Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Ein Denkmal der deutschen Freyheitsliebe. allgemeines Reichsgesetz zu entscheiden. Und so frag ichwas blieb nun noch übrig? Ein heutiger Jurist würde ohne Zweifel antworten, Möglich wäre es gewesen, die Frage durch ein paar kühr- Mösers patr. Phantas. IV. Th. L
Ein Denkmal der deutſchen Freyheitsliebe. allgemeines Reichsgeſetz zu entſcheiden. Und ſo frag ichwas blieb nun noch uͤbrig? Ein heutiger Juriſt wuͤrde ohne Zweifel antworten, Moͤglich waͤre es geweſen, die Frage durch ein paar kuͤhr- Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. L
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Ein Denkmal der deutſchen Freyheitsliebe.
allgemeines Reichsgeſetz zu entſcheiden. Und ſo frag ich
was blieb nun noch uͤbrig?
Ein heutiger Juriſt wuͤrde ohne Zweifel antworten,
man haͤtte die Buͤcher nachſchlagen, und wie es in dieſem
Falle anderwaͤrts gehalten worden, aufſuchen, oder wohl
gar die Juriſten um ihre Meinung fragen ſollen. Aber
geſetzt es waͤren daruͤber hundert Goͤdingsſpruͤche oder
Rechtsweiſungen vorgebracht worden, worin der Fall fuͤr
den einen Theil waͤre entſchieden geweſen, und der an-
dre haͤtte deren gar keinen einzigen fuͤr ſich gehabt, haͤtte
dann das Urtheil des einen Gows oder des einen Hofes,
in einem andern Gowe oder Hofe, der ſeine eigne Auto-
nomie hat, als guͤltig und verbindlich angeſehen werden
koͤnnen? Waͤren die Edlen des Reichs ſchuldig geweſen
jene gemoinen Rechtsweiſungen gegen ſich als praejudicia
gelten zu laſſen? Und wann auch die Edlen in Schwaben
ſich laͤngſt vorher verſammlet gehabt, und wie ſie es in
ſolchen Faͤllen gehalten haben wollten, ausgemacht haͤt-
ten, wuͤrde ein Sachſe oder Franke darnach haben ver-
urtheilet werden koͤnnen? Die heutige Manier, in zwei-
felhaften Faͤllen auf benachbarte Rechte, oder eine ſo-
genannte gemeine Meinunge der Juriſten zu ſehen, ward
damals verabſcheut, weil kein freyer Deutſcher außer dem
Fall, da er aus freyen Stuͤcken Schiedsrichter waͤhlte,
die Meinung oder die Weisheit eines andern fuͤr ſein
Recht zu erkennen ſich ſchuldig erachtete, und noch jetzt
iſt die gerichtliche Entſcheidung nach Meinungen der
Rechtsgelehrten, immer ein ungluͤcklicher Nothbehelf,
wenn ſich ihm gleich auch Fuͤrſten unterwerfen muͤſſen.
Jch frage alſo nochmals was man thun ſollte?
Moͤglich waͤre es geweſen, die Frage durch ein paar
Wuͤrfel entſcheiden zu laſſen; auch das Loos iſt Gottes
Urtheil, dem ſich ein freyer Mann, ohne Gefahr will-
kuͤhr-
Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. L
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