Auch ist die Gefahr für vermischte Heyrathen so groß nicht als man sich solche vorstellet. Denn so bald jene Wege geöffnet sind: so wird man auch eben wie in Eng- land, edelgebohrne Kaufleute, und edelgebohrne Päch- ter finden, die ihren Söhnen und Töchtern die Wapen- bürtigkeit durch das Heroldsamt erhalten haben.
Das einzige was allenfalls zu befürchten wäre, möchte darin bestehen, daß die Adelsfähigkeit zu gemein, und die Zahl derjenigen, welche auf eine Kronwürde, oder welches nach dem Vorausgesetzten einerley ist, auf eine Präbende und andre dem Adel gleichgeltende Bedienun- gen Anspruch machen könnten, zu groß werden würde. Allein so wichtig dieser Einwurf von einer Seite scheinet: so hart ist es doch auch auf der andern, daß die jüngern Söhne des Adels, wenn sie keine Reichs- oder Landwür- den erhalten, sich des Eigenthums begeben und manche gute edelgebohrne Mädgen ledig bleiben müssen; und fast möchte ich sagen, daß es blos der Eigennutz des Adels sey, der die Zahl der Adelsfähigen zu vermindern sucht, um die Präbenden jedesmal zur Versorgung oder Aufo- pferung seiner jungen Kinder gebrauchen zu können. Am Ende aber dürfte es doch noch wohl eine große Frage seyn, ob der Adel sich nicht besser dabey stehen und we- nigstens wohlthätiger gegen sein Geschlecht handeln wür- de, wenn seine jüngern Kinder sich wie in England durch die Handlung oder jede andre Art eines anständigen Ge- werbes bereicherten, und sich auf diese Weise die Mittel erwürben, künftig in einer Kronwürde desto besser glän- zen zu können, als daß sie auf einer Präbende zu Tode gefuttert werden.
Dem Adel allein schadet die Vermehrung; er kann leicht zu zahlreich und zu gemein werden; aber den Edel-
ge-
Mösers patr. Phantas.IV.Th. R
nicht nach dem engliſchen?
Auch iſt die Gefahr fuͤr vermiſchte Heyrathen ſo groß nicht als man ſich ſolche vorſtellet. Denn ſo bald jene Wege geoͤffnet ſind: ſo wird man auch eben wie in Eng- land, edelgebohrne Kaufleute, und edelgebohrne Paͤch- ter finden, die ihren Soͤhnen und Toͤchtern die Wapen- buͤrtigkeit durch das Heroldsamt erhalten haben.
Das einzige was allenfalls zu befuͤrchten waͤre, moͤchte darin beſtehen, daß die Adelsfaͤhigkeit zu gemein, und die Zahl derjenigen, welche auf eine Kronwuͤrde, oder welches nach dem Vorausgeſetzten einerley iſt, auf eine Praͤbende und andre dem Adel gleichgeltende Bedienun- gen Anſpruch machen koͤnnten, zu groß werden wuͤrde. Allein ſo wichtig dieſer Einwurf von einer Seite ſcheinet: ſo hart iſt es doch auch auf der andern, daß die juͤngern Soͤhne des Adels, wenn ſie keine Reichs- oder Landwuͤr- den erhalten, ſich des Eigenthums begeben und manche gute edelgebohrne Maͤdgen ledig bleiben muͤſſen; und faſt moͤchte ich ſagen, daß es blos der Eigennutz des Adels ſey, der die Zahl der Adelsfaͤhigen zu vermindern ſucht, um die Praͤbenden jedesmal zur Verſorgung oder Aufo- pferung ſeiner jungen Kinder gebrauchen zu koͤnnen. Am Ende aber duͤrfte es doch noch wohl eine große Frage ſeyn, ob der Adel ſich nicht beſſer dabey ſtehen und we- nigſtens wohlthaͤtiger gegen ſein Geſchlecht handeln wuͤr- de, wenn ſeine juͤngern Kinder ſich wie in England durch die Handlung oder jede andre Art eines anſtaͤndigen Ge- werbes bereicherten, und ſich auf dieſe Weiſe die Mittel erwuͤrben, kuͤnftig in einer Kronwuͤrde deſto beſſer glaͤn- zen zu koͤnnen, als daß ſie auf einer Praͤbende zu Tode gefuttert werden.
Dem Adel allein ſchadet die Vermehrung; er kann leicht zu zahlreich und zu gemein werden; aber den Edel-
ge-
Moͤſers patr. Phantaſ.IV.Th. R
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nicht nach dem engliſchen?
Auch iſt die Gefahr fuͤr vermiſchte Heyrathen ſo groß
nicht als man ſich ſolche vorſtellet. Denn ſo bald jene
Wege geoͤffnet ſind: ſo wird man auch eben wie in Eng-
land, edelgebohrne Kaufleute, und edelgebohrne Paͤch-
ter finden, die ihren Soͤhnen und Toͤchtern die Wapen-
buͤrtigkeit durch das Heroldsamt erhalten haben.
Das einzige was allenfalls zu befuͤrchten waͤre, moͤchte
darin beſtehen, daß die Adelsfaͤhigkeit zu gemein, und
die Zahl derjenigen, welche auf eine Kronwuͤrde, oder
welches nach dem Vorausgeſetzten einerley iſt, auf eine
Praͤbende und andre dem Adel gleichgeltende Bedienun-
gen Anſpruch machen koͤnnten, zu groß werden wuͤrde.
Allein ſo wichtig dieſer Einwurf von einer Seite ſcheinet:
ſo hart iſt es doch auch auf der andern, daß die juͤngern
Soͤhne des Adels, wenn ſie keine Reichs- oder Landwuͤr-
den erhalten, ſich des Eigenthums begeben und manche
gute edelgebohrne Maͤdgen ledig bleiben muͤſſen; und
faſt moͤchte ich ſagen, daß es blos der Eigennutz des Adels
ſey, der die Zahl der Adelsfaͤhigen zu vermindern ſucht,
um die Praͤbenden jedesmal zur Verſorgung oder Aufo-
pferung ſeiner jungen Kinder gebrauchen zu koͤnnen. Am
Ende aber duͤrfte es doch noch wohl eine große Frage
ſeyn, ob der Adel ſich nicht beſſer dabey ſtehen und we-
nigſtens wohlthaͤtiger gegen ſein Geſchlecht handeln wuͤr-
de, wenn ſeine juͤngern Kinder ſich wie in England durch
die Handlung oder jede andre Art eines anſtaͤndigen Ge-
werbes bereicherten, und ſich auf dieſe Weiſe die Mittel
erwuͤrben, kuͤnftig in einer Kronwuͤrde deſto beſſer glaͤn-
zen zu koͤnnen, als daß ſie auf einer Praͤbende zu Tode
gefuttert werden.
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/269>, abgerufen am 01.06.2024.
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