Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Der Capitularsoldat. Kirche am Altar dienen, nicht gezwungen werden sollen,für sie ins Heer zu ziehen; und daß kein Geistlicher sich von freyen Stücken in den Krieg begeben solle. Das er- ste bezieht sich auf die Zeiten des Heerbanns, worinn der Krieg eine Reihepflicht war, und nachdem es der Kayser verlangte, jeder Mansus seinen Mann stellen mußte. Hier war es ganz natürlich, den Mansus der Kirchen, des- sen Besitzer davon am Altar diente, nicht mit doppelter Pflicht zu beschweren. Das andre hingegen geht auf die Zeiten, wo man anfieng, außer dem Heerbann, und aus- ser der Lehn- und Dienstmannschaft, eine neue Art von Geworbenen anzunehmen, welche auf Contracte und auf eine gewisse Zeit dienten, und vornehmlich der Beute und Plünderung wegen dem Kriege nachzogen. Diese hießen Teufelskinder *) und Bluthunde und unter diesen sollte von Rechtswegen kein Geistlicher sich finden lassen. Da- her sagten die zu Arles versammleten Väter: ut nullus Clericus ruptuariis vel bolestariis, aut hujusmodi viris san- guinis, praeponatur. Und spätere Verordnungen der Kir- che eifern nur dawider, daß Geistliche sich nicht sollten anwerben lassen; zu verstehen von diesen Teufelskindern, als der damaligen einzigen Art von Geworbenen, keines- wegs aber, daß sie nicht sollten, wenn sie anders woll- ten, im Heerbann mit ausziehen, und für ein Lehn die- nen können. Wie es denn gewiß in der Geschichte tau- send und mehr Fälle giebt **), wo Päpste, Bischöfe und andre *) Filii Belial, de secta corum, qui vocantur Rotte: ARNOLD. Lübec. c. 26. Vermuthlich wurden die Geworbenen in Rot- ten abgetheilt, und hiessen daher Ruptuarii, Roturiers, im Gegensatz von der noblen Dienstmannschaft. **) Noch in den spätern Niederländischen Unruhen, war fast jeder reiche Edelmann in Westphalen, Entrepreneur eines Corps T 5
Der Capitularſoldat. Kirche am Altar dienen, nicht gezwungen werden ſollen,fuͤr ſie ins Heer zu ziehen; und daß kein Geiſtlicher ſich von freyen Stuͤcken in den Krieg begeben ſolle. Das er- ſte bezieht ſich auf die Zeiten des Heerbanns, worinn der Krieg eine Reihepflicht war, und nachdem es der Kayſer verlangte, jeder Manſus ſeinen Mann ſtellen mußte. Hier war es ganz natuͤrlich, den Manſus der Kirchen, deſ- ſen Beſitzer davon am Altar diente, nicht mit doppelter Pflicht zu beſchweren. Das andre hingegen geht auf die Zeiten, wo man anfieng, außer dem Heerbann, und auſ- ſer der Lehn- und Dienſtmannſchaft, eine neue Art von Geworbenen anzunehmen, welche auf Contracte und auf eine gewiſſe Zeit dienten, und vornehmlich der Beute und Pluͤnderung wegen dem Kriege nachzogen. Dieſe hießen Teufelskinder *) und Bluthunde und unter dieſen ſollte von Rechtswegen kein Geiſtlicher ſich finden laſſen. Da- her ſagten die zu Arles verſammleten Vaͤter: ut nullus Clericus ruptuariis vel boleſtariis, aut hujusmodi viris ſan- guinis, praeponatur. Und ſpaͤtere Verordnungen der Kir- che eifern nur dawider, daß Geiſtliche ſich nicht ſollten anwerben laſſen; zu verſtehen von dieſen Teufelskindern, als der damaligen einzigen Art von Geworbenen, keines- wegs aber, daß ſie nicht ſollten, wenn ſie anders woll- ten, im Heerbann mit ausziehen, und fuͤr ein Lehn die- nen koͤnnen. Wie es denn gewiß in der Geſchichte tau- ſend und mehr Faͤlle giebt **), wo Paͤpſte, Biſchoͤfe und andre *) Filii Belial, de ſecta corum, qui vocantur Rotte: ARNOLD. Lübec. c. 26. Vermuthlich wurden die Geworbenen in Rot- ten abgetheilt, und hieſſen daher Ruptuarii, Roturiers, im Gegenſatz von der noblen Dienſtmannſchaft. **) Noch in den ſpaͤtern Niederlaͤndiſchen Unruhen, war faſt jeder reiche Edelmann in Weſtphalen, Entrepreneur eines Corps T 5
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Der Capitularſoldat.
Kirche am Altar dienen, nicht gezwungen werden ſollen,
fuͤr ſie ins Heer zu ziehen; und daß kein Geiſtlicher ſich
von freyen Stuͤcken in den Krieg begeben ſolle. Das er-
ſte bezieht ſich auf die Zeiten des Heerbanns, worinn
der Krieg eine Reihepflicht war, und nachdem es der
Kayſer verlangte, jeder Manſus ſeinen Mann ſtellen mußte.
Hier war es ganz natuͤrlich, den Manſus der Kirchen, deſ-
ſen Beſitzer davon am Altar diente, nicht mit doppelter
Pflicht zu beſchweren. Das andre hingegen geht auf die
Zeiten, wo man anfieng, außer dem Heerbann, und auſ-
ſer der Lehn- und Dienſtmannſchaft, eine neue Art von
Geworbenen anzunehmen, welche auf Contracte und auf
eine gewiſſe Zeit dienten, und vornehmlich der Beute und
Pluͤnderung wegen dem Kriege nachzogen. Dieſe hießen
Teufelskinder *) und Bluthunde und unter dieſen ſollte
von Rechtswegen kein Geiſtlicher ſich finden laſſen. Da-
her ſagten die zu Arles verſammleten Vaͤter: ut nullus
Clericus ruptuariis vel boleſtariis, aut hujusmodi viris ſan-
guinis, praeponatur. Und ſpaͤtere Verordnungen der Kir-
che eifern nur dawider, daß Geiſtliche ſich nicht ſollten
anwerben laſſen; zu verſtehen von dieſen Teufelskindern,
als der damaligen einzigen Art von Geworbenen, keines-
wegs aber, daß ſie nicht ſollten, wenn ſie anders woll-
ten, im Heerbann mit ausziehen, und fuͤr ein Lehn die-
nen koͤnnen. Wie es denn gewiß in der Geſchichte tau-
ſend und mehr Faͤlle giebt **), wo Paͤpſte, Biſchoͤfe und
andre
*) Filii Belial, de ſecta corum, qui vocantur Rotte: ARNOLD.
Lübec. c. 26. Vermuthlich wurden die Geworbenen in Rot-
ten abgetheilt, und hieſſen daher Ruptuarii, Roturiers, im
Gegenſatz von der noblen Dienſtmannſchaft.
**) Noch in den ſpaͤtern Niederlaͤndiſchen Unruhen, war faſt
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