Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Westphälischen Freygerichten.
der heimlichen Acht verurtheilt[?] durften sie ihm keinen
mit Namen nennen, wie man solches aus den Antworten
sieht, welche die Freygrafen dem Kayser Ruprecht im
Jahr 1404 ertheilten *).

Der Kayser oder sein Bevollmächtigter der Herzog
konnte nirgends Freyschöpfen machen als auf der rothen
Erden,
das ist in Westphalen, an einem freyen Stuhle,
unter dem Beystande von drey oder vier andern Frey-
schöpfen als Zeugen. Auch hierinn waren sie den Frey-
mäurern ähnlich, und wenn man sich jeden Stuhl als
eine Loge, und den obersten Stuhlherrn als Großmei-
stern aller Westphälischen Logen denkt: so wird die Aehn-
lichkeit noch scheinbarer. Was aber für ein mystischer
Sinn unter der rothen Erde verborgen liege, und warum
Westphalen die rothe Erde genannt werde, ist noch zu
untersuchen; vielleicht zielte man auf die Farbe des Fel-
des im Herzoglich Sächsischen Schilde. Der König Wen-
zel
hatte Freyschöpfen außerhalb Westphalen gemacht,
und als der Kayser Ruprecht fragte, wie sich echte Frey-
schöpfen gegen dieselben verhielten: so war die Antwort:
man hängt sie von Stund an ohne Gnade.

Der Kayser allein und kein ander Fürst konnte einem
der in der heimlichen Acht verurtheilet war, ein frey Ge-
leit ertheilen; eben dieses hatte auch Carl der Große sich
in den sächsischen Capitularien vorbehalten. Doch, ant-
worteten die Schöpfen, ziemte es den Kayser besser der-
gleichen Geleit nicht zu ertheilen, weil ihm mehr daran
gelegen seyn müßte, die heimlichen Gerichte zu stärken
als zu schwächen; und hierinn hatten sie Recht, weil die
Freygrafen den unmittelbaren Einfluß der kayserlichen

Ge-
*) ap. DATT de pace publica p. 777.
N 5

von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten.
der heimlichen Acht verurtheilt[?] durften ſie ihm keinen
mit Namen nennen, wie man ſolches aus den Antworten
ſieht, welche die Freygrafen dem Kayſer Ruprecht im
Jahr 1404 ertheilten *).

Der Kayſer oder ſein Bevollmaͤchtigter der Herzog
konnte nirgends Freyſchoͤpfen machen als auf der rothen
Erden,
das iſt in Weſtphalen, an einem freyen Stuhle,
unter dem Beyſtande von drey oder vier andern Frey-
ſchoͤpfen als Zeugen. Auch hierinn waren ſie den Frey-
maͤurern aͤhnlich, und wenn man ſich jeden Stuhl als
eine Loge, und den oberſten Stuhlherrn als Großmei-
ſtern aller Weſtphaͤliſchen Logen denkt: ſo wird die Aehn-
lichkeit noch ſcheinbarer. Was aber fuͤr ein myſtiſcher
Sinn unter der rothen Erde verborgen liege, und warum
Weſtphalen die rothe Erde genannt werde, iſt noch zu
unterſuchen; vielleicht zielte man auf die Farbe des Fel-
des im Herzoglich Saͤchſiſchen Schilde. Der Koͤnig Wen-
zel
hatte Freyſchoͤpfen außerhalb Weſtphalen gemacht,
und als der Kayſer Ruprecht fragte, wie ſich echte Frey-
ſchoͤpfen gegen dieſelben verhielten: ſo war die Antwort:
man haͤngt ſie von Stund an ohne Gnade.

Der Kayſer allein und kein ander Fuͤrſt konnte einem
der in der heimlichen Acht verurtheilet war, ein frey Ge-
leit ertheilen; eben dieſes hatte auch Carl der Große ſich
in den ſaͤchſiſchen Capitularien vorbehalten. Doch, ant-
worteten die Schoͤpfen, ziemte es den Kayſer beſſer der-
gleichen Geleit nicht zu ertheilen, weil ihm mehr daran
gelegen ſeyn muͤßte, die heimlichen Gerichte zu ſtaͤrken
als zu ſchwaͤchen; und hierinn hatten ſie Recht, weil die
Freygrafen den unmittelbaren Einfluß der kayſerlichen

Ge-
*) ap. DATT de pace publica p. 777.
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Freygerichten.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">der heimlichen Acht verurtheilt<supplied>?</supplied></hi> durften &#x017F;ie ihm keinen<lb/>
mit Namen nennen, wie man &#x017F;olches aus den Antworten<lb/>
&#x017F;ieht, welche die Freygrafen dem Kay&#x017F;er Ruprecht im<lb/>
Jahr 1404 ertheilten <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">ap. DATT de pace publica p.</hi> 777.</note>.</p><lb/>
          <p>Der Kay&#x017F;er oder &#x017F;ein Bevollma&#x0364;chtigter der Herzog<lb/>
konnte nirgends Frey&#x017F;cho&#x0364;pfen machen als auf der <hi rendition="#fr">rothen<lb/>
Erden,</hi> das i&#x017F;t in We&#x017F;tphalen, an einem freyen Stuhle,<lb/>
unter dem Bey&#x017F;tande von drey oder vier andern Frey-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen als Zeugen. Auch hierinn waren &#x017F;ie den Frey-<lb/>
ma&#x0364;urern a&#x0364;hnlich, und wenn man &#x017F;ich jeden <hi rendition="#fr">Stuhl</hi> als<lb/>
eine <hi rendition="#fr">Loge,</hi> und den ober&#x017F;ten Stuhlherrn als Großmei-<lb/>
&#x017F;tern aller We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Logen denkt: &#x017F;o wird die Aehn-<lb/>
lichkeit noch &#x017F;cheinbarer. Was aber fu&#x0364;r ein my&#x017F;ti&#x017F;cher<lb/>
Sinn unter der <hi rendition="#fr">rothen Erde</hi> verborgen liege, und warum<lb/>
We&#x017F;tphalen die rothe Erde genannt werde, i&#x017F;t noch zu<lb/>
unter&#x017F;uchen; vielleicht zielte man auf die Farbe des Fel-<lb/>
des im Herzoglich Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Schilde. Der Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Wen-<lb/>
zel</hi> hatte Frey&#x017F;cho&#x0364;pfen außerhalb We&#x017F;tphalen gemacht,<lb/>
und als der Kay&#x017F;er Ruprecht fragte, wie &#x017F;ich echte Frey-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen gegen die&#x017F;elben verhielten: &#x017F;o war die Antwort:<lb/><hi rendition="#fr">man ha&#x0364;ngt &#x017F;ie von Stund an ohne Gnade.</hi></p><lb/>
          <p>Der Kay&#x017F;er allein und kein ander Fu&#x0364;r&#x017F;t konnte einem<lb/>
der in der heimlichen Acht verurtheilet war, ein frey Ge-<lb/>
leit ertheilen; eben die&#x017F;es hatte auch Carl der Große &#x017F;ich<lb/>
in den &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Capitularien vorbehalten. Doch, ant-<lb/>
worteten die Scho&#x0364;pfen, ziemte es den Kay&#x017F;er be&#x017F;&#x017F;er der-<lb/>
gleichen Geleit nicht zu ertheilen, weil ihm mehr daran<lb/>
gelegen &#x017F;eyn mu&#x0364;ßte, die heimlichen Gerichte zu &#x017F;ta&#x0364;rken<lb/>
als zu &#x017F;chwa&#x0364;chen; und hierinn hatten &#x017F;ie Recht, weil die<lb/>
Freygrafen den unmittelbaren Einfluß der kay&#x017F;erlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0213] von den Weſtphaͤliſchen Freygerichten. der heimlichen Acht verurtheilt? durften ſie ihm keinen mit Namen nennen, wie man ſolches aus den Antworten ſieht, welche die Freygrafen dem Kayſer Ruprecht im Jahr 1404 ertheilten *). Der Kayſer oder ſein Bevollmaͤchtigter der Herzog konnte nirgends Freyſchoͤpfen machen als auf der rothen Erden, das iſt in Weſtphalen, an einem freyen Stuhle, unter dem Beyſtande von drey oder vier andern Frey- ſchoͤpfen als Zeugen. Auch hierinn waren ſie den Frey- maͤurern aͤhnlich, und wenn man ſich jeden Stuhl als eine Loge, und den oberſten Stuhlherrn als Großmei- ſtern aller Weſtphaͤliſchen Logen denkt: ſo wird die Aehn- lichkeit noch ſcheinbarer. Was aber fuͤr ein myſtiſcher Sinn unter der rothen Erde verborgen liege, und warum Weſtphalen die rothe Erde genannt werde, iſt noch zu unterſuchen; vielleicht zielte man auf die Farbe des Fel- des im Herzoglich Saͤchſiſchen Schilde. Der Koͤnig Wen- zel hatte Freyſchoͤpfen außerhalb Weſtphalen gemacht, und als der Kayſer Ruprecht fragte, wie ſich echte Frey- ſchoͤpfen gegen dieſelben verhielten: ſo war die Antwort: man haͤngt ſie von Stund an ohne Gnade. Der Kayſer allein und kein ander Fuͤrſt konnte einem der in der heimlichen Acht verurtheilet war, ein frey Ge- leit ertheilen; eben dieſes hatte auch Carl der Große ſich in den ſaͤchſiſchen Capitularien vorbehalten. Doch, ant- worteten die Schoͤpfen, ziemte es den Kayſer beſſer der- gleichen Geleit nicht zu ertheilen, weil ihm mehr daran gelegen ſeyn muͤßte, die heimlichen Gerichte zu ſtaͤrken als zu ſchwaͤchen; und hierinn hatten ſie Recht, weil die Freygrafen den unmittelbaren Einfluß der kayſerlichen Ge- *) ap. DATT de pace publica p. 777. N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/213
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/213>, abgerufen am 21.11.2024.