſchen ſoll, diejenige, welche aus drey Mannsperſonen und einem Frauenzimmer beſteht.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 24[42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/56>, abgerufen am 09.11.2024.