ten, in häusliche Verbrechen sehr bedenklich zu seyn, da diese in der Stille eher als durch öffentliche Veschimpfun- gen gebessert werden können.
Eben so könnte einem echten Eigenthümer auf seinem Boden die Macht zugestanden werden, seine Zeitpfächter die darauf wohnen, durch Pfändungen zu Bezahlung ih- rer Pacht anzuhalten, die aufgezogenen Pfande, wenn der Zeitpfächter sich solches gefallen läßt, selbst ohne Zu- ziehung des Gerichts zu verkaufen; Entschädigungen für Feld- und Waldschaden von ihnen zu nehmen, und über- haupt mit ihnen, wie mit seinem Gesinde zu verfahren, ohne daß der Gerichtsherr sich darüber beschweren dürfte. Die Rede ist hier blos von der Bestrafung solcher Leute, die ab- und zuziehen können; nicht aber von Erbpächtern oder andern, die ein Recht an den Boden haben. So wenig dem Erbverpachter über diese auch nur die mindeste Macht zugestanden werden kann: so unbedenklich scheint es mir zu seyn, ihm über jenen etwas mehrers einzuräu- men, da es sein eignes Jnteresse erfordert, sein Gesinde und seine Zeitpfächter auf eine gute Art zu behandeln, weil sie sonst von ihm wegziehen werden. Aus einem ähnlichen Grunde muß die Macht eines Abtes über seine Mönche und des Gutsherrn über seine Leibeigne weit ein- geschränkter, als die herrliche über Gesinde und Zeit- pfächter seyn, weil jene das Kloster, und ihre Gründe, nicht so wie diese Dienst und Pacht verlassen können.
Jedoch es würde zu weitläuftig seyn alle die Fälle, welche der Macht ohne Gerichtsbarkeit überlassen werden können, anzuführen. Genug, daß der Gesetzgeber sie bestimmen, und damit die unendlichen Streitigkeiten, über die Frage, was zur Gerichtsbarkeit gehöre, vermin- dern kann. Jch bin u. s. w.
XLV.
Schreiben eines Edelm. ohne Gerichtsb. ꝛc.
ten, in haͤusliche Verbrechen ſehr bedenklich zu ſeyn, da dieſe in der Stille eher als durch oͤffentliche Veſchimpfun- gen gebeſſert werden koͤnnen.
Eben ſo koͤnnte einem echten Eigenthuͤmer auf ſeinem Boden die Macht zugeſtanden werden, ſeine Zeitpfaͤchter die darauf wohnen, durch Pfaͤndungen zu Bezahlung ih- rer Pacht anzuhalten, die aufgezogenen Pfande, wenn der Zeitpfaͤchter ſich ſolches gefallen laͤßt, ſelbſt ohne Zu- ziehung des Gerichts zu verkaufen; Entſchaͤdigungen fuͤr Feld- und Waldſchaden von ihnen zu nehmen, und uͤber- haupt mit ihnen, wie mit ſeinem Geſinde zu verfahren, ohne daß der Gerichtsherr ſich daruͤber beſchweren duͤrfte. Die Rede iſt hier blos von der Beſtrafung ſolcher Leute, die ab- und zuziehen koͤnnen; nicht aber von Erbpaͤchtern oder andern, die ein Recht an den Boden haben. So wenig dem Erbverpachter uͤber dieſe auch nur die mindeſte Macht zugeſtanden werden kann: ſo unbedenklich ſcheint es mir zu ſeyn, ihm uͤber jenen etwas mehrers einzuraͤu- men, da es ſein eignes Jntereſſe erfordert, ſein Geſinde und ſeine Zeitpfaͤchter auf eine gute Art zu behandeln, weil ſie ſonſt von ihm wegziehen werden. Aus einem aͤhnlichen Grunde muß die Macht eines Abtes uͤber ſeine Moͤnche und des Gutsherrn uͤber ſeine Leibeigne weit ein- geſchraͤnkter, als die herrliche uͤber Geſinde und Zeit- pfaͤchter ſeyn, weil jene das Kloſter, und ihre Gruͤnde, nicht ſo wie dieſe Dienſt und Pacht verlaſſen koͤnnen.
Jedoch es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn alle die Faͤlle, welche der Macht ohne Gerichtsbarkeit uͤberlaſſen werden koͤnnen, anzufuͤhren. Genug, daß der Geſetzgeber ſie beſtimmen, und damit die unendlichen Streitigkeiten, uͤber die Frage, was zur Gerichtsbarkeit gehoͤre, vermin- dern kann. Jch bin u. ſ. w.
XLV.
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Schreiben eines Edelm. ohne Gerichtsb. ꝛc.
ten, in haͤusliche Verbrechen ſehr bedenklich zu ſeyn, da
dieſe in der Stille eher als durch oͤffentliche Veſchimpfun-
gen gebeſſert werden koͤnnen.
Eben ſo koͤnnte einem echten Eigenthuͤmer auf ſeinem
Boden die Macht zugeſtanden werden, ſeine Zeitpfaͤchter
die darauf wohnen, durch Pfaͤndungen zu Bezahlung ih-
rer Pacht anzuhalten, die aufgezogenen Pfande, wenn
der Zeitpfaͤchter ſich ſolches gefallen laͤßt, ſelbſt ohne Zu-
ziehung des Gerichts zu verkaufen; Entſchaͤdigungen fuͤr
Feld- und Waldſchaden von ihnen zu nehmen, und uͤber-
haupt mit ihnen, wie mit ſeinem Geſinde zu verfahren,
ohne daß der Gerichtsherr ſich daruͤber beſchweren duͤrfte.
Die Rede iſt hier blos von der Beſtrafung ſolcher Leute,
die ab- und zuziehen koͤnnen; nicht aber von Erbpaͤchtern
oder andern, die ein Recht an den Boden haben. So
wenig dem Erbverpachter uͤber dieſe auch nur die mindeſte
Macht zugeſtanden werden kann: ſo unbedenklich ſcheint
es mir zu ſeyn, ihm uͤber jenen etwas mehrers einzuraͤu-
men, da es ſein eignes Jntereſſe erfordert, ſein Geſinde
und ſeine Zeitpfaͤchter auf eine gute Art zu behandeln,
weil ſie ſonſt von ihm wegziehen werden. Aus einem
aͤhnlichen Grunde muß die Macht eines Abtes uͤber ſeine
Moͤnche und des Gutsherrn uͤber ſeine Leibeigne weit ein-
geſchraͤnkter, als die herrliche uͤber Geſinde und Zeit-
pfaͤchter ſeyn, weil jene das Kloſter, und ihre Gruͤnde,
nicht ſo wie dieſe Dienſt und Pacht verlaſſen koͤnnen.
Jedoch es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn alle die Faͤlle,
welche der Macht ohne Gerichtsbarkeit uͤberlaſſen werden
koͤnnen, anzufuͤhren. Genug, daß der Geſetzgeber ſie
beſtimmen, und damit die unendlichen Streitigkeiten,
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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