Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Von Verwandlung der Erbesbesetzung gleich leicht zu hart machen würde, da denn, wenn allesund jedes, worüber sie Beyde solchergestalt einverstanden sind, gleich den alten gutsherrlichen Pächten bey dem Steuer-Anschlage vorabgezogen werden sollte, andere mit ihnen in gleicher Reihe und Pflicht stehende Höfe darunter leiden würden; ich konnte mir die Schwierig- keit nicht heben, wie es in dem Falle, wo ein Hof in Verfall geriethe, und den öffentlichen und gutsherrlichen Lasten nicht zugleich gewachsen bliebe, gehalten werden sollte? ob nämlich, so denn die Einkünfte wie jetzt, zwi- schen beyden getheilet, und dasjenige, was dem Hofe für die dem Besitzer ertheilte Freyheit neuerlich aufgelegt würde, mit zu dieser Rechnung kommen sollte, oder nicht? Eine Schwierigkeit die mir um so viel größer schien, da man kein öffentliches Kataster hat, worin die alten Pächte und Dienste mit einander verzeichnet sind, und solcher- gestalt hierunter dem Beweise würde trauen müssen, wel- chen beyde Theile für richtig erkennen. Mit einem Worte, ich fürchtete, dasjenige was für ausserordentliche Ge- fälle zwischen dem Gutsherrn und Leibeignen verglichen, und auf ein jährliches gewisses Geld gesetzet werden wür- de, möchte eine Real-Erbeslast, und aus obigen Grün- den dem gemeinen Wesen, was doch zu diesem Contrakt nicht gezogen werden soll, und in Ansehung dessen folg- lich auch dieser so wenig als jener Beweis einige Gültig- keit haben kann, nachtheilig werden. Allein nachdem ich in den alten Hofrechten die Ver- die
Von Verwandlung der Erbesbeſetzung gleich leicht zu hart machen wuͤrde, da denn, wenn allesund jedes, woruͤber ſie Beyde ſolchergeſtalt einverſtanden ſind, gleich den alten gutsherrlichen Paͤchten bey dem Steuer-Anſchlage vorabgezogen werden ſollte, andere mit ihnen in gleicher Reihe und Pflicht ſtehende Hoͤfe darunter leiden wuͤrden; ich konnte mir die Schwierig- keit nicht heben, wie es in dem Falle, wo ein Hof in Verfall geriethe, und den oͤffentlichen und gutsherrlichen Laſten nicht zugleich gewachſen bliebe, gehalten werden ſollte? ob naͤmlich, ſo denn die Einkuͤnfte wie jetzt, zwi- ſchen beyden getheilet, und dasjenige, was dem Hofe fuͤr die dem Beſitzer ertheilte Freyheit neuerlich aufgelegt wuͤrde, mit zu dieſer Rechnung kommen ſollte, oder nicht? Eine Schwierigkeit die mir um ſo viel groͤßer ſchien, da man kein oͤffentliches Kataſter hat, worin die alten Paͤchte und Dienſte mit einander verzeichnet ſind, und ſolcher- geſtalt hierunter dem Beweiſe wuͤrde trauen muͤſſen, wel- chen beyde Theile fuͤr richtig erkennen. Mit einem Worte, ich fuͤrchtete, dasjenige was fuͤr auſſerordentliche Ge- faͤlle zwiſchen dem Gutsherrn und Leibeignen verglichen, und auf ein jaͤhrliches gewiſſes Geld geſetzet werden wuͤr- de, moͤchte eine Real-Erbeslaſt, und aus obigen Gruͤn- den dem gemeinen Weſen, was doch zu dieſem Contrakt nicht gezogen werden ſoll, und in Anſehung deſſen folg- lich auch dieſer ſo wenig als jener Beweis einige Guͤltig- keit haben kann, nachtheilig werden. Allein nachdem ich in den alten Hofrechten die Ver- die
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Von Verwandlung der Erbesbeſetzung
gleich leicht zu hart machen wuͤrde, da denn, wenn alles
und jedes, woruͤber ſie Beyde ſolchergeſtalt einverſtanden
ſind, gleich den alten gutsherrlichen Paͤchten bey dem
Steuer-Anſchlage vorabgezogen werden ſollte, andere
mit ihnen in gleicher Reihe und Pflicht ſtehende Hoͤfe
darunter leiden wuͤrden; ich konnte mir die Schwierig-
keit nicht heben, wie es in dem Falle, wo ein Hof in
Verfall geriethe, und den oͤffentlichen und gutsherrlichen
Laſten nicht zugleich gewachſen bliebe, gehalten werden
ſollte? ob naͤmlich, ſo denn die Einkuͤnfte wie jetzt, zwi-
ſchen beyden getheilet, und dasjenige, was dem Hofe
fuͤr die dem Beſitzer ertheilte Freyheit neuerlich aufgelegt
wuͤrde, mit zu dieſer Rechnung kommen ſollte, oder nicht?
Eine Schwierigkeit die mir um ſo viel groͤßer ſchien, da
man kein oͤffentliches Kataſter hat, worin die alten Paͤchte
und Dienſte mit einander verzeichnet ſind, und ſolcher-
geſtalt hierunter dem Beweiſe wuͤrde trauen muͤſſen, wel-
chen beyde Theile fuͤr richtig erkennen. Mit einem Worte,
ich fuͤrchtete, dasjenige was fuͤr auſſerordentliche Ge-
faͤlle zwiſchen dem Gutsherrn und Leibeignen verglichen,
und auf ein jaͤhrliches gewiſſes Geld geſetzet werden wuͤr-
de, moͤchte eine Real-Erbeslaſt, und aus obigen Gruͤn-
den dem gemeinen Weſen, was doch zu dieſem Contrakt
nicht gezogen werden ſoll, und in Anſehung deſſen folg-
lich auch dieſer ſo wenig als jener Beweis einige Guͤltig-
keit haben kann, nachtheilig werden.
Allein nachdem ich in den alten Hofrechten die Ver-
ordnung fand,
daß ein Freyer, der ſeine freye Urkunde jaͤhrlich
nicht bezahlte, als ein Leibeigner beerbtheilet und
behandelt werden ſollte;
ſo ſahe ich auf einmal, daß es nicht noͤthig ſey, aus dem-
jenigen, was zwiſchen dem Gutsherrn und Leibeignen fuͤr
die
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