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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Adelsprobe in Deutschland.
sammlungen ausschloß. Dem Beyspiele dieser geschlosse-
nen Gesellschaften folgten die höhern Capitel und Stifter,
und achteten von nun an auf keine Ritter- oder Doctor-
würden; sondern auf ritterliche Geschlechter in dem Ver-
stande der vorhergegangenen Periode, worin die Dienst-
mannschaft nur Dienstmannskinder zu Waffenjungen an-
genommen hatte, und so nach die ritterliche Würde nicht
durch die kayserl. Gnade, sondern nach zurückgelegter
Knapschaft, wie jede andere Meisterschaft, von der rit-
terlichen Jnnung erlangt wurde, und der Geburtsbrief
vorgelegt werden mußte.

Drittens die Briefe, wodurch der Kayser und dieje-
nigen, welche sonst dessen Vollmacht dazu haben, einem
verdienten Manne den deutschen Adel ertheilet haben.
Dieses ist der so genannte Briefadel, welcher, da die
nunmehr geschlossenen Gesellschaften keine neue Geschlech-
ter annehmen wollten, sich im 15ten Jahrhundert zuerst
von selbst empfohl, und nothwendig machte, wofern nicht
der Staat das große Mittel, edle Thaten durch den Adel
zu belohnen, ganz verlieren sollte. Die Zeiten, worin
jeder Herzog, Bischof, oder Graf, seine Dienstleute aus
den tapfersten erwählt, und solchergestalt manchen neu
geadelt hatte *), waren vorüber; keiner wagte es mehr,

andre
*) Die Adelbriefe dieser Zeit lauten insgemein also: Nos Bruno
Wirceburgensis Episcopus - Unum nomine Richboldum, prae
caeteris nobis familiarem transtulimus in consortium et jus mi-
nisterialium ecclesiae nostrae; cui cum foemina quaedam libera
et liberis orta parentibus, nomine Richere, legitime nupsis-
set ap. Falken in erad. Corb. p.
662. oder Nos Mechtildis dei
gratia Abbatissa Herfordensis - Nos vero occasione huiusmodi
census nobis dati, et de consilio et consensu Capituli et mini-
sterialium ecclesiae nostrae, praedictum Gerardum et omnes pue-

ros
S 2

Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
ſammlungen ausſchloß. Dem Beyſpiele dieſer geſchloſſe-
nen Geſellſchaften folgten die hoͤhern Capitel und Stifter,
und achteten von nun an auf keine Ritter- oder Doctor-
wuͤrden; ſondern auf ritterliche Geſchlechter in dem Ver-
ſtande der vorhergegangenen Periode, worin die Dienſt-
mannſchaft nur Dienſtmannskinder zu Waffenjungen an-
genommen hatte, und ſo nach die ritterliche Wuͤrde nicht
durch die kayſerl. Gnade, ſondern nach zuruͤckgelegter
Knapſchaft, wie jede andere Meiſterſchaft, von der rit-
terlichen Jnnung erlangt wurde, und der Geburtsbrief
vorgelegt werden mußte.

Drittens die Briefe, wodurch der Kayſer und dieje-
nigen, welche ſonſt deſſen Vollmacht dazu haben, einem
verdienten Manne den deutſchen Adel ertheilet haben.
Dieſes iſt der ſo genannte Briefadel, welcher, da die
nunmehr geſchloſſenen Geſellſchaften keine neue Geſchlech-
ter annehmen wollten, ſich im 15ten Jahrhundert zuerſt
von ſelbſt empfohl, und nothwendig machte, wofern nicht
der Staat das große Mittel, edle Thaten durch den Adel
zu belohnen, ganz verlieren ſollte. Die Zeiten, worin
jeder Herzog, Biſchof, oder Graf, ſeine Dienſtleute aus
den tapferſten erwaͤhlt, und ſolchergeſtalt manchen neu
geadelt hatte *), waren voruͤber; keiner wagte es mehr,

andre
*) Die Adelbriefe dieſer Zeit lauten insgemein alſo: Nos Bruno
Wirceburgenſis Epiſcopus ‒ Unum nomine Richboldum, prae
caeteris nobis familiarem transtulimus in conſortium et jus mi-
niſterialium eccleſiae noſtrae; cui cum foemina quaedam libera
et liberis orta parentibus, nomine Richere, legitime nupſis-
ſet ap. Falken in erad. Corb. p.
662. oder Nos Mechtildis dei
gratia Abbatiſſa Herfordenſis ‒ Nos vero occaſione huiusmodi
cenſus nobis dati, et de conſilio et conſenſu Capituli et mini-
ſterialium eccleſiae noſtrae, praedictum Gerardum et omnes pue-

ros
S 2
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[275/0287] Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. ſammlungen ausſchloß. Dem Beyſpiele dieſer geſchloſſe- nen Geſellſchaften folgten die hoͤhern Capitel und Stifter, und achteten von nun an auf keine Ritter- oder Doctor- wuͤrden; ſondern auf ritterliche Geſchlechter in dem Ver- ſtande der vorhergegangenen Periode, worin die Dienſt- mannſchaft nur Dienſtmannskinder zu Waffenjungen an- genommen hatte, und ſo nach die ritterliche Wuͤrde nicht durch die kayſerl. Gnade, ſondern nach zuruͤckgelegter Knapſchaft, wie jede andere Meiſterſchaft, von der rit- terlichen Jnnung erlangt wurde, und der Geburtsbrief vorgelegt werden mußte. Drittens die Briefe, wodurch der Kayſer und dieje- nigen, welche ſonſt deſſen Vollmacht dazu haben, einem verdienten Manne den deutſchen Adel ertheilet haben. Dieſes iſt der ſo genannte Briefadel, welcher, da die nunmehr geſchloſſenen Geſellſchaften keine neue Geſchlech- ter annehmen wollten, ſich im 15ten Jahrhundert zuerſt von ſelbſt empfohl, und nothwendig machte, wofern nicht der Staat das große Mittel, edle Thaten durch den Adel zu belohnen, ganz verlieren ſollte. Die Zeiten, worin jeder Herzog, Biſchof, oder Graf, ſeine Dienſtleute aus den tapferſten erwaͤhlt, und ſolchergeſtalt manchen neu geadelt hatte *), waren voruͤber; keiner wagte es mehr, andre *) Die Adelbriefe dieſer Zeit lauten insgemein alſo: Nos Bruno Wirceburgenſis Epiſcopus ‒ Unum nomine Richboldum, prae caeteris nobis familiarem transtulimus in conſortium et jus mi- niſterialium eccleſiae noſtrae; cui cum foemina quaedam libera et liberis orta parentibus, nomine Richere, legitime nupſis- ſet ap. Falken in erad. Corb. p. 662. oder Nos Mechtildis dei gratia Abbatiſſa Herfordenſis ‒ Nos vero occaſione huiusmodi cenſus nobis dati, et de conſilio et conſenſu Capituli et mini- ſterialium eccleſiae noſtrae, praedictum Gerardum et omnes pue- ros S 2

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/287>, abgerufen am 21.11.2024.