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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Etwas zur Naturgeschichte
Eigenthum wären unveräusserliche Rechte der Menschheit,
die niemand mit gutem Willen fahren ließe. Wer sich
also ausser dem Stande der Freyheit befinde, der habe
allemal Zwang erlitten, und Zwang binde Niemanden
zu Rechte, so bald man nur mächtig genug sey, sich dem-
selben zu entziehen. Gesetzt aber auch die Väter dieser
Colonie hätten sich für ihre Personen verbinden können:
so wäre es doch nicht in ihrer Macht gewesen, ihre Kin-
der und Nachkommen ins unendliche zu verbinden. So
bald diese dem Herrn der Jnsel den väterlichen Acker, und
allenfalls alles, was sie von ihren Vätern ererbt hätten,
zurückließen: so könnten sie mit ihrem Leibe gehen, wohin
sie wollten. Dieses Gesetz habe die Natur, wie Locke
der Gesetzgeber von Amerika gesagt, selbst gegeben, und
es sey vielleicht die grausamste Constitution auf diesem
Erdboden, welche in dieser Colonie herrschte, und nach
welcher einer nicht einmal seinen nackten Leib sollte da-
von tragen dürfen.

Das beste hiebey war, daß es dem Kaper kein Ernst
war die jungen Jnsulaner mitzunehmen, und daß diese
also bleiben mußten, wo sie bisher, ohne daran zu den-
ken, ob sie dazu verbunden wären oder nicht, sich glück-
lich geschätzet hatten. Jnzwischen gab doch dieser Vor-
fall nachher oft zur Untersuchung der Frage Anlaß: Ob
das Recht des Herrn solchergestalt ins unendliche gehen,
und ihm, wenn die Umstände darnach wären, die ganze
Nachkommenschaft zu eigen machen könnte? Der Pastor
behauptete, es sey dieses die wahre patriarchalische Ver-
fassung. Kinder und Knechte wären so lange in der Hö-
rigkeit der Altväter geblieben, bis sie daraus mit seinem
guten Willen wären erlassen worden, und dieses sey sel-
ten geschehen, weil nicht leicht ein Freygelassener das

Ver-

Etwas zur Naturgeſchichte
Eigenthum waͤren unveraͤuſſerliche Rechte der Menſchheit,
die niemand mit gutem Willen fahren ließe. Wer ſich
alſo auſſer dem Stande der Freyheit befinde, der habe
allemal Zwang erlitten, und Zwang binde Niemanden
zu Rechte, ſo bald man nur maͤchtig genug ſey, ſich dem-
ſelben zu entziehen. Geſetzt aber auch die Vaͤter dieſer
Colonie haͤtten ſich fuͤr ihre Perſonen verbinden koͤnnen:
ſo waͤre es doch nicht in ihrer Macht geweſen, ihre Kin-
der und Nachkommen ins unendliche zu verbinden. So
bald dieſe dem Herrn der Jnſel den vaͤterlichen Acker, und
allenfalls alles, was ſie von ihren Vaͤtern ererbt haͤtten,
zuruͤckließen: ſo koͤnnten ſie mit ihrem Leibe gehen, wohin
ſie wollten. Dieſes Geſetz habe die Natur, wie Locke
der Geſetzgeber von Amerika geſagt, ſelbſt gegeben, und
es ſey vielleicht die grauſamſte Conſtitution auf dieſem
Erdboden, welche in dieſer Colonie herrſchte, und nach
welcher einer nicht einmal ſeinen nackten Leib ſollte da-
von tragen duͤrfen.

Das beſte hiebey war, daß es dem Kaper kein Ernſt
war die jungen Jnſulaner mitzunehmen, und daß dieſe
alſo bleiben mußten, wo ſie bisher, ohne daran zu den-
ken, ob ſie dazu verbunden waͤren oder nicht, ſich gluͤck-
lich geſchaͤtzet hatten. Jnzwiſchen gab doch dieſer Vor-
fall nachher oft zur Unterſuchung der Frage Anlaß: Ob
das Recht des Herrn ſolchergeſtalt ins unendliche gehen,
und ihm, wenn die Umſtaͤnde darnach waͤren, die ganze
Nachkommenſchaft zu eigen machen koͤnnte? Der Paſtor
behauptete, es ſey dieſes die wahre patriarchaliſche Ver-
faſſung. Kinder und Knechte waͤren ſo lange in der Hoͤ-
rigkeit der Altvaͤter geblieben, bis ſie daraus mit ſeinem
guten Willen waͤren erlaſſen worden, und dieſes ſey ſel-
ten geſchehen, weil nicht leicht ein Freygelaſſener das

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[314/0326] Etwas zur Naturgeſchichte Eigenthum waͤren unveraͤuſſerliche Rechte der Menſchheit, die niemand mit gutem Willen fahren ließe. Wer ſich alſo auſſer dem Stande der Freyheit befinde, der habe allemal Zwang erlitten, und Zwang binde Niemanden zu Rechte, ſo bald man nur maͤchtig genug ſey, ſich dem- ſelben zu entziehen. Geſetzt aber auch die Vaͤter dieſer Colonie haͤtten ſich fuͤr ihre Perſonen verbinden koͤnnen: ſo waͤre es doch nicht in ihrer Macht geweſen, ihre Kin- der und Nachkommen ins unendliche zu verbinden. So bald dieſe dem Herrn der Jnſel den vaͤterlichen Acker, und allenfalls alles, was ſie von ihren Vaͤtern ererbt haͤtten, zuruͤckließen: ſo koͤnnten ſie mit ihrem Leibe gehen, wohin ſie wollten. Dieſes Geſetz habe die Natur, wie Locke der Geſetzgeber von Amerika geſagt, ſelbſt gegeben, und es ſey vielleicht die grauſamſte Conſtitution auf dieſem Erdboden, welche in dieſer Colonie herrſchte, und nach welcher einer nicht einmal ſeinen nackten Leib ſollte da- von tragen duͤrfen. Das beſte hiebey war, daß es dem Kaper kein Ernſt war die jungen Jnſulaner mitzunehmen, und daß dieſe alſo bleiben mußten, wo ſie bisher, ohne daran zu den- ken, ob ſie dazu verbunden waͤren oder nicht, ſich gluͤck- lich geſchaͤtzet hatten. Jnzwiſchen gab doch dieſer Vor- fall nachher oft zur Unterſuchung der Frage Anlaß: Ob das Recht des Herrn ſolchergeſtalt ins unendliche gehen, und ihm, wenn die Umſtaͤnde darnach waͤren, die ganze Nachkommenſchaft zu eigen machen koͤnnte? Der Paſtor behauptete, es ſey dieſes die wahre patriarchaliſche Ver- faſſung. Kinder und Knechte waͤren ſo lange in der Hoͤ- rigkeit der Altvaͤter geblieben, bis ſie daraus mit ſeinem guten Willen waͤren erlaſſen worden, und dieſes ſey ſel- ten geſchehen, weil nicht leicht ein Freygelaſſener das Ver-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/326>, abgerufen am 26.11.2024.