Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Die Artikel und die Punkte. denklich wegen eines Verbrechens vernehmen könne, wennes nur heiße, daß er über Punkte, und nicht über Artikel vernommen werde *). -- Und was sagen die Witten- berger **) zu dieser Hofsprache, schrie der andre? Was denkt Leyser ***) dabey, wenn er sich auf den Amour Medecin +) von Moliere beruft? und wie entscheidet von Böhmer die Sache? Nicht wahr, er sagt ++), man müßte es den Narren gönnen, die es nicht besser haben wollten? Jm Vertrauen gesagt, Herr Richter, die gros- sen Herrn und kleinen Diener, die sich so einander den Ball zuwerfen, machen bisweilen närrisch Zeug, sonst würden sie wissen, daß Schlagen allemal wehe thue, man möge es Wicksen oder Prügeln nennen. Jch denke es unter keinen von beyden Benennungen zu dulden, wenn ich es nicht verdient habe; und ob ich es verdient habe, darüber lasse ich mich erst sprechen; versteht er mich? Der Richter wollte noch viel sprechen, und behaup- alle *) BERGER in El. jur. crim. p. 210. **) Idem in O. f. p. 1198. ***) In med. ad ff. sp. 560. m. 25. +) Art. II. sc. 3. Ad const. crim. art. XX. §. 19. p. 113. Seine Worte liegen
also: Quicquid huic obverti potest, huc redit, non rationem sed meram opinionem hororem articulis assuere, punctis vero detrahere, solum verborum sonum differentiam constituere, ubique reum de crimine quod famam sugillat, interrogari -- und endlich schließt er: quae sola hujus examinis peculiaris conditio conceptum mere emaginari commedi excedit, ut nil obstet cur stare prohibeatur. Die Artikel und die Punkte. denklich wegen eines Verbrechens vernehmen koͤnne, wennes nur heiße, daß er uͤber Punkte, und nicht uͤber Artikel vernommen werde *). — Und was ſagen die Witten- berger **) zu dieſer Hofſprache, ſchrie der andre? Was denkt Leyſer ***) dabey, wenn er ſich auf den Amour Medecin †) von Moliere beruft? und wie entſcheidet von Boͤhmer die Sache? Nicht wahr, er ſagt ††), man muͤßte es den Narren goͤnnen, die es nicht beſſer haben wollten? Jm Vertrauen geſagt, Herr Richter, die groſ- ſen Herrn und kleinen Diener, die ſich ſo einander den Ball zuwerfen, machen bisweilen naͤrriſch Zeug, ſonſt wuͤrden ſie wiſſen, daß Schlagen allemal wehe thue, man moͤge es Wickſen oder Pruͤgeln nennen. Jch denke es unter keinen von beyden Benennungen zu dulden, wenn ich es nicht verdient habe; und ob ich es verdient habe, daruͤber laſſe ich mich erſt ſprechen; verſteht er mich? Der Richter wollte noch viel ſprechen, und behaup- alle *) BERGER in El. jur. crim. p. 210. **) Idem in O. f. p. 1198. ***) In med. ad ff. ſp. 560. m. 25. †) Art. II. ſc. 3. Ad conſt. crim. art. XX. §. 19. p. 113. Seine Worte liegen
alſo: Quicquid huic obverti poteſt, huc redit, non rationem ſed meram opinionem hororem articulis aſſuere, punctis vero detrahere, ſolum verborum ſonum differentiam conſtituere, ubique reum de crimine quod famam ſugillat, interrogari — und endlich ſchließt er: quae ſola hujus examinis peculiaris conditio conceptum mere emaginari commedi excedit, ut nil obſtet cur ſtare prohibeatur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0138" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Artikel und die Punkte.</hi></fw><lb/> denklich wegen eines Verbrechens vernehmen koͤnne, wenn<lb/> es nur heiße, daß er uͤber <hi rendition="#fr">Punkte,</hi> und nicht uͤber <hi rendition="#fr">Artikel</hi><lb/> vernommen werde <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">BERGER in El. jur. crim. p.</hi> 210.</note>. — Und was ſagen die <hi rendition="#fr">Witten-<lb/> berger</hi> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Idem</hi> in O. f. p.</hi> 1198.</note> zu dieſer Hofſprache, ſchrie der andre? Was<lb/> denkt <hi rendition="#fr">Leyſer</hi> <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">In med. ad ff. ſp. 560. m.</hi> 25.</note> dabey, wenn er ſich auf den <hi rendition="#aq">Amour<lb/> Medecin</hi> <note place="foot" n="†)"><hi rendition="#aq">Art. II. ſc.</hi> 3.</note> von <hi rendition="#fr">Moliere</hi> beruft? und wie entſcheidet von<lb/><hi rendition="#fr">Boͤhmer</hi> die Sache? Nicht wahr, er ſagt ††), man<lb/> muͤßte es den Narren goͤnnen, die es nicht beſſer haben<lb/> wollten? Jm Vertrauen geſagt, Herr Richter, die groſ-<lb/> ſen Herrn und kleinen Diener, die ſich ſo einander den<lb/> Ball zuwerfen, machen bisweilen naͤrriſch Zeug, ſonſt<lb/> wuͤrden ſie wiſſen, daß Schlagen allemal wehe thue,<lb/> man moͤge es <hi rendition="#fr">Wickſen</hi> oder <hi rendition="#fr">Pruͤgeln</hi> nennen. Jch denke<lb/> es unter keinen von beyden Benennungen zu dulden, wenn<lb/> ich es nicht verdient habe; und ob ich es verdient habe,<lb/> daruͤber laſſe ich mich erſt ſprechen; verſteht er mich?</p><lb/> <p>Der Richter wollte noch viel ſprechen, und behaup-<lb/> ten, die Praxis braͤchte es doch hie und da ſo mit ſich,<lb/> und es diene gar ſehr zur Abkuͤrzung des Proceſſes, ſo<lb/> wie zur Aufklaͤrung der Wahrheit, wenn man einen be-<lb/> ſchuldigten Mann ſelbſt vorfordern, ihn ſo gleich uͤber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/><note place="foot"><hi rendition="#aq">Ad conſt. crim. art. XX. §. 19. p.</hi> 113. Seine Worte liegen<lb/> alſo: <hi rendition="#aq">Quicquid huic obverti poteſt, huc redit, non rationem<lb/> ſed meram opinionem hororem <hi rendition="#i">articulis</hi> aſſuere, <hi rendition="#i">punctis</hi> vero<lb/> detrahere, ſolum verborum ſonum differentiam conſtituere,<lb/> ubique reum de crimine quod famam ſugillat, interrogari</hi> —<lb/> und endlich ſchließt er: <hi rendition="#aq">quae ſola hujus examinis peculiaris<lb/> conditio conceptum <hi rendition="#i">mere emaginari commedi</hi> excedit, ut nil<lb/> obſtet cur ſtare prohibeatur.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0138]
Die Artikel und die Punkte.
denklich wegen eines Verbrechens vernehmen koͤnne, wenn
es nur heiße, daß er uͤber Punkte, und nicht uͤber Artikel
vernommen werde *). — Und was ſagen die Witten-
berger **) zu dieſer Hofſprache, ſchrie der andre? Was
denkt Leyſer ***) dabey, wenn er ſich auf den Amour
Medecin †) von Moliere beruft? und wie entſcheidet von
Boͤhmer die Sache? Nicht wahr, er ſagt ††), man
muͤßte es den Narren goͤnnen, die es nicht beſſer haben
wollten? Jm Vertrauen geſagt, Herr Richter, die groſ-
ſen Herrn und kleinen Diener, die ſich ſo einander den
Ball zuwerfen, machen bisweilen naͤrriſch Zeug, ſonſt
wuͤrden ſie wiſſen, daß Schlagen allemal wehe thue,
man moͤge es Wickſen oder Pruͤgeln nennen. Jch denke
es unter keinen von beyden Benennungen zu dulden, wenn
ich es nicht verdient habe; und ob ich es verdient habe,
daruͤber laſſe ich mich erſt ſprechen; verſteht er mich?
Der Richter wollte noch viel ſprechen, und behaup-
ten, die Praxis braͤchte es doch hie und da ſo mit ſich,
und es diene gar ſehr zur Abkuͤrzung des Proceſſes, ſo
wie zur Aufklaͤrung der Wahrheit, wenn man einen be-
ſchuldigten Mann ſelbſt vorfordern, ihn ſo gleich uͤber
alle
*) BERGER in El. jur. crim. p. 210.
**) Idem in O. f. p. 1198.
***) In med. ad ff. ſp. 560. m. 25.
†) Art. II. ſc. 3.
Ad conſt. crim. art. XX. §. 19. p. 113. Seine Worte liegen
alſo: Quicquid huic obverti poteſt, huc redit, non rationem
ſed meram opinionem hororem articulis aſſuere, punctis vero
detrahere, ſolum verborum ſonum differentiam conſtituere,
ubique reum de crimine quod famam ſugillat, interrogari —
und endlich ſchließt er: quae ſola hujus examinis peculiaris
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obſtet cur ſtare prohibeatur.
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